Heftige Debatte
In Washington tobt “Krieg” um die Gesundheitsreform
Die Abgeordneten des Repräsentantenhauses hatten die Großreform am Sonntag nach heftiger Debatte und mit einer knappen Mehrheit von 219 zu 212 Stimmen verabschiedet. Bei dem Gesetzgebungs-Coup wurde ein "Reconciliation" genanntes Manöver angewendet. Die Abgeordneten machten dabei die Reform-Version des Senats zum Gesetz und beschlossen ein zusätzliches Paket mit ihren Nachbesserungen. Der "normale" Weg, ein geändertes Gesetz zurück in den Senat zu schicken, war aufgrund des Mehrheitsverlusts der Demokraten in der ersten Kongresskammer nicht mehr möglich gewesen.
Das komplizierte Begleitgesetz, die "Reconciliation Bill", zerpflückten die republikanischen Senatoren nun in der neunstündigen Senats-Sitzung, die bis Donnerstagmorgen dauerte. Die Reform selbst hatte US-Präsident Barack Obama ja schon am Dienstag mit seiner Unterschrift in Kraft gesetzt.
Einspruch wegen Steuerfreiheit für Mammografie-Busse
Die Republikaner hätten mit aller Gewalt nach Wegen gesucht, um die Reform erneut zu blockieren, sagte Jim Manley, der Sprecher des demokratischen Mehrheitsführers im Senat, Harry Reid, nach der Marathonsitzung um 2.45 Uhr morgens. Insgesamt 29 Einsprüche wurden erhoben. Bei einem ging es darum, dass aufgrund eines Verfahrensfehlers mobile Mammografie-Stationen von der Treibstoffsteuer ausgenommen wären.
Schließlich wurden zwei Bestimmungen über Zuschüsse für College-Studenten mit geringem Einkommen gefunden, die gegen die Budgetregeln des Senats verstoßen und wo dem Einspruch stattgegeben werden musste. Es werden dadurch 16 Zeilen aus dem 153 Seiten umfassenden Begleitgesetz gestrichen.
Das Repräsentantenhaus muss das "Reconciliation"-Gesetz nun neu absegnen, bevor Obama seine Unterschrift daruntersetzen kann. Die Demokraten rechen fest mit einem positiven Votum, nach dem das Begleitgesetz schon bei der ersten Abstimmung mit 220 zu 211 Stimmen angenommen wurde.
Morddrohungen gegen Abgeordnete
Seit Sonntag kochen die Emotionen wegen der Gesundheitsreform hoch. Mehrere Demokraten, die dem Gesetz im Repräsentantenhaus zugestimmt hatten, haben Morddrohungen erhalten, wie Fraktionschef Steny Hoyer am Mittwoch mitteilte. Insgesamt zehn Abgeordnete hätten bereits um Polizeischutz für sich und Familienangehörige gebeten.
Im Visier ist unter anderem der Abgeordnete Bart Stupak, ein Abtreibungsgegner aus Michigan. Er hatte am Sonntag der Reformvorlage zugestimmt, aber erst nach Zusicherungen, dass vom Staat bezuschusste Krankenversicherungen auch künftig nicht für Abtreibungen aufkommen. Bereits während der Abschluss-Debatte im Repräsentantenhaus hatte ihn der republikanische Abgeordnete Randy Neugebauer aus Texas als "Baby-Killer" beschimpft. Nach Medienberichten wurde in Stupaks Büro eine Nachricht mit dem Wortlaut hinterlassen: "Sie sind tot. Wir wissen, wo Sie leben. Wir werden Sie kriegen."
Stupaks Parteikollegin Louise Slaughter erhielt nach Angaben von "Politico" bereits in der vergangenen Woche einen Anruf mit der Drohung, dass Heckenschützen losgeschickt würden, um Kinder von Unterstützern der Reform umzubringen. Außerdem seien die Scheiben in Slaughters New Yorker Büro und dem einer anderen Abgeordneten in Arizona eingeschlagen worden.
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