Das freie Wort

Der Pferdefuß der Privatisierungen

Italiens Populisten-Regierung hat die Schuldigen für die Katastrophe von Genua schon ausgemacht. Dabei sind die Ermittlungen erst angelaufen. Der private Autobahnbetreiber „Autostrade per l’Italia“ trage die Verantwortung für den Brückeneinsturz, er habe die Instandhaltung vernachlässigt, behaupteten mehrere Minister. Regierungschef Giuseppe Conte kündigte beim Besuch am Unglücksort in Genua an, die Prozedur, um dem Betreiber die Konzession zu entziehen, werde eingeleitet. „Die Regierung kann nicht auf die Justiz warten“, sagte er. Vizepremier und Rechtspopulist Matteo Salvini nutzte die Tragödie, um auch gleich gegen Europa auszuteilen: Schuld an der maroden Infrastruktur in Italien seien die „irrsinnigen“ Brüsseler Sparvorgaben und Defizitregeln, verbreitete er auf Twitter. Es gehört zu den üblichen Gepflogenheiten von Regierungen, Teile ihrer Aufgabenbereiche, die ihnen finanzielle Schwierigkeiten bereiten, in die Privatisierung „zu entlassen“. Der neuen noch nicht lange im Amt befindlichen italienischen Regierung kann man gewiss keine Schuld vorwerfen, wohl aber die Art ihrer aus der Hüfte geschossenen Schuldzuweisungen. Die EU in Brüssel habe Schuld mit ihren Sparvorgaben. Weshalb nicht gleich die Eisbären am Nordpol? Die neue italienische Regierung sollte sich lieber einmal ganz genau die mit dem Betreiber abgeschlossenen Privatisierungsverträge ihrer Vorgängerregierungen ansehen. Auch im Falle einer Privatisierung kann sich der Staat nicht ganz aus der Verantwortung für die Sicherheit der Bürger und damit aus der Kontrolle der Geldströme in einem privatisierten Unternehmen entlassen, egal, ob es sich um einen Autobahnabschnitt oder um eine Brücke handelt. Die Parlamente wiederum sind dazu angehalten, ihren Regierungen beim Abschluss von Privatisierungsverträgen genau auf die Finger zu schauen, um sicherzustellen, dass eine Restverantwortung des Staates im Privatisierungsvertrag ganz unmissverständlich festgeschrieben wird. Dazu gehört insbesondere die Pflicht der Regierung, pingelig zu kontrollieren, welcher Anteil des Gewinnes in die Instandhaltung der Infrastruktur fließt. Im Übrigen: Der Abschluss eines Vertrages ist eine Sache, die Kontrolle der Umsetzung eine andere. Das gilt für alle Bereiche der Politik. Möge auch unsere Politik aus der Katastrophe von Genua ihre Lehren ziehen!

Otfried Schrot, D-Ronnenberg

Erschienen am Sa, 18.8.2018

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