Nationalrat tagte

Pröll mit wenig Infos zum Budget, FPÖ will Neuwahl

Österreich
20.10.2010 22:34
Statt einer Budgetrede hat Finanzminister Josef Pröll am Mittwoch bei der ersten von zwei Nationalratssitzungen in dieser Woche einen Zwischenstand der Budgetberatungen zum Besten gegeben. Konkrete Pläne verkündete er auch dabei nicht, gab jedoch wesentlich mehr Einblick in den Stand der Dinge als zuletzt und nannte auch konkrete Termine für die geplante Regierungsklausur und die Budgetrede. Die Opposition war weiterhin nicht zufrieden und reichte zahlreiche Anträge gegen die Regierung ein, der FPÖ geht es dabei sogar um Neuwahlen.

Festnageln ließ sich Pröll am Mittwoch nur beim Fahrplan für die Haushaltserstellung: Die Budgetklausur, in der die Regierung die durchzuführenden Maßnahmen abstecken will, findet am Freitag in Loipersdorf statt. Den Bundeshaushalt für 2011 will Pröll noch vor dem Nationalfeiertag am 26. Oktober fertig haben. Die Budgetrede stellte er - wie gehabt - für 1. Dezember in Aussicht.

Bei Ressorts noch Gesprächsbedarf
Ansonsten gab der Vizekanzler nur einen Überblick über den Stand der Verhandlungen seines Ressorts mit den Ministerien, Bundesländern und Sozialpartnern. In den Budgetgesprächen seien einige Ressorts bereits außer Streit gestellt - welche, nannte er nicht. Bei anderen Ministerien habe sich - unabhängig von der Parteizugehörigkeit, betonte Pröll - herausgestellt, dass noch ein außerordentlicher Gesprächsbedarf bestehe, weil nur auf kosmetische Maßnahmen und Einmaleffekte gesetzt werde. "Das kann ich als Finanzminister nicht akzeptieren."

Pröll sprach erneut von "schmerzlichen Maßnahmen", die durch die Festlegung der Ausgabenobergrenzen für die Ministerienbudgets notwendig seien. Konkret nannte er Handlungsbedarf im Familienbereich, das aber "so sozial verträglich wie möglich". Den Universitäten, die am Dienstag und Mittwoch wieder mit Protestaktionen auf sich aufmerksam gemacht hatten, stellte Pröll mehr Geld in Aussicht. "Ich bin überzeugt, für die Universitäten müssen wir zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen." Voraussetzung dafür sei es aber, dass es gelinge, neue Wege zu beschreiten und grundsätzliche Reformen anzugehen, mehr Transparenz bei den Finanzströmen zu schaffen sowie Zugangsregeln anzugehen.

Pensionen als "gigantisches Pyramidenspiel"
Einen großen Teil seines "Budget-Updates" widmete Pröll der Pensionsproblematik. Der Finanzminister klagte über Privilegien und Schlupflöcher in die Frühpension. Gehe dies so weiter, "dann wird das Pensionssystem am Ende zu einem gigantischen Pyramidenspiel".

Nach neuesten Prognosen würden die Pensionen bis 2014 mehr als 1,9 Milliarden Euro zusätzlich kosten, so Pröll. Die - durch die mehrheitliche Ausnutzung von Angestellten und Beamten vollkommen persiflierte - Hacklerregelung komme auf zwei Milliarden Euro pro Jahr, ein Prozent plus für ASVG-Pensionisten und Beamte koste dagegen nur 390 Millionen Euro. "Warum lassen wir es zu, dass über zwei Millionen Pensionisten wegen einer ungerechten Ausnahmeregelung jedes Jahr um ihren Teuerungsausgleich zittern müssen?", fragte er.

Mit den Pensionen hat Pröll jedenfalls Großes vor: Das Finanzministerium strebt bei der Regierungsklausur am Wochenende eine Einigung über ein Gesamtpaket zur Pensionsreform an. Sowohl über die Reformmaßnahmen als auch über das Ausmaß der Pensionsanpassung für 2011 soll gesprochen werden. Wie die Anpassung verteilt wird, könne dann nach der Klausur mit den Seniorenvertretern verhandelt werden.

Unmut über Landeshauptleute
Zäh entwickeln sich - wie bereits in den letzten Tagen anhand der Wortmeldungen einzelner Landeshauptleute nach den Verhandlungsrunden festzustellen war - die Gespräche mit den Bundesländern über Stabilitätspakt, Pflegefinanzierung, Schule und Verwaltungsreform. Man sei "noch meilenweit von einer Einigung zum Wohle des Landes" entfernt. Trotzdem lohne die Mühe, um am Ende sagen zu können: "Wir können nicht nur unseren Eltern in die Augen schauen, sondern auch unseren Kindern."

