Reichsadler-Leiberl

Van der Bellen: Graf soll Mitarbeiter feuern

Österreich
22.01.2009 09:37
Die Grünen haben ihren Konflikt mit dem Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) nun auch in die Plenarsitzung des Nationalrats getragen. Der ehemalige Bundessprecher Alexander Van der Bellen trat am Mittwoch ans Mikrofon, um den gerade am Vorsitz tätigen Freiheitlichen dazu aufzufordern, sich von den beiden Mitarbeitern zu trennen, die bei einem rechtsradikalen Versand Produkte bestellt haben sollen (zur ganzen Causa siehe Storys in der Infobox). Tue er das nicht, müsse Graf selbst abtreten. Van der Bellen warf den freiheitlichen Mitarbeitern vor, offenbar den Hitlergruß zu verwenden und T-Shirts mit nationalsozialistischem Inhalt bestellt zu haben.

Dabei präsentierte Van der Bellen ein von den Grünen nachempfundenes Leiberl, auf dem ein Reichsadler und darunter die Zahl 88 (steht in rechtsradikalen Kreisen für "Heil Hitler") zu sehen sind.

Strache empört: "Diffamierung"
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache reagierte empört, sprach von "Diffamierung" und empfahl Van der Bellen, sich zu schämen. Seiner Darstellung nach sind die von den Grünen vorgelegten Bestelllisten Fälschungen. Geordert worden seien einzig Leibchen mit dem Aufdruck "Mir stinken die Linken" - und dafür habe er Verständnis, so Strache.

Unterstützung bekam Strache noch am ehesten von BZÖ-Klubchef Josef Bucher, der die "publicityträchtige Aktion" der Grünen tadelte und meinte, es gebe wichtigere Themen zu diskutieren, so etwa den Kampf gegen die Arbeitslosigkei. Allerdings verurteilte er auch er jedes Anstreifen an den Nationalsozialismus.

Kritik an Graf von SPÖ und ÖVP
ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf betonte, dieses Nichtanstreifen an NS-Gedankengut gelte nicht nur für Amtsträger sondern auch für deren Umfeld - und angestreift an solchen Dingen schienen die Mitarbeiter Grafs allemal zu sein. Der Präsident habe hier seine Verantwortung zu übernehmen. Ähnlich kritisch äußerte sich SPÖ-Klubchef Josef Cap. Er betonte, dass es für ein Wiederaufleben von nationalsozialistischem Gedankengut nicht den Funken von Toleranz geben dürfe. Politisch habe Graf Konsequenzen zu ziehen und sich auch der Debatte zu stellen.

Graf selbst betonte, dass er sich der Debatte sehr wohl stelle und diese auch ernst nehme. Allerdings verwies er darauf, dass es in Österreich das "hehre Gut der Unschuldsvermutung " gebe, wenn zwei widerstreitende Aussagen vorlägen. Das gelte nicht nur straf- und zivilrechtlich sondern auch auf politischer Ebene für ihn selbst. Bisher sei keine einzige Verurteilung von einem seiner Mitarbeiter vollzogen worden, unterstrich Graf.

Wirbel auch um Fußballklub Hellas
Neuerliche Kritik gibt es an Graf auch in seiner Funktion als Präsident des Wiener Fußballklubs Hellas Kagran. Demnach treibe Graf die politische "Umfärbung" des Vereins voran, sagte die derzeit suspendierte Spielerin Margarita Döller in einer Pressekonferenz am Mittwoch. So sei kürzlich etwa die Lizenz für das Platz-Buffet an den Graf-Mitarbeiter Marcus Vetter übergeben worden - einem der beiden Männer, die wegen der Bestellungen beim Online-Versandhandel "Aufruhr" in die Schlagzeilen gekommen sind.

Am 6. Jänner sei zudem bei einer Generalversammlung, von der laut Döller eine Reihe von Vereinsmitgliedern nichts wusste, ein neuer Vorstand gewählt worden. Dabei wurden etwa Werner Hammer mit dem Amt des 1. Obmanns sowie Andreas Dvorak mit der Position des Rechnungsprüfers bedacht. Beide sind als FPÖ-Bezirksräte in Wien-Donaustadt aktiv.

Begonnen hatten die Auseinandersetzungen bereits im vergangenen Herbst: Mitte September hatte Graf eine angebliche Wahlkampf-Veranstaltung auf dem Hellas-Platz abgehalten, die als "Spanferkelessen des RFJ (Ring Freiheitlicher Jugend, Anm.) 22" getarnt gewesen sei, so Döller. Sie sowie ihre Kolleginnen Lucia Döller und Irene Müller hätten ihren diesbezüglichen Unmut geäußert, worauf sie vom Spielbetrieb suspendiert wurden.

Momentan läuft ein Antrag auf ein Schiedsgerichtsverfahren. "Ich will meinen Verein nicht im Stich lassen", begründete Döller ihr Bestreben, weiterhin für Hellas spielen zu können. Innerhalb des Teams halte sich die Solidarität allerdings in Grenzen, da es auch viele Befürworter Grafs gebe.

Graf: Vorwürfe sind "Schwachsinn"
Graf selbst, seit Sommer 2007 Präsident des Klubs, hatte die Vorwürfe damals als "Schwachsinn" zurückgewiesen. Die drei Damen hätten mit Unwahrheiten eine politische Kampagne begonnen, linke Parolen geschmiert und einen "nicht-rassistischen Präsidenten" verlangt. Deshalb habe sich die Vereinsführung für Suspendierung entschieden.

Im Zusammenhang mit dem Konflikt wurden auch Vorwürfe gegen den Wiener Fußballverband laut. Dieser habe fünf Spieler der U18-Mannschaft des Fußballclubs Union Mauer gesperrt sowie den Trainer mit einer Geldstrafe von 300 Euro belegt, hieß es. Mittlerweile laufe ein Berufungsverfahren. Die betroffenen Kicker hatten Mitte November vor einem Spiel gegen Hellas Kagran "aus Solidarität" T-Shirts mit Aufdrucken wie "Zeigt Graf die rote Karte" und "Lasst Margarita, Irene und Lucia spielen" getragen.

"Der Wiener Fußballverband hält Graf offenbar die Stange", so der Grünparlamentarier Karl Öllinger. Das Verhalten des Verbands sei skandalös. Graf verfolge ein Konzept, in dem es darum gehe, seinen Leuten über Hellas Versorgungsposten zu verschaffen sowie den Verein in den Kontext mit Inhalten der FPÖ zu stellen. Dass die Pressekonferenz auf Einladung der Sozialistischen Linkspartei stattfand, sei für ihn kein Problem: "Mir geht es darum, mich mit den betroffenen Spielern zu solidarisieren."

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