Treffen der Kardinäle

Rom: “Vorkonklave” klärt erste Fragen für Papstwahl

Ausland
04.03.2013 18:14
Im Vatikan haben am Montag die sogenannten Generalkongregationen zur Vorbereitung des Konklaves für die Wahl eines neuen Papstes begonnen. Die Kardinäle versammelten sich am Vormittag erstmals im Apostolischen Palast, am Nachmittag einigte man sich dann zunächst auf eine Grußbotschaft an den emeritierten Papst Benedikt XVI.. Im Zentrum des "Vorkonklaves" stehen die Missbrauchsskandale, die Schieflage der Vatikanbank IOR und der "Vatileaks"-Fall.

Die Versammlung einigte sich auf eine Botschaft der "Zuneigung und Dankbarkeit" für den emeritierten Papst Benedikt XVI. Wie Lombardi sagte, brachte Kardinaldekan Angelo Sodano den Vorschlag für die Grußbotschaft in die Generalkongregation ein. Der Vorschlag sei einstimmig angenommen worden. Die erste Kongregation sei in einer "ruhigen und konstruktiven Atmosphäre" verlaufen, sagte Lombardi.

Vorbereitungen zur Papstwahl offiziell begonnen
Bei den am Montag begonnenen Sitzungen müssen alle anfallenden Amtsgeschäfte der Kirche behandelt werden. An diesem "Vorkonklave" beteiligen sich auch Dolmetscher aus dem Staatssekretariat, die zu Verschwiegenheit verpflichtet sind. Wie viele Treffen es bis zum Beginn des Konklaves geben wird, ist offen.

Ein Termin für den Beginn des Konklaves soll festgelegt werden, wenn die 115 erwarteten wahlberechtigten Kardinäle, die jünger als 80 Jahre sein müssen, im Kirchenstaat eingetroffen sind. Etwa 15 Kardinäle seien noch ausständig. Sie sollten bis Mittwoch in Rom sein, hieß es im Vatikan.

Mitfavorit Dolan: "Wichtige Woche"
Der Erzbischof von New York, Timothy Dolan (Bild 2), zeigte sich überzeugt, dass es zu einer raschen Wahl eines neuen Papstes kommen wird. "Diese Woche wird sehr wichtig sein. Ich will mit all meinen Brüdern sprechen und sie besser kennenlernen. Viele kenne ich nur von den Büchern, die sie geschrieben haben", sagte Dolan im Interview mit der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera". Der 63-jährige Kardinal zählt zu den aussichtsreichsten Papst-Kandidaten.

Die Verhandlungen vor Beginn der Papst-Wahl werden jedoch stark von drei heiklen Themen beeinflusst, die den Vatikan seit Monaten belasten: die Missbrauchsskandale, die Vatikan-Bank IOR und der Fall "Vatileaks".

Affäre O'Brien überschattet Gespräche
Die Affäre rund um das Oberhaupt der Katholiken in Großbritannien, Kardinal Keith O'Brien, ist nur ein Beispiel für die Diskussionen vor dem Konklave. O'Brien war nach Vorwürfen des unangemessenen Verhaltens gegenüber jungen Priestern zurückgetreten und nimmt daher nicht am Konklave teil. Am Sonntag hatte er schriftlich um Vergebung gebeten (siehe Infobox). Der Vatikan kündigte am Montag eine interne Untersuchung gegen O'Brien an.

Überhaupt war das achtjährige Pontifikat unter Benedikt XVI. stark von den weltweiten Missbrauchsskandalen geprägt. Das heikle Thema der Pädophilie dürfte die Wahl eines Nachfolgers Benedikts maßgebend beeinflussen. Mindestens fünf Papst-Wähler sind wegen ihres umstrittenen Umgangs mit Missbrauchsskandalen unter Druck geraten.

Der bekannteste ist der frühere Erzbischof von Los Angeles, Roger Mahony (Bild 3), der beschuldigt wird, Missbrauchsvorwürfe gegen Priester seiner Diözese vertuscht zu haben. Dolan verteidigte seinen amerikanischen Kollegen am Montag. "Mahony ist sehr gut", sagte Dolan am Rande der Generalkongregation.

Ein ähnlicher Verdacht trifft den belgischen Kardinal Godfried Danneels. Vor drei Jahren hatte die Polizei seine Wohnung durchsucht und seinen Computer beschlagnahmt, um festzustellen, ob er über Missbrauchsfälle in der belgischen Kirche zwischen den 60er- und 80er-Jahren informiert war. Auch der irische Primas Sean Brady wurde beschuldigt, die Skandale rund um pädophile Priester in seiner Heimat verheimlicht zu haben.

