Lindsey Vonn fühlt sich fitter denn je – und schwärmt von dem Training mit Ex-Ski-Star Aksel Lund Svindal. „Seine Perspektive hat mir die Augen geöffnet“, so die US-Amerikanerin
Zum Auftakt der alpinen Ski-Speedsaison der Frauen fühlt man sich um ein Jahrzehnt und mehr zurückversetzt. Wie damals gibt Lindsey Vonn den Ton an – und das nicht nur durch Auftreten und Persönlichkeit, sondern auch durch Leistung. Das Training in St. Moritz dominierte die mittlerweile 41-Jährige, mehr als 25 Jahre nach ihrem Debüt scheint die Chance auf ihren 83. Weltcupsieg realistisch. Möglichkeiten dazu bieten am Freitag und Samstag Abfahrten und ein Super-G am Sonntag.
In St. Moritz ist Vonn im Vorjahr kurz vor Weihnachten nach mehr als fünfeinhalbjähriger Pause auf die Weltcup-Bühne zurückgekehrt – teils belächelt oder auch kritisiert. Mit bzw. trotz ihrer Teil-Prothese im linken Knie holte sie sich im Super-G Platz 14 und Respekt, drei Wochen danach in St. Anton war Vonn Sechste und Vierte. Es folgte ein Auf und Ab sowie eine für sie enttäuschende Saalbach-WM, beim Saisonfinale in Sun Valley aber Rang zwei im Super-G. Da gab der vierfachen Gesamtweltcupsiegerin für ihre letzte Sommer-Vorbereitung sehr viel an Motivation.
„In der besten Form meines Lebens“
Eine Vorbereitung, in der sie sich mithilfe von Aksel Lund Svindal in Form gebracht hat. „Körperlich bin ich womöglich in der besten Form meines Lebens“, verkündete Vonn. Sie habe über den Sommer etwa sechs Kilogramm an Muskelmasse zugelegt, nachdem sie in der vorigen Saison noch etwas zu dünn und leicht unterwegs gewesen sei. „Das war harte Arbeit. Ich war noch nie so diszipliniert.“ Es dürfte sich aber ausgezahlt haben, auch was Befinden betrifft: „Ich fühle mich verdammt wohl für mein Alter – und das Schönste ist, dass ich keine Schmerzen habe.“
Svindal „macht alles am Berg“
Der 42-jährige Svindal, wie Vonn 2019 zurückgetreten, bringt sogar mehr Input als die US-Amerikanerin erhofft hatte. „Es ist großartig, mit ihm zu arbeiten. Er ist voll engagiert, trägt meine Skier, macht alles am Berg“, sagte Vonn auf Eurosport. „Er ist eine großartige Ergänzung und es ist so, als würdest du mit deinem besten Freund trainieren.“ Der Norweger bringe sehr viel Wissen mit, arbeite wie sie sehr akribisch. „Wir sprechen über Details, das macht so viel Spaß. Seine Perspektive hat mir die Augen geöffnet“, meinte sie auch in Bezug auf ihre ohnehin schon aggressive Linie.
Damit hatte Vonn das Mittwoch-Training mit fast sechs Zehntel Vorsprung angeführt, am Donnerstag wurde sie wegen eines schweren Sturzes der direkt vor ihr gestarteten Michelle Gisin abgewunken. Der Doppel-Olympiasiegerin hatte es die Skier verschnitten, sie rutschte ungebremst in die Sicherheitsnetze. Eine schwere Verletzung wurde befürchtet, Gisin wurde in ein Krankenhaus geflogen. Die Schweizerinnen hatten zuletzt Lara Gut-Behrami für die gesamte Saison verloren, Corinne Suter fällt wegen eines Muskelfaserrisses und einer Prellung ca. einen Monat aus.
Die erste, um rund zwei Sekunden schnellere erste Trainingsfahrt brachte aber wohl ohnehin mehr Aufschluss über die Kräfteverhältnisse. Im Donnerstag-Heat gab es schlechte Sicht und – gerade im Olympia-Winter – Vorsicht im Feld. Vize-Weltmeisterin Mirjam Puchner hat Vonn jedenfalls auf der Rechnung: „Sie wird sehr stark sein, ist risikobereit und hat den Flow absolut drinnen. Lindsey ist dann noch stärker, wenn sie weiß, sie ist schnell. Das macht sie gefährlicher.“ Bei einem mit dem ÖSV gemeinsamen Training in Copper Mountain habe Vonn auch überzeugt.
Comebackerin Ortlieb: „Unheimlich viel Spaß, dass ich zurück bin“
Puchner war beim ersten Abtasten als Siebente beste Österreicherin, im zweiten von der Schweizerin Joana Hählen mit Nummer 56 gewonnenen zweiten Trainingslauf wurde die Salzburgerin direkt vor Cornelia Hütter 17. (+0,96 Sek.). Etliche Aktive hatten aber ein Tor ausgelassen, wie etwa die am Vortag zweiplatzierte Norwegerin Kajsa Vickhoff Lie. „Ich habe aus der letzten Saison sehr viel gelernt, analysiert und aufgearbeitet. Ich fühle mich ganz gut und entspannt, weiß, was ich drauf habe“, meinte Puchner. „Darauf vertrauen und Kopf ausschalten und nicht zu viel denken.“
Beste Österreicherin bei ihrem Comeback-Wochenende nach Unterschenkelbruch war die Vorarlbergerin Nina Ortlieb als Neunte 0,48 Sek. zurück, unmittelbar direkt dahinter folgte unerwartet die Steirerin Anna Schilcher (+0,63). Es folgten aus ÖSV-Sicht Christina Ager (14./+0,79), Mirjam Puchner (17./+0,96) und Cornelia Hütter (18./+0,97). Ortlieb genoss ihre Fahrt: „Es macht mir unheimlich viel Spaß, dass ich zurück bin. Körperlich bin ich fit, aber ich merke, dass ich noch den einen oder anderen Trainingstag brauche.“ Hütter glaubte, im Rennen noch zusetzen zu können.
Die Aufstellung durch das Team um ÖSV-Cheftrainer Roland Assinger war vorerst noch offen, wie am Vortag hatten gleich 16 Österreicherinnen das Training bestritten. Langsamste von ihnen war erneut Ricarda Haaser, auch für die Tirolerin ist es ein Comeback-Wochenende. Sie hatte erst vor sechs Wochen ihre ersten Schneeschwünge gezogen, nachdem sie sich Anfang Februar im WM-Super-G u.a. das Kreuzband gerissen hatte.
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