Gescheitert

Keine Einigung auf neues Tabakgesetz

Österreich
31.10.2007 21:20
„Viel Lärm um nichts“ - dieses Motto scheint die Verhandlungen rund um die geplante (und jetzt verworfene) Verschärfung des Tabakgesetzes zu prägen. Nach wochenlangem Tauziehen zwischen ÖVP und der SPÖ und Protestankündigungen der aufgebrachten Gastronomie verzichtete ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky am Mittwoch bis auf weiters auf eine entsprechende Gesetzesmaßnahme. Da man sich mit dem Koalitionspartner nicht einigen konnte, ist die von der Regierung geplante Novelle fürs erste vom Tisch, hieß es beim Ministerrat.

Sie werde auch in der kommenden Woche keinen Vorschlag in den Ministerrat einbringen, erklärte eine sichtlich geschlagene Kdolsky. Das Inkrafttreten verschärfter Nichtraucherbestimmungen mit Jahresbeginn ist damit praktisch unmöglich geworden. Gescheitert ist der Kompromiss an den kleinen Lokalen mit bis zu 75 Quadratmetern Fläche. Diese wollte die SPÖ generell zu Nichtraucherlokalen erklären. Die Ministerin lehnte dies ab und bestand auf Wahlfreiheit.

Wann genau wieder Maßnahmen in Sachen schärferer Rauchergesetze erfolgen sollen, konnte Kdolsky nicht sagen. Sie sei aber jederzeit gesprächsbereit zu vernünftigen Maßnahmen. Laut Vizekanzler Wilhelm Molterer wurde im Ministerrat vereinbart, binnen sechs Monaten eine Lösung für den umstrittenen Nichtraucherschutz zu finden. Derzeit liegen zwei Modelle am Tisch, über diese werde man nun im nächsten Halbjahr mit Experten beraten.

SPÖ will wieder „zurück zum Start“
Die SPÖ will hingegen wieder „zurück zum Start“, mit allen beteiligten Gruppen sprechen und Experten aus anderen Nichtraucherschutz-erfahrenen EU-Ländern hinzuziehen. Es sei „total schade“, dass die ÖVP so blockiert habe, urteilte SP-Gesundheitssprecherin Sabine Oberhauser. Der „unglückliche Entwurf“ der Gesundheitsministerin sei nun allerdings vom Tisch. Bis spätestens Mitte nächsten Jahres soll es ein neues Gesetz geben, so ihre Pläne.

Kritik von „Schande“ bis „Armutszeugnis“
Scharfe Kritik erntete die Aufschiebung der Gesetzesnovelle von medizinischer Seite. „Ich finde es eigentlich beschämend“, urteilte Ärztekammerpräsident Walter Dorner. „Ich hatte mir eigentlich von der Regierung erwartet, dass man hier die nötige Vernunft an den Tag setzt. Es ist eine Schande.“ Die jetzige Entscheidung sei eine „vertane Chance“, auch im Hinblick auf die internationale Reputation Österreichs. Studien würden der Alpenrepublik eines der besten Gesundheitssysteme bescheinigen, beim Nichtraucherschutz hinke man allerdings als Schlusslicht und „roter Laterne“ ganz hinten nach.

„Ich finde es beschämend, dass sich hier die große Politik nicht einmal am Riemen gerissen hat. In meinen Augen wäre da sicher die Möglichkeit gewesen, wenn der Wille dazu dagewesen wäre“, so Dorner. Die Streitpunkte seien „lächerlich“. Möglicherweise sei eine sechsmonatige „Nachdenkfrist“ gut, allerdings sei jeder abgewartete Tag „einer zu viel“.

„Angesichts der Gefahren des Passivrauchens ist das Scheitern dieser Verhandlungen für uns natürlich ein Armutszeugnis", urteilte auch Bernd Matouschek, Sprecher der Medizinischen Universität Wien. „Es ist im wahrsten Sinne des Wortes Gefahr im Verzug.“ Nahezu in ganz Europa gebe es weitergehendere Regelungen als in Österreich. „Wir erwarten als medizinische Universität die entsprechenden gesetzlichen Handlungen, so schnell als möglich.“

Wirtschaft für „freiwilliges Nebeneinander“
Positiv wurde die Entscheidung von der Wirtschaft aufgenommen. Man sei erleichtert über „keine voreilige“ und für Wirte „nachteilige Einigung“, zeigte sich der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband erfreut. Das Scheitern der Verhandlungen ändere nichts an den Bemühungen um den Nichtraucherschutz, hieß es aus der Wirtschaftskammer. „Das, was wir sicher tun werden, ist weiter auf Betriebe einzuwirken, damit es Nichtraucherräume geben wird“, kündigte Helmut Hinterleitner, Obmann des Fachverbands Gastronomie an. Er plädierte weiterhin für ein „freiwilliges Nebeneinander von Rauchern und Nichtrauchern“. Dies sei zwar nicht der einfachere Weg, aber der „einzig richtige Ansatz“.

Unterstützung für die Gastronomie gab es unter anderem von der FPÖ. Die Raucherhatz müsse endlich beendet werden, so Generalsekretär Harald Vilimsky, der Wahlfreiheit für die Wirte forderte. Das BZÖ wertete das Aufschieben eines neuen Tabakgesetzes als „großen Erfolg“ für die eigene Partei. „Wir konnten mit unserer Ankündigung für ein überparteiliches Volksbegehren diese Verbots- und Entmündigungspläne von SPÖ und ÖVP vorerst stoppen“, so Generalsekretär Gerald Grosz. Keine Freude mit der Aufschiebung hatte der Grüne Gesundheitssprecher Kurt Grünewald: Die Nicht-Einigung sei ein „fahrlässiger Umgang mit der Gesundheit der Menschen“.

Prominente Raucher erfreut
Unterstützung von prominenter Seite erhielten die Gegner der geplanten Raucheinschränkungen auch von der Plattform „Rauchfrei(heit)“. Der vorläufige Verzicht auf eine Novelle seien ein „Etappensieg der Vernunft“, so Rechtsanwalt Manfred Ainedter, Sprecher der Bewegung. „Dieses Gesetz hätte mehr Probleme erzeugt als gelöst und die österreichischen Gastronomen wie auch ihre Kunden gleichermaßen entmündigt.“ Der im Frühjahr gegründeten Plattform gehören unter anderem Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der Karikaturist Manfred Deix, Schauspieler Heinz Marecek sowie prominente Gastronomen wie Toni Mörwald und das Ehepaar Eselböck an.

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