Rückkehr aus Exil

Ex-Diktator “Baby Doc” nach Verhör wieder freigelassen

Ausland
19.01.2011 07:27
Haitis Ex-Diktator Jean-Claude "Baby Doc" Duvalier sorgt in seinem Heimatland für Wirbel. Der 59-Jährige wurde in Port-au-Prince zunächst festgenommen, dann mehrere Stunden verhört und wieder freigelassen. Ob es zu einem Prozess kommt, ist offen. Er sieht sich mit einer Anklage wegen Korruption und Veruntreuung konfrontiert, die aber erst noch zugelassen werden muss.

Duvalier war am Dienstag unter massiven Sicherheitsvorkehrungen von der Polizei aus seinem Hotel abgeführt und in den Justizpalast von Port-au-Prince gebracht worden. Dort musste er sich einem mehr als zweistündigen Verhör stellen.

Er war am Sonntagabend nach 25 Jahren Exil in Frankreich überraschend in seine Heimat zurückgekehrt. Bei seiner Ankunft hatte er lediglich erklärt, er wolle sich in den Dienst des Landes stellen und den Menschen in Haiti nach dem verheerenden Erdbeben im Jahr 2010 helfen.

Sein Anwalt erklärte im Interview mit Radio Metropole, dass die Vorwürfe gegen seinen Mandaten verjährt seien. Die haitianische Regierung hatte nach der Rückkehr des früheren Potentaten einen Prozess nicht ausgeschlossen. Duvalier sei wie jeder andere Bürger Haitis auch der Gerichtsbarkeit unterworfen, machte Ministerpräsident Jean-Max Bellerive deutlich. Es gebe juristische Verfahren in einer Geldangelegenheit, die den Staat Haiti und "Monsieur Duvalier" beträfen. "Es gibt internationale Prozesse und Prozesse in Haiti. Ich wiederhole, wir nehmen das nicht leicht."

1986 bei Volksaufstand außer Landes gejagt
Duvalier war 1986 bei einem Volksaufstand außer Landes gejagt worden und lebte zuletzt in Paris. Bei seinem Amtsantritt im Jahr 1971, nach dem Tod seines Vaters Francois ("Papa Doc"), war Jean-Claude Duvalier mit 19 Jahren der jüngste Präsident weltweit.

Viele Haitianer hatten bei Duvaliers Sturz vor Freude getanzt und gehofft, er werde niemals mehr zurückkehren. Eine Handvoll Anhänger hatte sich aber für seine Rückkehr eingesetzt und eine Stiftung gegründet, um das Image des einstigen Tyrannen aufzupolieren und seine Partei wiederzubeleben.

"Es steht ihm frei, nach Hause zurückzukehren"
Ministerpräsident Jean-Max Bellerive hatte erklärt, falls Duvalier in irgendwelche politische Aktivitäten verwickelt sei, wisse er nichts davon. "Er ist Haitianer und es steht ihm als solchem frei, nach Hause zurückzukehren", sagte er. Im Herbst 2007 hatte Präsident Rene Preval erklärt, Duvalier könnte nach Haiti zurückkehren, müsste sich dann aber vor der Justiz für den Tod von Tausenden Menschen und der Veruntreuung von Millionen Dollar verantworten.

Jean-Claude und sein Vater hatten politische Gegner gefoltert und getötet. Sie herrschten in einer Atmosphäre von Furcht und Unterdrückung, ihr wichtigstes Machtmittel war die gefürchtete Geheimpolizei Tonton Macoute. "Baby Doc" und sein Clan sollen den bitterarmen Karibikstaat um viele Millionen Dollar betrogen haben.

Auch Journalistin will "Baby Doc" klagen
Auch die haitianische Journalistin und ehemalige Sprecherin von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, Michèle Montas, plant nach eigenen Angaben eine Klage gegen Duvalier. Unter Duvalier war Montas eingeschüchtert und später ins Exil geschickt worden. Ihr Mann, der Journalist Jean Dominique, wurde im Jahr 2000 ermordet, nachdem er wiederholt Kritik an der Partei von Jean-Bertrand Aristide geübt hatte, der 2001 Präsident wurde. Montas will wegen "der Zerstörung von Radio Haiti, Verhaftung, Folter und der Entsendung ins Exil" gegen Duvalier vorgehen.

Die Schweiz will indes den Haitianern etwa 5,7 Millionen Dollar (etwa 4,3 Millionen Euro) des veruntreuten Geldes auszahlen. Erst vor knapp einem Jahr hatte das Schweizer Bundesgericht die von Haiti geforderte Rückgabe des Geldes gestoppt, weil die von Duvalier im Ausland begangenen Straftaten nach schweizerischem Recht bereits verjährt sind.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele