"Versorgung bedroht"

Höhere Gehälter sollen junge Ärzte im Land halten

Österreich
12.12.2014 06:02
Laut dem neuen Arbeitszeitgesetz dürften Spitalsärzte nur noch 48 Stunden pro Woche arbeiten. Auch Nacht- und Wochenenddienste sind nur mehr begrenzt möglich. Diese machen aber einen großen Teil der Gehälter aus, besonders für junge Mediziner. Die Ärztekammer fordert nun eine Anhebung der Grundbezüge, denn den Ärztenachwuchs zieht es immer stärker ins Ausland. Der österreichische Steuerzahler verliert aber pro abhandengekommenem Jungarzt 400.000 Euro, die dessen Ausbildung gekostet hat.

Rund 80 Prozent der deutschen und 56 Prozent der übrigen Medizin-Absolventen mit ausländischem Maturazeugnis verlassen nach ihrem Abschluss Österreich, wie jüngst eine Erhebung der Medizinischen Universität Wien ergab. Neben den häufig langen Wartezeiten auf einen Turnusplatz sind es auch Gehälter und Arbeitsbedingungen für Spitalsärzte, die junge Mediziner ins Ausland treiben. Die Ärztekammer warnt schon seit Jahren vor einem drohenden Ärztemangel. Für Thomas Szekeres, Präsident der Wiener Ärztekammer, ist es ein "alarmierendes Zeichen", dass der überwiegende Teil ausländischer Absolventen nicht in Österreich bleibt.

"Nun bekommt die verantwortliche Politik die ernüchternde Rechnung für ihre jahrelangen Versäumnisse präsentiert", so Szekeres, der aufgrund der parallel zu erwartenden Pensionierungswelle in den kommenden Jahren einen massiven Ärztemangel auf Österreich zukommen sieht: "Wir kennen die teils sehr langen Wartezeiten in den Kassenordinationen. Wir wissen um die Probleme von Nachbesetzungen von Kassenordinationen vor allem im ländlichen, mittlerweile aber auch immer mehr im urbanen Bereich. Und wir sind täglich konfrontiert mit überfüllten Spitalsambulanzen."

Mehr Geld für Spitalsärzte
Die Ärztekammer fordert nun neben einem Abbau der Spitalsbürokratie auch eine Anhebung des Grundgehaltes für die Mediziner in den Krankenhäusern. Die Dienstgeber wurden aufgefordert, wettbewerbsfähige und marktkonforme Gehälter zu bezahlen.

Aufgrund des neuen Arbeitszeitgesetzes dürfen Spitalsärzte befristet bis 2021 nur noch dann länger als 48 Stunden pro Woche arbeiten, wenn sie sich schriftlich damit einverstanden erklären. Ihnen drohen durch die kürzeren Arbeitszeiten Gehaltseinbußen, da das Einkommen der Spitalsärzte zu einem großen Teil über Nacht-, Feiertags- und Wochenenddienste zustande kommt. In den Bundesländern wird daher über einen Ausgleich verhandelt, doch Ergebnisse sind noch nicht in Sicht.

400.000 Euro pro abgewandertem Jungarzt weg
Jeder abgewanderte Jungarzt kostet eine ordentliche Summe Geld. Wie Kurienobmann und Ärztekammer-Vize Harald Mayer erklärt, verliert Österreich von rund 1.300 Absolventen jährlich rund die Hälfte der Jungmediziner an das Ausland oder einen anderen Beruf. Der Steuerzahler verliere pro abhandengekommenem Arzt 400.000 Euro, die die Ausbildung gekostet hat. "In Summe sind das jährlich rund 250 Millionen Euro", rechnet Mayer vor. "Fragt sich, ob sich der Staat diese Fehlentwicklung leisten will und kann."

Ein weiteres Problem der 48-Stunden-Regelung ergibt sich auch direkt im Krankenhausbetrieb. Bisher seien die Dienstpläne immer auf Basis der maximalen Arbeitszeit von 60 Stunden erstellt worden. Das sei "fahrlässig" gewesen, so Mayer. Spitalsärzte-Vertreter Peter Adelsgruber erläutert das Problem: "Die Nachtdienste werden aufrechterhalten. Während der Kerndienstzeiten werden aber weniger Ärzte anwesend sein."

Längere Wartezeiten für Patienten
Es sei daher absehbar, dass Leistungen in den niedergelassenen Bereich ausgelagert werden - angesichts der Wartezeiten in Facharztpraxen werde dieser das aber wohl auch nicht auffangen können. "Es ist damit zu rechnen, dass kein Haus die gleiche Menge erbringen kann wie bisher", warnte Mayer. Mögliche Konsequenzen für die Patienten: kürzere Ambulanzöffnungszeiten mit längeren Wartezeiten oder auch längere OP-Wartelisten.

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