"Lang, gefährlich"

Ist Deutschland für Syrien-Einsatz bereit?

Ausland
02.12.2015 11:43
1200 Bundeswehrsoldaten, Tornado-Mehrzweckkampfjets, ein Kriegsschiff und ein Luftbetankungsflugzeug: All das stellt Deutschland nun im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat in Syrien und im Irak zur Verfügung. Aber ist das deutsche Militär überhaupt bereit für seine größte Mission seit dem Stabilisierungseinsatz 1999 im Kosovo? Verteidigungsexperten sind skeptisch, denn weder Ausrüstung noch Personal seien darauf vorbereitet.

Jüngste Berichte über die mangelnde Einsatzbereitschaft der Tornado-Jets passen für den ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, perfekt ins Bild. Man sei in den vergangenen Jahren nicht dazu bereit gewesen, der Bundeswehr die Ausrüstung zu geben, die sie braucht, beklagte er am Mittwoch in einem Interview mit dem rbb-Inforadio.

"Weder nach der Art der Ausrüstung - wir haben erhebliche Fähigkeitslücken - noch nach der Qualität der Ausrüstung. Und das liegt daran, dass die Bundeswehr seit vielen Jahren unterfinanziert ist. Wenn man nur etwa die Hälfte dessen ausgibt für Ausrüstung, auch für die Systemerhaltung, für die Wartung, für Reparaturen, was man eigentlich ausgeben müsste, dann darf man sich nicht wundern, dass die Bundeswehr in einem beklagenswerten Zustand ist", so Kujat.

Von der Leyen: "Langer, schwieriger und gefährlicher Einsatz"
Verteidigungsministerin Urusla von der Leyen hingegen lässt die Vorwürfe nicht gelten und betonte im Hinblick auf den Syrien-Einsatz, der am Freitag auch im Bundestag beschlossen werden soll, dass man lediglich sechs Tornado-Jets benötigen werde und daher die volle Einsatzbereitschaft aller Kampfjets gar nicht notwendig sei. Dass es aber durchaus ein "langer, schwieriger und gefährlicher Einsatz" wird, weiß auch von der Leyen. Darüber sollte man sich keiner Illusion hingeben. Die Dauer der Mission hänge sehr stark davon ab, wie zugleich der Prozess für eine politische Lösung des Syrien-Konflikts verlaufe. Könne man sich bei den Verhandlungen in Wien schnell auf ein gemeinsames Vorgehen einigen, werde man schneller am Ziel sein, so die Verteidigungsministerin.

Auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier rechtfertigt den umstrittenen Bundeswehreinsatz: "Wir sind entschieden, die Solidarität, die wir gegenüber Frankreich geäußert haben, auch in die Tat umzusetzen", sagte der Sozialdemokrat am Dienstag am Rande eines NATO-Treffens in Brüssel. Steinmeier betonte aber, dass der Krieg in Syrien letztlich nicht militärisch entschieden werden könne: "Wir setzen weiterhin auf einen politischen Prozess."

Opposition: Kein ausreichendes Mandat für Einsatz
Die Linksfraktion kann der Argumentation der Regierung nichts abgewinnen und erwägt eine Verfassungsklage gegen die Entscheidung für den Bundeswehreinsatz. "Wir sind in dieser Frage mit den Grünen zumindest im Gespräch", sagte der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch am Dienstag in Berlin. "Wir werden das genau analysieren." Fachleute würden prüfen, ob es ein ausreichendes Mandat für den Einsatz gebe. Zumindest eine eindeutige rechtliche Grundlage dafür gebe es nicht, sagte Bartsch.

Die Grünen wandten sich gegen eine Mandatierung "im Schnellverfahren". Die Bundesvorsitzende Simone Peter beklagte, einer der "größten und sicherlich auch gefährlichsten Missionen in der Geschichte der Bundeswehr" mangle es an einem klaren Einsatzziel. Die Linke will den geplanten Einsatz der Bundeswehr am Freitag im Bundestag geschlossen ablehnen, die Grünen wollen zumindest mehrheitlich dagegen stimmen.

Bundeswehreinsatz gegen den IS: Steigt nun die Terrorgefahr in Deutschland? Zur Abstimmung geht es hier.

Bevölkerung hat Angst vor wachsender Terrorgefahr
Neben der Frage nach der Legitimität des Auslandseinsatzes spielt auch die Angst vor einer wachsenden Terrorgefahr in Deutschland eine wesentliche Rolle in der derzeit geführten Debatte. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur rechnen 71 Prozent der Deutschen mit einer größeren Bedrohung infolge des Bundeswehreinsatzes, nur 18 Prozent glauben nicht daran.

Aufklärungsdaten sollen nicht an die russische Luftwaffe (im Video unten sehen Sie einen russischen Luftangriff in der syrischen Provinz Deir ez-Zor) weitergegeben werden, betont man in Berlin.

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