Den Rest seiner Redezeit benutze Pröll dazu, gegen neue Schulden anzureden. Schulden machen sei unsozial und "gefährlicher, als es einmal war", so Pröll unter Verweis auf die globale Finanzlage. "Die Menschen haben gar nichts davon, dass wir acht bis neun Milliarden Euro an Zinsen in den Rauchfang zahlen." Nur Finanzinvestoren würden davon profitieren. Seine Prämissen: "Das Maximum an Sparen und Reformen, das Minimum an neuen Steuern und Schulden."

Strache-FPÖ will Neuwahl
Die Opposition hatte Prölls Rede bereits im Vorfeld abgeschrieben. Die Freiheitlichen haben beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Ministeranklage wegen Verfassungsbruch gegen Pröll und Kanzler Werner Faymann eingereicht. Parteichef Heinz-Christian Strache brachte zudem im Plenum einen Neuwahlantrag vor. Der kommt nicht von ungefähr, sieht sich die FPÖ doch nach dem Stimmenzugewinn bei der Wien-Wahl auch bundesweit im Aufwind und in einigen Umfragen sogar vor der ÖVP auf Platz zwei. Abgestimmt wurde über den Neuwahlantrag aber nicht sofort, da er dem Verfassungsausschuss zugewiesen werden muss.

Abermals sprach Strache aufgrund der Verzögerung bei der Budgeterstellung von einem "eiskalten Verfassungsbruch", den SPÖ und ÖVP aufgrund der Wahlen in der Steiermark und Wien auf sich genommen hätten. Die FPÖ habe zwei gesonderte Schreiben an den VfGH verfasst, die Anklagen gegen den Regierungschef sowie den Vizekanzler betreffen. Allerdings wäre die einfache Mehrheit im Nationalrat notwendig, um eine Ministeranklage einbringen zu können. Da von einer Unterstützung der Regierungsparteien nicht auszugehen ist, baut Strache zumindest auf die Opposition.

"Sauna-Budget mit viel heißer Luft"
Wenn man dem Finanzminister zuhöre, fühle man sich an den alten Schlager "Es fährt ein Zug nach nirgendwo" erinnert, höhnte BZÖ-Chef Josef Bucher nach der Pröll-Rede. Nachdem die Regierung nun zu ihrer entscheidenden Klausur in eine Therme fahre, sei wohl ein "Sauna-Budget mit viel heißer Luft" zu erwarten - "und am Ende werden die Steuerzahler ins Schwitzen" kommen, seien doch Belastungen und Steuererhöhungen zu befürchten. Seit zwei Jahren gebe es nur Stillstand und Lähmung.

Grünen-Vize Werner Kogler gab sich erstaunt über die Inhaltsleere der Pröll-Budgetansprache. Statt 24 Minuten Redezeit wären auch 2,4 Minuten ausreichend gewesen, fand der Vizechef der Grünen. Er ortete auch fehlenden Willen zur Strukturreform, etwa im Gesundheitswesen, und attestierte der Regierung, bestimmte Bereiche wie die Unis "sträflich verhungern" zu lassen: "Die besten gehen weg. Junge Forscher leben im Prekariat."

Orange und Grün haben ebenfalls Anträge eingereicht, beschränkten sich dabei aber auf die Absetzung einzelner Regierungmitglieder: Die Grünen wollten mittels Misstrauensantrag den Finanzminister und Innenministerin Maria Fekter (beide ÖVP) aus dem Amt jagen. Beim BZÖ stand aufgrund der Entwicklungen im BAWAG-Prozess Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) auf der Abschussliste. Der Pröll-Antrag wurde noch im Plenum abgelehnt, die Abstimmung über den Fekter-Antrag erfolgt erst im Innenausschuss, wo die Grünen den Antrag explizit hinverwiesen hatten.

Verbund-Kapitalerhöhung abgesegnet
Sachlich tat sich nicht viel in der Mittwochssitzung. Das Thema Asyl wurde in einer "Aktuellen Stunde" zu Beginn der Sitzung durchgenommen. Gesetzesbeschlüsse gibt es nicht allzu große. Nur die 510-Millionen-Spritze des Bundes für die Verbund-Kapitalerhöhung wurde abgesegnet. Abgenickt wurde ebenfalls der Bundesrechnungsabschluss für 2009.

Mit der Behandlung eines Sammelberichts des Rechnungshofs unter anderem zum Pflegegeld ging die Nationalratssitzung dann nach mehr als zwölf Stunden zu Ende. Zuvor war noch ein internationales Übereinkommen zum Schutz von Kindern bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ratifiziert und ein Rechtshilfeabkommen mit den USA beschlossen worden.

Am Donnerstag wird sich das Sozialministerium mit Gesetzesinitiativen kleinerer Art hervortun. So wird das Mindestalter für Beschäftigung in Österreich von zwölf auf 13 Jahre angehoben. Dabei geht es freilich nur um vereinzelte, leichte Arbeiten etwa in Familienbetrieben. Ferner abgesegnet wird die Einrichtung einer Servicestelle für Künstler in der Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft. Auch diverse aktuelle Berichte werden von den Abgeordneten durchgenommen, etwa der Frauenbericht und der "Grüne Bericht". In Sachen "Aktueller Stunde" stellt sich zunäch

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