Heftige Kritik

Freispruch für Sarkozys Sohn Jean

Adabei
29.09.2008 16:27
Es ist ein Urteil, das einen faden Beigeschmack hinterlässt: Jean Sarkozy, Sohn des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, ist am Montag vom Vorwurf der Fahrerflucht freigesprochen worden. Der Pariser Strafgerichtshof brummte stattdessen dem Kläger, einem 37-jährigen Arbeitslosen, Schadensersatz wegen Verfahrensmissbrauchs auf. 2.000 Euro muss er dem aufstrebenden Jean Sarkozy zahlen, weil er diesen zu Unrecht angezeigt haben soll.

"Ich wusste, dass wir vor der Justiz nicht gleich sind", sagte der Prozessverlierer M'Hamed Bellouti. "Aber sich 2.000 Euro wegen böswilliger Beschuldigung von mir zahlen zu lassen, das ist surreal." Ob er in Berufung geht, ließ Bellouti, sichtlich geknickt, am Montag offen.

Bagatelle, die für Schlagzeilen sorgte
In dem Prozess ging es um eine Bagatelle, die wegen des prominenten Beschuldigten für viele Schlagzeilen sorgte: Der Sarkozy-Sprössling soll im Oktober 2005 auf der Place de la Concorde mit seinem Motorroller den BMW von Bellouti gerammt und sich anschließend aus dem Staub gemacht haben. Der Beifahrer hatte sich das Kennzeichen des Rollers gemerkt. Als der Eigentümer des Rollers auf das Anschreiben von Belloutis Versicherung nicht reagierte, stellte dieser Anzeige. Zunächst ohne zu wissen, dass es sich um den Präsidentensohn handelte.

„Er hat von der Prominenz Sarkozys‘ profitieren wollen“
Jean Sarkozy wurde in dem Prozess von Staranwalt Thierry Herzog vertreten. Dieser ließ Gutachten einholen, wonach der Schaden am BMW gar nicht vom Motorroller habe stammen können. Jean Sarkozy erklärte vor Gericht, er sei zum Zeitpunkt des angeblichen Unfalls in der Universität gewesen. Wie der Kläger aber an das Kennzeichen seines Zweirades gekommen ist, konnten weder er noch sein Anwalt erklären. Stattdessen warfen sie Bellouti vor, er habe von der Prominenz Jean Sarkozys profitieren wollen.

"Ich wusste, dass er über dem Gesetz steht", sagte Bellouti nach der Urteilsverkündung. "Aber in dem Ausmaß? Das ist beunruhigend für die Justiz und für die Republik." Herzog, Familienanwalt der Sarkozys, wies die Anschuldigungen zurück. "Wir haben nie etwas anderes gesagt, als dass die Vorwürfe haltlos sind", sagte er. "Das Recht ist für alle gleich, die Justiz hat nur ihre Aufgabe erfüllt."

Polizeiapparat mobilisiert wegen Roller-Diebstahls
Der Eindruck, es sei von Vorteil, Nicolas Sarkozy als Vater oder Freund zu haben, wird durch das jüngste Urteil allerdings nicht korrigiert. Vor zwei Jahren war Jean Sarkozy sein Roller gestohlen worden. Sarkozy war damals noch Innenminister. Sein Polizeiapparat wurde mobilisiert, DNA-Spuren wurden genommen, nach zwei Tagen war der Scooter wieder da. Und vor wenigen Wochen ließ Sarkozy den Polizeichef von Korsika feuern. Der Grund: Er hatte nicht verhindert, dass Demonstranten in den Garten eines engen Freundes des Präsidenten eindrangen (siehe Infobox).

Eine Verurteilung in dem Prozess wäre für Jean Sarkozy eine schwere Belastung gewesen. Der Justudent hatte Anfang des Jahres einen viel beachteten Einstieg in die französische Lokalpolitik geschafft: Im März wurde er in die Bezirksversammlung des Departements Hauts-de-Seine bei Paris gewählt und leitet dort inzwischen die Fraktion der von seinem Vater gergründeten Regierungspartei UMP.

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(Bild: kmm)



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