Grausam gequält

Zu Besuch bei der “Katze aus dem Koffer”

Tierecke
01.07.2013 12:45
Gewaschenes Fell, der Napf voller Futter und viele Streicheleinheiten von ihrer neuen Patin - so lebt "Grizabella" heute, nachdem ein herzloser Tierquäler sie hochschwanger in einem Koffer ausgesetzt hatte. Nach dem Täter wird noch gefahndet.

Mehr als 18 Stunden war sie in dem Koffer gefangen, 18 Stunden in Dunkelheit und Hitze, ohne Futter und ohne Wasser, trächtig, geplagt von Wehen und Schmerzen. Die Geschichte der "Kofferkatze" ist schnell erzählt, wenn auch schwer zu begreifen. Ein junger Mann will das Tier loswerden, eine Maine-Coon-Katze zwar, teuer und edel, aber alt und für die Zucht nicht mehr zu gebrauchen.

In U-Bahn-Station ausgesetzt
Er findet im Keller eines Wohnhauses eine ausrangierte Reisetasche und er nimmt sie für sein ausrangiertes Tier, er legt den trächtigen Vierbeiner da hinein, schließt den Reißverschluss, rollt beides in die U2-Station in Wien-Leopoldstadt, dreht sich um und geht. Das ist auch auf den Kameras in der U-Bahn zu sehen.

Keines der Jungen überlebte
Während draußen die Menschen an ihr vorbei zur Arbeit laufen und später wieder zurück, während Mütter ihre Kinderwagen an der Katze vorbei schieben, gebärt sie in diesem Gefängnis vier Babys, von denen eines schnell verstirbt. Auch die anderen werden das Licht der Welt nie erblicken, bei der Geburt sind sie blind und taub. Und in der ersten Nacht, in der nach der Rettung, sind sie tot.

Grizabella kommt wieder zu Kräften
Das war vergangene Woche, und heute ist von dem Horror an der Katze nicht mehr viel zu sehen. Einige werden sagen, in den Augen schon, sie seien traurig, die eines gebrochenen Wesens. Das kann stimmen oder auch nicht. Das Fell ist gewaschen, der Tierarzt hat sie untersucht, sie erhält spezielles Aufbaufutter und kommt wieder zu Kräften. Jemand hat ihr auch einen Namen geben, damit nicht alle immer "Kofferkatze" sagen müssen. Grizabella lautet der, und das passt wie die Faust aufs Auge.

Vergangenheit als Streunerin?
Grizabella, das ist die Hauptfigur des Musicals "Cats", anfangs eine Glamourkatze, schön und begehrt, dann eine Verstoßene, eine, die gemieden wird oder gleich fortgetrieben. "Von ihrem früheren Leben weiß man nicht viel", erklärt Madeleine Petrovic (zweites Bild), die Leiterin des Wiener Tierschutzhauses, in dem Grizabella vorerst leben darf. "Sie hatte Zecken am Körper und schlechte Zähne. Das spricht beides dafür, dass sie gegen Ende eine streunende Katze war."

Katzendame immer noch ängstlich
Sie hat nichts gegen Blitzlicht aus Kameras, vielleicht, weil sie einst als Schaukatze auf Bühnen stand, als eine die gerne im Rampenlicht tänzelte, mit langem Fell und dem Blick einer Diva. Nur ängstlich ist sie immer noch. Wird ihr alles zu viel, verkriecht sich Grizabella in ihrer Box und schaut mit großen Augen raus ins Freie. Und sie macht, was sie will. Diese Fleischstangerln, auf die alle Katzen so abfahren, lässt sie links liegen, das ist nichts für eine Lady.

Viel Leid im Tierschutzhaus
Der Ort allerdings auch nicht. Es gibt hier so viele Schicksale, so viel Leid. "Wir hatten vor Kurzem einen Kater, dem wurden die Vorderbeine abgebunden mit einem Draht, der ist umhergesprungen wie ein Ziegenbock", erzählt Madeleine Petrovic. "Die Schlinge war schon beim Knochen angelangt." Einem anderen Tier fehlen die Ohren, ein Hund wurde mit Schrotkugeln niedergeschossen. Den konnte man gar nicht mehr streicheln, weil die Munition dann auf die Nerven gedrückt wurde. Wer ihn liebkosen wollte, tat ihm weh.

Grizabella hat eine Patin gefunden
Viele Tiere, die heute im Tierschutzhaus leben, wurden misshandelt, geschlagen, getreten, gefoltert, verbrannt und was dem Menschen noch so alles einfällt, wenn ihm langweilig ist. Aber für Grizabella gibt es noch Hoffnung. Eine Patin, so eine Tiernärrin, wie sie selbst über sich sagt, nimmt sie womöglich mit zu sich nach Hause. Bei der Pensionistin und ihren vier Katzen könnte sie noch viele Jahre lang leben, bis sie eines Tages stirbt – eines natürlichen Todes. Das wäre dann das Happy End, das sie sich verdient hätte.

Fahndung nach dem Täter läuft
Währenddessen wird jener junge Mann, der Grizabella ausgesetzt hat, von der Polizei gesucht. Es gibt Kamerafotos von ihm, die zum Ärger der Tierschützer aber wohl nie veröffentlicht werden. Grund: Die zu erwartende Strafe von bis zu einem Jahr sei zu gering dafür - die Persönlichkeitsrechte des Mannes gehen vor. Das bestätigt auch ein Sprecher der Staatsanwaltschaft: "Aber wir warten noch auf den Akt der Ermittler."

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