Schönborn durch Skandale im Vorteil?
"Das Thema Missbrauchsskandale wird im Konklave eine Rolle spielen und Spitzenfiguren im Kampf gegen die Pädophilie wie den Wiener Erzbischof Christoph Schönborn und den Bostoner Kardinal Sean O'Malley bei der Papst-Wahl begünstigen", meint Iacopo Scaramuzzi, Vatikan-Experte der Nachrichtenagentur TMNews.

Auch die Zukunft der skandalumwitterten Vatikanbank IOR wird die Verhandlungen um die Wahl des neuen Papstes beeinflussen. Seit Mitte Februar hat die Bank zwar einen neuen Chef, den 54 Jahre alten deutschen Finanzexperten Ernst von Freyberg, die Affäre ist aber keineswegs ausgestanden. Der Vatikan steht unter Beobachtung des Anti-Geldwäsche-Ausschusses "Moneyval" des Europarates, der dem Kleinstaat noch im vergangenen Sommer zwar normative Fortschritte attestiert, doch zugleich bemängelt hatte, dass die konkrete Kontrolle unzureichend geblieben sei.

Kommt "Manager-Papst"?
Diese heikle Frage könnte das Konklave dazu veranlassen, sich für einen "Manager-Papst" mit praktischem Sinn und Kompetenzen im Finanzbereich zu entscheiden, der sich verstärkt um mehr Transparenz in den Geldangelegenheiten des Vatikans kümmern könnte. Zu den aussichtsreichsten Papst-Kandidaten zählen nicht zufällig zwei Mitglieder des IOR-Aufsichtsrats: der Brasilianer Odilo Pedro Scherer und der indische Kardinal Telesphore Toppo.

Das Konklave wird auch von der sogenannten "Vatileaks"-Affäre um gestohlene päpstliche Dokumente belastet. Immer wieder kursieren Gerüchte über einen Zusammenhang zwischen den vertraulichen Berichten dreier Kardinäle über den Fall "Vatileaks" und den Amtsverzicht Benedikts XVI. Die Kardinäle hatten dem Papst im vergangenen Juli sowie am 17. Dezember die Ergebnisse ihrer Untersuchungen mitgeteilt (siehe Infobox).

Darin sollen Sex und Korruption im Vatikan eine spektakuläre Rolle spielen, berichtete die römische Tageszeitung "La Repubblica" ohne genaue Quellenangaben. Das im Report der drei Kardinal-Kommissare gezeichnete Bild vom Zustand der römischen Kurie sei so dramatisch gewesen, dass sich Benedikt XVI. daraufhin definitiv zum bereits angedachten Rücktritt entschlossen habe. Von homosexuellen Seilschaften, die auch Geschäfte machen sollen, war die Rede. Der Vatikan reagierte empört und sprach von Verleumdungen und ungeprüften Gerüchten, die das Konklave beeinflussen könnten.

Neuer Papst soll Geheimbericht erhalten
Die drei emeritierten Kardinäle Julian Herranz, Jozef Tomko und Salvatore De Giorgi, Mitglieder der im Fall "Vatileaks" ermittelnden Kommission, werden Benedikts Nachfolger ihren Geheimbericht weitergeben. Die drei Purpurträger könnten jedoch schon bei den am Montag begonnenen Generalkongregationen den Kardinälen über den Inhalt des Dossiers berichten, was wiederum die Papst-Wähler bei der Suche eines Nachfolgers beeinflussen könnte, meinen Vatikan-Insider.

Benedikt XVI. hatte am 11. Februar überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Das Pontifikat des 85-jährigen Deutschen endete am Donnerstag um 20.00 Uhr. Mit Beginn der Sedisvakanz ging die Leitung der katholischen Kirche und des Vatikanstaats vorübergehend an das Kardinalskollegium über, also letztlich an alle 209 derzeit lebenden Kardinäle. Nach dem Willen des Vatikans soll es bis Ostern einen neuen Papst geben.

Falscher Bischof begehrte Einlass
Unmittelbar vor dem Start der Glaubenskongregationen am Montag war es zu einem kuriosen Vorfall gekommen: Ein als Bischof verkleideter Mann mischte sich unter die Kardinäle, die sich vor dem Audienzsaal Paul VI. versammelt hatten. Der falsche Bischof trug ein Kreuz, einen lila Schal und ein zu kurzes Bischofsgewand, berichteten italienische Medien. Daran konnten die Sicherheitskräfte erkennen, dass es sich nicht um einen Geistlichen handelte. Vor laufenden TV-Kameras wurde der falsche Bischof von den Sicherheitskräften aus dem Vatikan ausgewiesen.

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