Gift läuft ab

Arkansas will acht Männer in zehn Tagen hinrichten

Ausland
03.04.2017 13:16

Weil bei einem der Mittel für die Giftspritze das Haltbarkeitsdatum abläuft, sollen im US-Bundesstaat Arkansas ab Mitte April acht zum Tode verurteilte Häftlinge in nur zehn Tagen hingerichtet werden. Es wäre die größte Hinrichtungswelle in den USA seit mehr als 40 Jahren, kritisieren Menschenrechtsaktivisten, die von "Hinrichtungen wie am Fließband" sprechen.

Der Grund für die Eile ist das Haltbarkeitsdatum der Vorräte an Midazolam, das bei Hinrichtungen als Betäubungsmittel verabreicht wird. Es läuft Ende April ab. Der republikanische Gouverneur von Arkansas, Asa Hutchinson, hat deshalb per Dekret angeordnet, bis Ende des Monats binnen zehn Tagen acht Verurteilte hinrichten zu lassen. Betroffen sind acht Männer, die im Schnitt seit 20 Jahren im Todestrakt sitzen.

Gegner der Todesstrafe verweisen darauf, dass Arkansas seit 2005 kein Todesurteil mehr vollstreckt hat. Gouverneur Hutchinson plant nun gleich vier Doppelhinrichtungen in zehn Tagen: Er will jeweils zwei Verurteilte am 17., 20., 24. und 27. April hinrichten lassen.

Mehrfachhinrichtungen äußerst ungewöhnlich
Nach Angaben des Death Penalty Information Center wurden seit der Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA im Jahr 1976 in keinem Bundesstaat acht Menschen innerhalb von zehn Tagen hingerichtet. Nur in Texas seien 1977 einmal acht Verurteilte in einem Monat hingerichtet worden. Auch Doppelhinrichtungen sind ungewöhnlich: In den vergangenen 40 Jahren seien in den USA nur zehnmal zwei bis drei Menschen am selben Tag hingerichtet worden. Mehrere Doppelhinrichtungen in einer Woche habe es noch nie gegeben.

Der Grund für die Hinrichtungswelle in Arkansas ist profan: In den USA werden die tödlichen Substanzen für die Giftspritzen knapp, weil sich viele europäische Pharmafirmen weigern, den US-Behörden Nachschub zu liefern. Midazolam steht bereits seit Langem in der Kritik, weil es offenbar nicht stark genug ist, um Schmerzen der Todeskandidaten zu verhindern.

Weltweites Entsetzen nach 43 Minuten dauernder Exekution
Im April 2014 hatte der qualvolle Tod eines verurteilten Mörders bei einer Hinrichtung im Bundesstaat Oklahoma weltweit für Entsetzen gesorgt: Der Todeskampf von Clayton Lockett hatte nach einer Giftinjektion mit Midazolam 43 Minuten gedauert. Dabei wand er sich vor Schmerzen.

Die Hinrichtungen in Arkansas wurden durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Februar ermöglicht. Die Richter wiesen eine Klage gegen das dort übliche Verfahren für Exekutionen mit der Giftspritze ab.

Häftlinge klagen gegen "wilden Hinrichtungszeitplan"
In der vergangenen Woche reichten die betroffenen Häftlinge eine neue Klage ein: Die beschleunigte Vollstreckung ihrer Todesurteile gebe ihnen nicht genügend Zeit, um ihren Widerspruch vorzubereiten, erklärten die Männer. Durch den "wilden Hinrichtungszeitplan" werde jedem Kläger "irreparables Leid" zugefügt, schrieben sechs der acht Betroffenen in ihrer Klage.

Hutchinson sagte, er wünsche sich eigentlich eine Verlängerung des Haltbarkeitsdatums für Midazolam "um mehrere Monate oder Jahre". Die Situation sei aber nun einmal nicht so. Zudem sei "unsicher", ob die Behörden ein anderes Mittel beschaffen könnten, so der Gouverneur. Die Hinterbliebenen der Opfer der Straftaten sollten nach jahrzehntelangen Verfahren nun aber nicht länger "mit Ungewissheit leben müssen".

US-weite Proteste gegen "staatlich sanktionierte Mordserie"
Die konservativen Wähler in Arkansas dürften die Hinrichtungswelle unterstützen, außerhalb des landwirtschaftlich geprägten Staats im Süden der USA regt sich jedoch Protest. Der Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Kenneth Roth, nannte das "Eiltempo" bei den Hinrichtungen "grotesk". Die "New York Times" kritisierte Hutchinsons Begründung in einem Leitartikel als "absurd": Der Gouverneur rechtfertige eine "staatlich sanktionierte Mordserie" mit dem "Haltbarkeitsdatum auf einer Flasche".

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