Von Mutter getrennt

Baby der “Eis-Baronin” spaltet ganz Österreich

Österreich
13.01.2012 08:41
Gerade einmal zwei Tage ist der Kleine alt - und schon "berühmt". Hunderttausende "Krone"-Leser diskutieren darüber, ob es richtig war, das Baby der Mutter direkt nach der Geburt wegzunehmen. Einerseits ist die 32-jährige Estibaliz C. verdächtig, zwei Männer getötet und zerstückelt zu haben. Sie sei gefährlich, sagt die Jugendwohlfahrt. Doch sogar der Vater des Kindes lässt nun ausrichten: "Der Kleine soll bei der Mutter sein."

Darf man ein Kind sofort nach der Geburt von seiner Mutter trennen? Das fragt sich das ganze Land. Rund 60 Prozent der krone.at-User meinen, dass es in Ordnung sei, einer Mutter ihr Neugeborenes wegzunehmen, wenn sie im Gefängnis sitzt (Stand: Freitag, 8.30 Uhr; Abstimmung siehe Infobox).

"Wir mussten das sogar tun", erklärt Andrea Danmayr, Sprecherin des Wiener Krankenanstaltenverbundes. "Laut Anordnung der Justiz war eine Gefährdung des Kindes in Obhut der Mutter nicht ausgeschlossen. Das mussten die Ärzte beachten. Kaiserschnitt-Kinder werden immer sofort medizinisch versorgt. Das ging nur im nahe gelegenen Preyer'schen Kinderspital."

Seit Mittwoch früh ist die Jugendwohlfahrt (MA11) der gesetzliche Vormund des Kindes. Sprecherin Herta Staffa: "Die Frau ist immerhin verdächtig, zwei Männer umgebracht zu haben. Da müssen wir infrage stellen, ob sie erziehungstüchtig ist."

Kindsvater: "Ein Kind gehört zur Mutter"
Völlig anders sieht das nicht nur Mutter Estibaliz C., sondern auch ihr Lebensgefährte, der Kindsvater (47). Laut seinem Anwalt Werner Tomanek wünscht er sich sogar, dass Estibaliz ihren Sohn für einen gewissen Zeitraum bekommt. "Das Kind gehört zu seiner Mutter. Estibaliz soll ihn sehen und halten können", ließ er ausrichten, nachdem er am Mittwochvormittag erstmals seinen kleinen Sohn in Händen halten hatte dürfen.

Im Gegensatz dazu hat die Doppelmord-Verdächtige noch gar keinen Kontakt zu ihrem Sohn gehabt. Sie habe sich das Kind gewünscht, auf ihre Ernährung geachtet, die Zukunft geplant. Doch wie es aussieht, bleibt die Mutter-Kind-Zelle in der Justizanstalt Wien-Josefstadt leer. Ursprünglich sei geplant gewesen, dass das Baby während der Stillperiode bei der Mutter bleibt und nach einer Umgewöhnungsphase allmählich ganz zum Vater kommt. Diese Pläne haben sowohl Justiz als auch Jugendwohlfahrt durchkreuzt.

"Wir werden die rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um den Kontakt zwischen Mutter und Kind herzustellen", so Tomanek zur "Krone". Die Eltern würden seiner Ansicht nach die Obsorge gemeinsam tragen, allerspätestens nach dem vollendeten zweiten Lebensjahr sollte der Kleine dann beim Vater aufwachsen. Gerüchten zufolge will er Wien verlassen und aufs Land ziehen.

Anerkennung der Vaterschaft verzögert sich
Vorerst bemüht er sich einmal um die Anerkennung der Vaterschaft. Und dieser formale Akt stellte den Vater des Buben bereits vor ein Problem: Denn nach Angaben des Jugendamts hatte der 47-Jährige am Donnerstag nicht alle erforderlichen Papiere parat. Gefehlt habe u.a. das Dokument über die rechtskräftige Scheidung Estibaliz C.s von ihrem Ehemann. Die Anerkennung der Vaterschaft ist aber die Voraussetzung dafür, dass der Mann beim Pflegschafts-Gericht überhaupt die Obsorge für seinen Sohn beantragen kann.

Juristen streiten, wo das Baby bleiben soll
Überhaupt ist am Donnerstag zu dem Thema ein juristischer Streit entbrannt. "Ich habe beim Bezirksgericht Favoriten Beschwerde der Kindsmutter gegen die Abnahme eingebracht und die unverzügliche Rückgabe gefordert", erklärt Estibaliz C.s Verteidiger Rudolf Mayer. Der Anwalt vertritt den Standpunkt, dass das Jugendamt eine Zwangsmaßnahme ohne Rechtsgrundlage gesetzt habe. Die einzige Begründung für die Abnahme eines Kindes könne nur Gefahr in Verzug sein – und diese sei im konkreten Fall seiner Meinung nach nicht gegeben. Gemeinsam mit seinem Kollegen Karl Bernhauser will er eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einbringen - das kann mehrere Jahre dauern.

Am 6. Oktober 2011 hatte eine Sprecherin der MA11 noch in einem Zeitungsinterview gesagt: "Ich sehe keinen Grund, das Kind von der Mutter zu trennen, wenn es gut versorgt ist." Heute sieht die Sache anders aus. Die MA11 hat ein "Ausfolgeverbot" des Kindes verhängt. Brisant: Laut Strafvollzugsgesetz haben weibliche Strafgefangene das Recht, ihr Kind bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres bei sich zu behalten, es sei denn, dem Kind entstehe ein Nachteil daraus. Doch Estibaliz C. ist bis jetzt noch nicht einmal verurteilt. Sie ist also keine Strafgefangene.

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