EU sucht Befreiung

Warum Google & Co. für Europa gefährlich sind

Innenpolitik
10.09.2025 22:00

Russlands Überfall auf die Ukraine hat Europa mit seiner Abhängigkeit vom russischen Gas konfrontiert. Donald Trumps Eskapaden offenbaren die totale Abhängigkeit von den USA – bei Verteidigung und Digitalisierung. Ein Befreiungsschlag wird einiges an Anstrengungen und Geld kosten.

„Europa ist im Sicherheitsbereich komplett abhängig von den USA gewesen, und wir sind es nach wie vor noch und versuchen auch durch massiven Einsatz von finanziellen Mitteln herauszukommen. Und das nächste Thema, was wir sehen, ist noch viel größer“, sagt Digitalisierungsstaatssekretär Alexander Pröll im Gespräch mit der „Krone“.

„Wenn die USA auf den Knopf drücken, steht alles still“
„Bei der Digitalisierung sind wir in großen Teilen Europas fast zu 100 Prozent von den USA abhängig. So verwendet etwa ein großer Teil der öffentlichen Infrastruktur Produkte aus den USA. Wenn die USA überspitzt gesagt auf den Knopf drücken, dann steht der öffentliche Verkehr still. Von dieser Abhängigkeit müssen wir uns so gut wie möglich befreien“, so Pröll.

Staatssekretär Pröll drückt aufs Tempo.
Staatssekretär Pröll drückt aufs Tempo.(Bild: BKA/Dunker)

Die Amerikaner setzen massiv auf den Ausbau von Daten- und Rechenzentren. Europa müsse nachziehen. Die Kommission hat 20 Milliarden Euro in die Hand genommen, um den Bau von insgesamt fünf sogenannten „Gigafactories“ zu fördern. Österreich bewirbt sich auch als Standort. Allerdings ist das auch eine Frage der Energieverfügbarkeit, weil diese Daten- und Rechenzentren unglaublich viel Energie brauchen. „Das heißt, wir müssen schauen, dass wir günstige Energie haben.“ Frankreich zum Beispiel will 100 Milliarden Euro in digitale Souveränität investieren. 

Atom-Boom
Strom für Rechenzentren

Die großen Tech-Konzerne wie Google, Amazon und Microsoft zeigen aktuell großes Interesse an den sogenannten Miniatomkraftwerken. Für sie ist Strom so etwas wie das neue Öl. Künstliche Intelligenz zu trainieren und zu betreiben, braucht gigantische Rechenzentren, die wiederum große Mengen an Strom verschlingen. Laut Schätzungen der US-Investmentbank Goldman Sachs könnte der Stromverbrauch von Rechenzentren in den USA von 2023 bis 2030 um das Dreifache ansteigen.

Mini-Atomkraftwerke sollen in Zukunft dabei helfen, die Rechenzentren direkt und rund um die Uhr mit emissionsfreiem Strom zu versorgen. Google beispielsweise will die kleinen, modularen Reaktoren des US-amerikanischen Unternehmens Kairo Power kaufen und 2030 den ersten Reaktor in Betrieb nehmen. Amazon wiederum investiert hunderte Millionen Dollar in mehrere Projekte in den USA, die den Ausbau der Mini-Atomkraftwerke vorantreiben. Und Microsoft will den vor fünf Jahren stillgelegten Atomreaktor in den USA, Three Mile Island, wieder hochfahren, um die Rechenzentren des Konzerns zu versorgen. Der Konzern hat dafür bereits einen 20 Jahre laufenden Stromliefervertrag abgeschlossen.

Pröll hat für den 12. September ein Treffen in Wien einberufen, zu dem auch die Digitalisierungskommissarin Henna Virkkunen und zahlreiche Digitalisierungsminister etwa aus Kroatien, Dänemark, Polen, Portugal und Slowakei kommen werden. Einige andere nehmen online an dem Treffen teil.

Digitalisierungskommissarin Henna Virkkunen
Digitalisierungskommissarin Henna Virkkunen(Bild: EPA/RONALD WITTEK)

„Wir wollen bis Jahresende eine Charta erarbeiten zum Thema digitale Souveränität, damit wir ein einheitliches europäisches Vorgehen haben.“ Ende nächsten Jahres bräuchten wir ein digitales Wallet und eine digitale Identität. „Das wäre natürlich auch eine Kampfansage Richtung Visa und Mastercard, weil auch da müssen wir unabhängiger werden. Daten sind das Gold und die Ressource der Zukunft. Deswegen ist es wichtig, wer die Daten von heute zur Verfügung stellt.“

Mischung aus eigenen Produkten und Open-Source-Technologie
Der Staatssekretär formuliert drei Abstufungen der Souveränität: „Wir entwickeln was Eigenes, sind komplett autark. Das ist aus meiner Sicht illusorisch. Das wäre eine Lüge, wenn wir sagen, das schaffen wir. Weitermachen wie bisher ist der falsche Weg. Wir sollten den Mittelweg nehmen. Wir haben unsere eigenen Rechenzentren, unsere eigenen KI-Fabriken und wir verwenden zusätzlich Open-Source-Technologien.“ In sensiblen Bereichen wie Sicherheit und Gesundheit werde Österreich eigene Produkte brauchen, für weniger sensible Daten werden wir Open-Source-Technologie verwenden können, so Pröll.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt