Anklage erhoben

Mörder von Abtreibungsarzt angeklagt

Ausland
03.06.2009 14:16
Zwei Tage nach dem Mord an dem prominenten Abtreibungsarzt George Tiller ist Anklage gegen den Tatverdächtigen erhoben worden. Wie die Justizbehörden des US-Bundesstaats Kansas am Dienstag (Ortszeit) mitteilten, muss der 51-jährige Scott Roeder bis zu einer ersten Anhörung vor Gericht am 16. Juni in Haft bleiben.

Ihm wird vorgeworfen, Tiller am Sonntag auf dem Weg zum Gottesdienst in Wichita im US-Bundesstaat Kansas erschossen zu haben. Der Verdächtige war drei Stunden nach der Tat festgenommen worden. Laut Staatsanwaltschaft hat er Kontakte zu militanten Abtreibungsgegnern. Er soll bei der Tat jedoch "allein gehandelt" haben. Tiller war einer der wenigen Ärzte in den USA, die noch Abtreibungen im letzten Schwangerschaftsdrittel vornehmen.

Präsident Obama verurteilte Bluttat
US-Präsident Barack Obama hatte sich nach der Tat schockiert gezeigt. "Ganz gleich wie groß die Differenzen der Amerikaner bei so schwierigen Themen wie Abtreibungen sein mögen, sie können nicht durch abscheuliche Gewalttaten gelöst werden", hieß es in einer vom Weißen Haus in Washington veröffentlichten Erklärung.

Tillers Familie erklärte nach dem Anschlag, der Arzt habe "sein Leben dem Ziel gewidmet, Frauen trotz ständiger Drohungen und Gewalt eine hochwertige Gesundheitsversorgung zu gewähren". "Wir möchten, dass er als guter Ehemann, Vater und Großvater sowie als leidenschaftlicher Diener der Frauenrechte überall in Erinnerung bleibt", zitierte der Fernsehsender KWCH TV aus der Erklärung.

Die Anti-Abtreibungsgruppe Operation Rescue, die auf ihrer Webseite in einer Rubrik namens "Tiller Watch" zum Vorgehen gegen den Mediziner aufrief, distanzierte sich in einer Erklärung von der Tat und von "Selbstjustiz".

Klinik wiederholt Ziel von Anschlägen
Tiller war einer der wenigen Ärzte in den USA, die noch Spätabtreibungen vornehmen. Der 67-Jährige und seine Klinik waren wiederholt Zielscheibe militanter Abtreibungsgegner. 1986 wurde seine Klinik bei einem Bombenanschlag schwer beschädigt. Sieben Jahre später schoss eine Frau in seiner Klinik auf ihn; er überlebte mit Schusswunden in beiden Armen. Die Attentäterin erhielt elf Jahre Gefängnis. Immer wieder hielten Abtreibungsgegner vor seiner Klinik in Wichita Kundgebungen ab.

Wegen der zahlreichen Drohungen, Übergriffe und Anschläge war die Klinik unter anderem mit kugelsicheren Scheiben gesichert. Zudem schützte ein Sicherheitsdienst das Gebäude. Tiller selbst wurde in der Regel von einem Leibwächter begleitet - zum Gottesdienst am Sonntag war er jedoch offenbar ohne Schutzpersonal gekommen.

Jahrelang unter Polizeischutz gestanden
Im März wurde Tiller von dem Vorwurf freigesprochen, 2003 insgesamt 19 illegale Abtreibungen vorgenommen zu haben. Während des Prozesses wurde bekannt, dass er jahrelang unter Polizeischutz gestanden war, nachdem sein Name an prominenter Stelle einer Todesliste aufgetaucht war. Spätabtreibungen sind in Kansas zugelassen, wenn zwei Ärzte unabhängig voneinander zu dem Schluss kommen, dass die Gesundheit der Mutter bei der Geburt schweren Schaden nehmen könnte.

Die Abtreibungsdebatte wird in den USA seit Jahrzehnten heftig geführt. Obama war vor zwei Wochen von Abtreibungsgegnern kritisiert worden, nachdem er sich in einer Rede für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch ausgesprochen hatte, zugleich aber eine Versöhnung der verfeindeten Lager forderte. Die Abtreibungsgegner empören sich zudem über die Ernennung der ehemaligen Gouverneurin von Kansas, Kathleen Sebelius, zur Gesundheitsministerin. Sie war mit dem Abtreibungsarzt Tiller bekannt.

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