8,50 Euro ab 2015

Deutschland bekommt flächendeckenden Mindestlohn

Ausland
02.04.2014 21:45
Deutschland bekommt erstmals einen flächendeckenden Mindestlohn: Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch den Gesetzesentwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles (Bild), demzufolge ab Anfang kommenden Jahres 8,50 Euro pro Arbeitsstunde gezahlt werden müssen. Ausgenommen sind jedoch Jugendliche unter 18 Jahren und Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten einer neuen Beschäftigung – was für heftige Kritik sorgt.

Nahles will den Mindestlohn noch vor der parlamentarischen Sommerpause unter Dach und Fach bringen. Der Bundestag soll das Gesetz am 4. Juli beschließen, am 19. September soll es dann durch den Bundesrat, erklärte die Ministerin in Berlin. Das vom Kabinett beschlossene Tarifpaket, zu dem auch Verbesserungen für die Branchenmindestlöhne gehören, bezeichnete Nahles als "Wendepunkt": "Wir geben der Arbeit ihren Wert zurück."

Jugendliche und Langzeitarbeitslose ausgenommen
In einer Übergangsphase bis Ende 2016 sollen in einzelnen Branchen noch Tarifverträge unter 8,50 Euro existieren dürfen. Vom Mindestlohn ausgenommen werden Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten nach einer Neueinstellung, zudem gilt der Mindestlohn erst ab dem Alter von 18 Jahren. Ausnahmen gelten auch für ehrenamtlich Tätige und Praktikanten, die ihr Praktikum im Rahmen einer Ausbildung verpflichtend absolvieren. Auch bei bis zu sechs Wochen dauernden Praktika zur beruflichen Orientierung soll der Mindestlohn nicht gelten.

Ab 2017 soll dann eine unabhängige Kommission über die Höhe des Mindestlohns entscheiden, eine Erhöhung soll es demnach erstmals ab 2018 geben können.

Sonderregeln soll es künftig auch für einzelne Branchen geben. So sollen Stück- und Akkordlöhne auch nach Einführung des Mindestlohns zulässig bleiben, wie Landwirtschaftsminister Christian Schmidt mitteilte. Es müsse aber gewährleistet sein, dass ein Lohn von 8,50 pro Stunde erreicht werden kann. "Wir haben einen Kompromiss im Gesetzesentwurf gefunden, der im Interesse der Landwirtschaft und der Saisonarbeiter ist." Eine Stücklohn-Regelung könnte es auch in anderen Branchen geben, etwa bei den Zeitungsausträgern.

Gesetzesentwurf erntet Zustimmung, aber auch Kritik
Aus der Union erhielt Nahles Zustimmung zu ihrem Gesetzentwurf. "Der allgemeine Mindestlohn ist ein mit der sozialen Marktwirtschaft konformes ordnungspolitisches Instrument", erklärte der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, Peter Weiß.

Demgegenüber kritisierten Gewerkschaften, SPD-Linke und die Opposition die Ausnahmen als zu weitgehend. "Langzeitarbeitslose für sechs Monate vom Mindestlohn auszunehmen, ist zutiefst diskriminierend", sagte der designierte DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. "Das muss im laufenden Gesetzgebungsverfahren dringend nachgebessert werden." Der Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, Klaus Barthel, meinte: "Eine derartige Benachteiligung und Herabsetzung der Langzeitarbeitslosen ist nicht hinnehmbar."

Auch Linken-Fraktionsvize Klaus Ernst erklärte, es sei "nicht akzeptabel", dass Jugendliche und Langzeitarbeitslose ausgenommen bleiben. Die Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer sagte, durch die sechsmonatige Ausnahme der Langzeitarbeitslosen würden "mehr als eine Million Betroffene pauschal stigmatisiert".

Aus der Wirtschaft wiederum kam die erneute Forderung nach einer höheren Altersgrenze als 18 Jahre. 8,50 Euro seien für junge Menschen ein "falscher Köder", sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer. "Wir brauchen die Jugendlichen in unseren Betrieben."

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