Am 1. Oktober startet in Tirol wieder der Vorverkauf der großen Kartenverbünde für die Saison 2025/26. Für viele Haushalte wäre eine Entlastung nötig. Doch die Politik handelt nicht!
Tirol startet bereits in die zweite Saison ohne Einheimischen-Tarife. Das ist jener Preisvorteil, der jahrzehntelang als Ausgleich für die touristische Belastungen galt. Und die Landesregierung betont seit mehr als einem Jahr, mit Hochdruck an einer Lösung zu arbeiten. Doch wo steht dieses Projekt heute – und bis wann dürfen Tirolerinnen und Tiroler mit einem Ergebnis rechnen?
Die Chronik eines offenen Versprechens
Ausgangspunkt für den Fall der Einheimischentarife war 2024 eine Klage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) gegen die Wohnsitzklauseln beim Freizeitticket. Mehrere Betreiber stellten in der Folge vergünstigte Einheimischen-Tarife ein und argumentierten mit unionsrechtlichen Gleichbehandlungsregeln – für die Bevölkerung bedeutete das spürbar höhere Kosten in Zeiten hoher Teuerung und Inflation. Seither versprachen Politik und Seilbahnbranche, rasch Abhilfe zu schaffen. Siehe dazu die Zitate der zuständigen Politiker. Ein Jahr später ist das Ergebnis für die breite Bevölkerung allerdings nicht sichtbar. Stattdessen wird häufig auf Brüssel verwiesen – Stichwort Geo-Blocking-Verordnung und deren laufende Evaluierung. Gleichzeitig wurde EU-Kommissar Apostolos Tzitzikostas anlässlich seines Tirol-Besuches diese Woche als wichtiger Ansprechpartner genannt. Doch kann eine EU-Debatte den Tirolerinnen und Tirolern kurzfristig helfen? Antwort: Nein!
EU-Recht ist schon lange keine Ausrede mehr
Unbestritten gilt im europäischen Dienstleistungsrecht der Grundsatz: keine Diskriminierung nach Nationalität oder Wohnsitz. Wohnsitzgebundene Rabatte sind daher heikel. Daraus folgt aber nicht automatisch, dass jede Form eines regionalen Vorteils ausgeschlossen ist. Entscheidend ist, wonach differenziert wird. Der zentrale Punkt lautet: Objektive, wohnortunabhängige Kriterien sind zulässig, sofern sie sachlich begründet, transparent und diskriminierungsfrei gestaltet sind. Genau hier liegt die Verantwortung der Landespolitik: ein tragfähiges, rechtssicheres Modell zu präsentieren – und zwar im eigenen Wirkungsbereich – dazu braucht es Brüssel nicht.
Vorteile an Kundenstatus statt Wohnsitz knüpfen
Bereits 2009 lag in Tirol ein Ansatz auf dem Tisch, Vorteile über regionale Energieversorger abzuwickeln: das viele zierte Montagnolli-Modell. Die Idee: Kundenkarten (physisch oder digital), mit denen Rabatte bei Freizeitpartnern – darunter auch Bergbahnen – wohnortunabhängig gewährt werden. In Deutschland läuft ein solcher Ansatz seit 25 Jahren über Stadtwerke-Karten: tausende Partner, Sofortrabatte, App und Website – ohne Wohnsitzkriterium. Der Vorteil wird an eine Kundenbeziehung geknüpft. Es handelt sich also nicht um eine akademische Lösung, sondern um ein rasch skalierbares Modell, das in anderen Regionen erprobt ist.
Gleichzeitig Akzeptanz für den Tourismus steigern
Die Akzeptanz des Tourismus ist bekanntlich ein Standortfaktor. In Tirol mehren sich Hinweise auf sinkende Zustimmung – insbesondere in Spitzenzeiten, in denen Verkehr, Wohnkosten und Umweltbelastungen besonders spürbar werden. Gerade deshalb braucht es glaubhafte „Give-back“-Mechanismen, die als Teil eines fairen Deals verstanden werden. Wohnortunabhängig gestaltete Vorteile sind ein praktikabler Hebel, sie entfalten Signalwirkung wie: „Der Tourismus nützt allen!“
Tiroler Landesregierung hat es in der Hand
Warum bis dato nichts geschehen ist, ist nicht nachvollziehbar. Es stellen sich einige Fragen. Bis wann wird dem Landtag ein umsetzungsreifer Vorschlag für eine Tiroler Gesamtlösung vorgelegt, der ohne Wohnsitzkriterium auskommt und EU-konform gestaltet ist? Warum wurde ein EVU-Modell nicht längst pilotiert? Ein 6-Monate-Pilot in zwei bis drei Regionen wäre organisatorisch machbar gewesen. Fazit: Die Uhr tickt – und Ausreden ziehen nicht mehr. Die Tirolerinnen und Tiroler stehen vor der nächsten Saison ohne das seit langem versprochene „Give-back“.
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