Wirbel um Schülerin

“Refugees welcome” im Bundestag nicht willkommen

Ausland
13.01.2017 09:22

Der Besuch einer Berliner Schülergruppe im deutschen Bundestag am Donnerstag hat hohe politische Wellen geschlagen. Weil auf ihrem Pullover groß der Schriftzug "Refugees welcome" stand, wurde ein 13-jähriges Mädchen vom Sicherheitspersonal am Einlass gehindert. Erst als sie eine Jacke über den Pulli zog und der Schriftzug nicht mehr zu sehen war, durfte sie in den Sitzungssaal. Eine Sprecherin der Bundestagsverwaltung rechtfertigte das Vorgehen gegenüber "Spiegel online": "Meinungsbekundungen von Besuchern sind ungeachtet ihres Inhalts im Parlament untersagt."

Der Slogan "Refugees welcome" ("Flüchtlinge willkommen") ist seit Sommer 2015 in Deutschland und Österreich allgegenwärtig. Er wird auch immer wieder mit der Aussage "Wir schaffen das" der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in Verbindung gebracht. Dennoch sind politische Statements von Gästen im Bundestag - selbst wenn sie auf Linie der Merkel-Regierung sind - verboten.

"Politische Statements dürfen nicht offen getragen werden"
Im konkreten Fall der 13-jährigen Schülerin sagte die Bundestagsvizepräsidentin Ulla Schmidt (SPD) gegenüber "Spiegel online": "Ich habe dem Mädchen zunächst geantwortet, dass ich es toll finde, dass es beim Thema Flüchtlinge Flagge zeigt. Aber es gibt eine Verständigung des Bundestags, dass politische Symbole und Statements im Gebäude nicht offen getragen werden sollen." Damit solle auch verhindert werden, dass etwa Anhänger von rechtsextremen Parteien ihre Slogans zur Schau stellen.

Die Hausordnung lege einen Verhaltenskodex fest, der auch für Besucher des Hauses gelte, sagte eine Sprecherin der Bundestagsverwaltung ebenfalls gegenüber "Spiegel online". "Das Ziel dieser Bestimmungen ist die Wahrung der Würde des Parlaments und der Schutz der parlamentarischen Arbeit vor Störungen." Der Meinungsaustausch und die politische Meinungsbildung fänden ausschließlich durch Debatten in den parlamentarischen Gremien statt.

Kritik am Vorgehen der Sicherheitsbeamten
Dennoch gibt es mittlerweile Kritik am Vorgehen der Sicherheitsbeamten. Das Verhalten sei "absolut unverhältnismäßig", sagte die Pädagogin und Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor, die den Vorfall mit der Schülerin öffentlich gemacht hatte. "Der deutsche Bundestag steht sinnbildlich für die Politik im Land und es ist absurd, dass er einer Schülerin, die ja gerade einen nicht diskriminierenden und nicht ausgrenzenden Slogan trägt, den Zutritt verbieten will." Die CDU-Abgeordnete Cemile Giousouf nannte das Vorgehen des Sicherheitspersonals unter Verweis auf die Hausordnung des Bundestags "juristisch gerade noch vertretbar", aber "sehr hart".

Mutter der Schülerin: "Recht auf Asyl im Grundgesetz verankert"
Auch die Mutter der 13-Jährigen wunderte sich: "Meine Tochter besucht als politisch interessiertes Mädchen, das sich in seiner Freizeit für Flüchtlinge engagiert, den Bundestag. Und dann darf sie dort eine Botschaft der Menschlichkeit, die ja kein parteipolitisches Statement enthält, nicht sichtbar tragen. Dass das gerade an einem Ort wie dem Bundestag, der ja für die Meinungsfreiheit und für das im Grundgesetz verankerte Recht auf Asyl steht, passiert, finde ich unverständlich."

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