Lager in Gefängnis

Flüchtlinge in Tschechien: “Wie Monster behandelt”

Ausland
11.11.2015 11:22
In einem tschechischen Aufnahmezentrum sind Dutzende Flüchtlinge in den Hungerstreik getreten. Die mehr als 40 Menschen aus dem Irak und Somalia fürchten die Abschiebung in ihre vom Bürgerkrieg erschütterte Heimat und wollen auf die Bedingungen in dem Lager in Drahonice im Norden Böhmens aufmerksam machen, wo sie "gefangen gehalten" würden, wie der evangelische Priester Mikulas Vymetal mitteilte. Das Quartier ist ein ehemaliges Gefängnis.

In dem Aufnahmezentrum, das sich in einem ehemaligen Gefängnis befindet, sind derzeit insgesamt 144 Flüchtlinge untergebracht, die das Lager nicht verlassen dürfen. Einer der Hungerstreikenden habe versucht, Selbstmord zu begehen, berichtete das Tschechische Fernsehen. "Wir fliehen vor Krieg, Gefängnis und Gewalt, allerdings geraten wir in einen neuen Krieg und Gefängnis (...). Wir werden wie irgendwelche Monster behandelt", kritisierten die Flüchtlinge in einer schriftlichen Erklärung. "Wir fliehen vor dem Tod in unserer Heimat. Wir kehren dorthin nicht für den Tod zurück. Wir können auch hier sterben", heißt es weiter.

Tschechien hält illegal aufgegriffene Migranten für bis zu 90 Tage in Abschiebelagern fest. Die dort herrschenden Bedingungen wurden von Hilfsorganisationen wiederholt scharf kritisiert. Die Kapazität des Aufnahmelagers in Drahonice, das ausschließlich für Männer bestimmt ist, umfasst 240 Personen.

Justizminister mit Bedingungen "zufrieden"
Am vergangenen Samstag hatte Justizminister Robert Pelikan die Einrichtung besucht und dabei erklärt, dass er mit den dortigen Bedingungen "zufrieden" sei. Pelikan zählt in der Prager Regierung zu den wenigen Ministern, die sich in der Vergangenheit auch kritisch zu den Verhältnissen in tschechischen Flüchtlingseinrichtungen geäußert haben.

Die Zahl der Flüchtlinge, die auf ihrem Weg Richtung Deutschland und Nordeuropa durch Tschechien kommen, ist wegen der restriktiven Politik gering und in den vergangenen Wochen weiter gesunken. Während die Polizei im August 1320 Flüchtlinge aufgegriffen hat, waren es im September 803 und im Oktober nur mehr 133.

Flüchtlinge meiden Tschechien
Laut der Sprecherin der Einwanderungspolizei, Katerina Rendlova, handelt es sich bei den neu Festgehaltenen zum großen Teil um Iraker, weniger um Syrer. Keiner von ihnen hat in Tschechien Asyl beantragt, alle wollten weiter nach Deutschland, hieß es. Die Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" kommentierte die jüngsten Zahlen mit den Worten, Tschechien sei wegen seiner Politik zu einer "Insel" geworden, der die Flüchtlinge ausweichen.

Aus dem Video-Archiv: Dramen vor Lesbos - Küstenwache: "Wir entscheiden, wer stirbt"

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