Für 30 Euro verschenkte quasi ein Ex-ÖAMTC-Mechaniker aus der Steiermark „Pickerl“ an einen fixen Kundenstamm. Das Prekäre dabei: Die begutachteten 285 Fahrzeuge, die mitunter weiterverkauft wurden, wiesen schwerste Mängel auf. Der Autofahrerklub reagierte sofort und beendete das Dienstverhältnis. Am Mittwoch standen der 49-Jährige und zehn „Kunden“ vor Gericht.
Der Prozess startete schon leicht verzögert, weil ein mitangeklagtes Ehepaar seine beiden kleinen, quengelnden Söhne mit auf die Anklagebank setzte. „Das geht so leider nicht“, erklärte Richter Florian Kubin mit einer Engelsgeduld. Man einigt sich darauf, dass die Syrerin und der Libanese die Kinder abwechselnd vor dem Schwurgerichtssaal betreuen.
Dann müssen noch die Dolmetscher für Arabisch, Bulgarisch und Albanisch richtig gesetzt werden, ehe der Richter mit den Generalien der elf Angeklagten starten kann. Sie sind zwischen 25 und 53 Jahre alt. Vier haben Vorstrafen, der Großteil ist aber in einem ordentlichen Arbeitsverhältnis bzw. in einer Ausbildung. Ein Angeklagter wird aus der U-Haft vorgeführt. „Da geht es aber um ein anderes Verfahren“, klärt der Vorsitzende auf.
Fahrzeuge teilweise gar nicht begutachtet
Die Anklagepunkte lauten auf Missbrauch der Amtsgewalt, Bestechung und (schweren) Betrug. „Der ehemalige Mitarbeiter des ÖAMTC hat zwischen 2019 und 2021 für 285 Fahrzeuge Gefälligkeitsgutachten ausgestellt“, schilderte Staatsanwältin Verena Gschweitl. „Wissentlich, dass die Autos schwere Mängel hatten oder sogar Gefahr im Verzug herrschte.“ Einige Fahrzeuge seien gar nicht begutachtet worden und bekamen gleich ein „Pickerl.“
Man kann von extremem Glück sprechen, dass dadurch keine schweren Unfälle passiert sind.
Die Staatsanwältin
„Einige Fahrzeuge wurden weiterverkauft, wobei die angeklagten Verkäufer noch extra auf das positive Prüfgutachten des ÖAMTC hinwiesen“, betonte die Anklägerin. In der Mittagspause oder nach dem Dienst soll der angeklagte Ex-Mechaniker die Fahrzeuge, die in der Tiefgarage platziert wurden, begutachtet haben. „Via Chat wurde dann auf die Mängel hingewiesen. Das positive Gutachten wurde trotzdem ausgestellt.“
Extremes Glück, dass keine schweren Unfälle passierten“
„Ich möchte auch gar nicht alle Mängel aufzählen, das würde ewig dauern. Aber exemplarisch kann ich sagen, dass etwa Bremsen durchgerostet waren, feststeckten oder nicht mehr funktionierten. Man kann von extremem Glück sprechen, dass dadurch keine schweren Unfälle passiert sind“, betonte Verena Gschweitl. Damit nichts auffällt, sollen übrigens Namen von Familienangehörigen oder Bekannten mit Mitgliedschaften verwendet worden sein.
Auf Anraten des Gerichts waren dann auch plötzlich (bis auf einen) alle Angeklagten umfänglich geständig. „Es hat ja keinen Sinn zu diskutieren“, stellte ein Verteidiger klar. „Sie wussten, dass man bei dem Mechaniker schnell Termine bekommt und durchgewunken wird. Es ging halt einfach ein bisschen schneller und hat sich dann irgendwie verselbstständigt“, meint ein anderer. „Sie sehen aber ihre Taten ein.“
Mit den Urteilen wird im Laufe des Nachmittags gerechnet.
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