"Mafia"-Anklage

Balluch: “Strafantrag ist schlicht unfassbar”

Österreich
13.08.2009 14:29
Der Tierschützer Martin Balluch reagiert mit Wut und Unverständnis auf die gegen ihn erhobene Anklage wegen Bildung einer kriminellen Organisation nach dem sogenannten Mafia-Paragrafen. "Dieser Strafantrag ist schlicht unfassbar", sagte der Obmann des Vereins gegen Tierfabriken am Donnerstag. "Ich soll durch Kommentare im Internet, als Autor von Artikeln und ansonsten durch legale und völlig normale Kampagnenaktivität als NGO-Obmann zum Mitglied einer kriminellen Organisation werden", so Balluch.

Diese kriminelle Organisation sei ein Hirngespinst der Soko und der Staatsanwaltschaft. "Wenn ich wirklich für jede Straftat, bei der man einen Tierschutzhintergrund vermutet, durch meine legalen Kampagnentätigkeiten indirekt quasi als Unterstützer verantwortlich gemacht werden kann, dann bleibt mir nur, mich von der Tierschutzarbeit loszusagen." Sachbeschädigungen im Tierschutz gebe es seit über 20 Jahren und werde es in den nächsten 20 Jahren aller Voraussicht nach weiterhin geben. "Darf man sich deswegen nicht mehr für Tierschutz einsetzen?", so Balluch.

"Mächtige Kartelle können unbequeme NGOs zerstören"
"Dieses Verfahren zeigt, dass Rechtsstaat und Demokratie in Österreich nur eine sehr dünne Schicht bilden, die die darunter liegenden hässlichen Machtstrukturen kaum verdeckt. Wir müssen erkennen, dass es hierzulande weder Gerechtigkeit noch Rechtssicherheit gibt, sondern mächtige Kartelle können unbequeme NGOs einfach zerstören", erklärte der Tierschützer.

Balluch kritisiert die Vorgehensweise der Soko und der Staatsanwaltschaft scharf: "Dieser Fall ist von A bis Z ganz seltsam und ungewöhnlich." Dieser Meinung seien auch Rechtsexperten, mit denen Balluch in Kontakt ist. "Jeder sagt mir, dass das überhaupt nicht ok ist, was da passiert. Ich frage mich, warum das aber trotzdem passiert, warum die Justizministerin nicht in der Lage war, das zu beenden", so Balluch. "Hier muss im Hintergrund ein unheimlicher Druck herrschen, dass die Behörden gezwungen sind, solche Schritte zu setzen."

"Sie schießen mit Panzern auf uns"
Dass der Mafia-Paragraf angewandt wird, kann Balluch nicht nachvollziehen. Jemanden zu beschuldigen, Mitglied einer kriminellen Organisation zu sein, obwohl man ihm nicht die geringste kriminelle Tätigkeit nachweisen kann, ist für den Aktivisten unverständlich. "Eine Clique von Mächtigen hat beschlossen, dass wir ihnen zu viele Schwierigkeiten gemacht machen, jetzt schießen sie mit Panzern auf uns, um sich zu rächen."

Im September wird Balluchs Buch "Widerstand in der Demokratie" auf den Markt kommen. Darin geht es um die Möglichkeit, als NGO Veränderungen in der Gesellschaft zu bewirken. "Und ohne Konflikt geht es nicht", sagte Balluch. "Wenn man zu meiner Arbeit 'Nein' sagt und mich einsperrt, dann endet für mich dort Demokratie."

Verhandlung im Herbst
Zehn Tierschützer, darunter Balluch, werden sich vermutlich im Herbst vor Gericht verantworten müssen. Vor kurzem hat die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt einen Strafantrag fertiggestellt, der über 200 Seiten umfasst. Den Angeklagten werden Bildung einer kriminellen Organisation nach dem sogenannten Mafia-Paragrafen, schwere Sachbeschädigung, vollendete und versuchte schwere Nötigung sowie Tierquälerei vorgeworfen.

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