Inzest straffrei?

CH: Blutsverwandte sollen Beischlaf vollziehen dürfen

Ausland
10.12.2010 08:57
Eine Beziehung mit dem eigenen Kind, der Schwester oder dem Bruder einzugehen, könnte in der Schweiz schon bald legal sein. Was hierzulande und derzeit auch bei den Eidgenossen als Inzest bestraft wird, will die Regierung in Bern aus dem Strafgesetzbuch streichen. Es gebe nur drei bis vier Verurteilungen pro Jahr, lautet die Begründung.

Der bisher strafrechtlich verfolgte Tatbestand des Inzests sei in den letzten Jahren so selten zur Anwendung gekommen, dass er auch gleich auch dem Strafgesetzbuch gestrichen werden könne, heißt es von Seiten der Schweizer Regierung, dem Bundesrat.

"Gemäß dem Bundesamt für Statistik wurden zwischen 1984 und 2007 pro Jahr durchschnittlich drei bis vier Urteile wegen Inzests gefällt." Bei dem Gesetzesentwurf wird allerdings darauf hingewiesen, dass es sich immer noch um einvernehmlichen Beischlaf handeln muss und dass die Beteiligten erwachsen sein müssen. Unzucht mit Minderjährigen sei nach wie vor strafbar und werde mit den Gesetzen zu Missbrauch und Pädophilie effizient verfolgt.

Wie die Schweizer Zeitung "Blick" berichtet, seien Befürworter der Streichung des Inzest-Paragraphen hauptsächlich dagegen, dass Gesetze sexuelle Beziehungen von Erwachsenen regeln. Der Grüne Nationalrat und Jurist Daniel Vischer steht hinter dem Vorschlag der Regierung: "Inzest ist eine schwierige moralische Frage, aber keine, die wir über das Strafgesetz lösen sollten."

Empörung bei den konservativen Parteien
Die konservativen Parteien CVP (Christlich-demokratische Volkspartei), EVP (Evangelische Volkspartei) und SVP (Schweizerische Volkspartei) zeigten sich dagegen fassungslos. 

Die Streichung des Inzestverbots sei nicht tolerierbar, schreibt die CVP in einer Stellungnahme zum Gesetz. Für die SVP ist der Vorschlag "inakzeptabel", die EVP hat "absolut kein Verständnis für die völlig unnötige und schlecht begründete Absicht des Bundesrates". Zum Schutz der Familie und aus genetischen Gründen müsse das Verbot aufrecht erhalten werden, argumentiert die EVP. Außerdem weist dei EVP darauf hin, dass Mordfälle auch selten seien und dennoch würde es niemand begrüßen, eine entsprechende Strafnorm abzuschaffen, heißt es im "Blick" weiter.

Die CVP hält "den Schutz der sozialen Institution Familie nach wie vor für dringend". Bei Inzest unter nicht-blutsverwandten Familienmitgliedern sei die heutige Rechtslage allerdings problematisch, räumt die CVP ein. Die Ächtung des Inzests sei seit Jahrhunderten in unserer Kultur und Gesellschaft verankert, schreibt die SVP. Das müsse im Strafrecht adäquat zum Ausdruck kommen.

Inzest in Österreich als "Blutschande" im StGB
In Österreich wird Inzest als Delikt "Blutschande" in Paragraf 211 des Strafgesetzbuches geregelt. Dabei geht es einzig um Blutsverwandtschaften in gerader Linie, auf- und absteigend. Eine Beziehung zwischen Cousin und Cousine ist demnach legal.

Wörtlich steht im Strafgesetzbuch dazu: "(1) Wer mit einer Person, die mit ihm in gerader Linie verwandt ist, den Beischlaf vollzieht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen. (2) Wer eine Person, mit der er in absteigender Linie verwandt ist, zum Beischlaf verführt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. (3) Wer mit seinem Bruder oder mit seiner Schwester den Beischlaf vollzieht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten zu bestrafen. (4) Wer zur Zeit der Tat das neunzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist wegen Blutschande nicht zu bestrafen, wenn er zur Tat verführt worden ist."

In Deutschland ist Inzest strafbar nach § 173 StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren (wenn Beischlaf mit Verwandten absteigender Linie, bis zu drei Jahren) oder einer Geldstrafe. Geschwister und Verwandte absteigender Linie unter 18 Jahren bleiben straflos. In der Schweiz wird Inzest derzeit zwischen Blutsverwandten in gerader Linie und zwischen Geschwistern und auch Halbgeschwistern mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft (Art. 213 StGB).

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