Präsidentenwahl

Der ganz andere Andreas Khol

Salzburg
14.03.2016 22:03

Vor 8.30 Uhr früh am Samstagmorgen bekommst du noch keinen Kaffee im Hangar 7, 200 Meter weiter im "Krone"-Presshaus ist nur der Portier da. Arbeitszeitgesetz. 38-Stunden-Woche. Dafür interviewt dich der Chef. Umso intensiver unser 60-Minuten-Gespräch.

Seine Sprüche sind Wort für Wort druckreif: "Einen Jagdhund muss man nicht in die Jagd tragen," beschreibt sich Andreas Khol, als wir den Siegeswillen Thomas Klestils beim ersten Wahlgang 1992 erörtern. Im ersten Durchgang knapp hinter dem sozialdemokratischen Bewerber gelegen, streckte er beide Daumen nach oben und hielt sie in Richtung der Kameras. Er werde gewinnen. So war es dann. Umfragen seien Momentaufnahmen, meint Andreas Khol und er sei nicht angetreten, um Auftritte vor einer Spaßgesellschaft zu absolvieren. Bundespräsident - ein Amt, das in den Krisenzeiten von allerhöchster Wichtigkeit sein kann. Wilhelm Miklas versagte zweimal: 1933 unterließ er nach der Auflösung des Nationalrates Neuwahlen und ermöglichte so den autoritären Ständestaat. 1938 ernannte er unter Druck den Nationalsozialisten Arthur Seyß-Inquart zum Kanzler.

Vorbild Joachim Gauck - vom Pastor zum Präsident
Der Präsident könne Gesetze nicht unterschreiben und die Ernennung von Beamten oder Ministern verweigern. Die Angelobung des Kandidaten der an Mandaten stärksten Partei zum Kanzler sei demokratisch. Joachim Gauck, den er persönlich leider noch nicht kenne, das sei so ein Vorbild. Der Pastor aus dem Osten Deutschlands hielt eine geniale Festspielrede in Salzburg, einige Zeit später war er Bundespräsident. Angriffe und Zynismus gegen die anderen Kandidaten verkneift sich der frühere Dompteur des ÖVP-Parlamentsklubs: "Dort galt es ja, alle zusammen zu halten. Heute geht es um das höchste Amt in einer dramatischen Zeit in Europa." Mit Alexander van der Bellen ist er in Innsbruck in die gleiche Schule gegangen, ihre Lebensläufe ähneln: Khol, auf der Insel Rügen geboren, wohin sein Vater aus Südtirol geflüchtet war, blieb bis 1949 staatenlos. Braunschweig, Gossensaß in Südtirol und endlich Innsbruck folgten als Stationen. Er studierte, lernte in Paris perfekt Englisch und Französisch, wurde Assistent des legendären Professors Ermacora, um 1964 als Verfassungsrechtler an die Uni Wien zu wechseln.

Ein Jahr später: Die Heirat seiner Lebensliebe. Heidi. Beide hatten sie als Reiseleiter in Innsbruck gejobbt, die gebürtige Kärntnerin ist studierte Englisch-Dolmetscherin und seit vier Jahren Diplom-Geragogin: Das umfasst Gesprächsrunden mit älteren Menschen, Hilfe bei der Rückschau ins eigene Leben. Erzählen. Zuhören. Rückschau. Sechs Kinder und 15 Enkelkinder - eine Familien-App hält sie täglich zusammen: SMS und Fotos. Das Wiener Parkett sei politisch rutschig: Er habe Erfahrung und wisse, wie "das Werkl funktioniert". Konservativ? Ein Fan von Thomas Bernhard, mit Peter Handke im Parlament gewesen und Menschenrechtsschutz bei der internationalen Kommission in Straßburg ausgeübt. Heidi Khol drängt zum Aufbruch: Beim Bundesbauernrat in Hof werde sie vor hunderten Zusehern eine Rede halten. Denn sie kenne den Kandidaten wohl am besten.

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