Live im Gasometer

Mando Diao schockierten ihr treues Publikum

Musik
25.11.2014 00:07
Überraschte Gesichter Montagabend im mäßig besuchten Wiener Gasometer - aus den schwedischen Alternative-Rock-Hitparadenstürmern Mando Diao sind Sektflaschen verspritzende und dekadente Synthie-Pop-Dandys geworden. Eine selbstdarstellerische Show zwischen Größenwahn, Geschmacksverwirrung und Gestenreichtum.
(Bild: kmm)

Österreich war immer ein guter Boden für die schwedischen Alternative-Rocker von Mando Diao. Das Erfolgsalbum "Give Me Fire!" landete sogar auf Platz eins der Album-Charts und die vielen Auftritte im Zuge von Tourneen oder Festivals waren zurecht stark umjubelt. Irgendwann innerhalb der letzten drei Jahre erweiterte sich das Interessensgebiet der beiden Frontmänner Gustaf Norén und Björn Dixgård aber erheblich und mit den locker-flockigen Skandinavien-Rockhits war es vorbei.

Überrascht bis entsetzt
Schon das mit schwedischen Gedichten vertonte "Infruset" war nur mehr in ihrer Heimat erfolgreich – mit "Aelita" und dem damit einhergehenden Schritt in Beat-lastige Synthie-Pop-Sphären lösten Mando Diao diesen Frühling Reaktionen zwischen Überraschung und Verwunderung aus. Alles nichts gegen die Livetour des einstigen Erfolgsexpresses. Im Wiener Gasometer sind schon vor Beginn der Veranstaltung überraschend viele Freiflächen, und als sich die Band bei "Lonely Driver" auf die Bühne bewegt, wird aus Überraschung und Verwunderung Entsetzen und/oder Verblüffung.

Links und rechts ragen zwei ionische Säulen in die Höhe, das Synthie-Klangkonglomerat kommt aus einem UFO-förmigen Gebilde auf der Hauptbühne, das Schlagzeug wird komplett versteckt und die beiden Masterminds befinden sich ganz vorne am Bühnensteg in ständiger Kommunikation miteinander – als Bekleidung genügen ihnen Bademäntel. Diese fallen recht schnell – mit weißen Boxershorts und Badetüchern wollen Norén und Dixgård wohl das Sauna-Feeling potenzieren, das es ob der fehlenden Menschenmassen aber niemals gibt.

Absurde Szenerie
Eher experimentell denn dem Rhythmus folgend spielen sich Mando Diao nicht nur durch Songs wie "How We Walk" oder "Make You Mine", sondern streuen auch drei Nummern des weitverzweigten und ohne feste Bandbesetzung agierenden schwedischen Künstlerkollektivs Caligola ein. Während sich die beiden Frontmänner in ekstatischen Bewegungen üben, bleibt das Publikum – bis auf wenige Ausnahmen – wie angewurzelt am Boden haften. Gruselig weiß geschminkte Mitarbeiter wieseln unentwegt über die Bühne und sind für den Instrumententausch verantwortlich, das auf die Rückseite gehängte, leuchtende Logo des neuen Albums vollendet die nahezu absurde Szenerie.

Doch nicht nur die Augen werden an diesem Abend einer schweren Prüfung unterzogen, auch das Gehör der Fans macht so einiges mit. Auf die großen Hits warten die meisten Getreuen nahezu ewig. Erst nach mehr als einer geschlagenen Stunde, in der gefühlte 20 Prozent der Anwesenden bereits das Konzert verlassen haben, lenken Norén und Dixgård ein, um mit "Money Doesn't Make You A Man" doch noch vom Synthie verzerrten Akustik-Brei Abstand zu nehmen und sich auf alte Stärken zu besinnen.

Klassiker: Spät, aber doch
Mittlerweile oberkörperfrei und in hautenge Shorts gequetscht, sorgt Norén zudem für ziemlich schräge Botschaften und labt sich sogar per Sauerstoffmaske an undefinierbaren Düften. Das kuriose Stelldichein legt sich erst am Ende, als mit "Down In The Past", dem vom Publikum stilsicher intonierten "Gloria" und dem Über-Hit "Dance With Somebody" auf die ganz großen Klassiker zurückgegriffen wird. Auch diese werden verschnörkelt in das Oval gesungen, aber haben zumindest noch ausreichend Wiedererkennungswert.

Als sich der fast zwei Stunden dauernde Abend dem Ende zuneigt, entschuldigt sich Norén sogar dafür, dass die Band manchmal etwas seltsam sei, und gibt als finale Botschaft mit: "Etwas, das ihr nie, niemals von uns bekommen werdet, sind Antworten." Dann verwandelt sich die Bühne zu pumpenden Electro-Beats noch in eine Großraumdisco bei "Black Saturday (Reprise)". Spätestens jetzt rümpfen auch die letzten Old-School-Mando-Diao-Fans angewidert die Nase und suchen fluchtartig das Weite. Es bleibt indes offen, ob die radikale Wandlung Richtung Synthie-Kirtags-Electro-Pop nicht auf Dauer ein Eigentor für die Band wird. Das "Halle-Leerspielen" gelang für den Anfang schon ziemlich gut.

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