

Rund 600.000 sterile Tigermückenmännchen sollen dabei helfen, die Population der exotischen Insekten in der steirischen Landeshauptstadt einzudämmen. Am Dienstag wurde der erste Schwarm Mücken freigelassen. Experten und Anrainer sind zuversichtlich.
Sie stehen inmitten von Tausenden Tigermücken. Ihr Lachen verlieren der Grazer Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer (KPÖ) und die Leiterin des Grazer Gesundheitsamts Eva Winter dennoch nicht. Ganz im Gegenteil: Die Stimmung hebt sich noch mehr. Denn die 126.000 am Dienstag im Grazer Heimgarten Schönau freigelassenen Insektenmännchen können nur Gutes verrichten.
Im Laufe der kommenden sechs Wochen werden hier insgesamt mehr als 600.000 dieser bearbeiteten Tierchen in der Gartensiedlung ausgesetzt. Dabei handelt es sich nur um männliche Insekten, die zuvor von Forschern der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) in einem Labor im niederösterreichischen Seibersdorf unfruchtbar gemacht wurden. „Zuerst trennen wir die männlichen von den größeren, weiblichen Puppen. Danach kommen die Männchen in einen Kälteraum und anschließend in ein Röntgengerät, in dem sie bestrahlt werden – das macht sie unfruchtbar“, erklärt Hanano Yamada von der IAEA.
Population wird massiv verkleinert
Das Projekt ist ein weiterer Versuch, die Population der exotischen Tigermücke, die erstmals im Jahr 2020 in der steirischen Landeshauptstadt registriert wurde, einzudämmen und zu reduzieren. Die sterilen Männchen können sich zwar weiterhin fortpflanzen, es kommt allerdings zu keiner Reproduktion – die Eier des Weibchens bleiben durch die Sterilisation unbefruchtet. „Derartige Projekte in Spanien oder Portugal zeigen, dass eine 70- bis 80-prozentige Reduktion der Mückenpopulation realistisch ist. Das wäre auch in Graz ein gutes Ergebnis“, sagt Yamada.
Verschwinden wird der exotische Eindringling dennoch nicht vollständig: „Die Bevölkerung darf sich jetzt nicht zurücklehnen. Die Tigermücke ist gekommen, um zu bleiben. Wichtig ist darum, weiterhin Regentonnen mit einem feinmaschigen Netz abzudecken und offene Wasserstellen zu vermeiden“, gibt Erwin Wieser, Leiter des Strategischen Infektionsschutzes in Graz, zu bedenken. Die Freilassung Hunderttausender Tiere ist aber kein Problem für den Menschen, denn im Gegensatz zu den Weibchen können Männchen nicht stechen.
Die Aktion ist ein österreichweites Pilotprojekt: „Wir kämpfen seit einigen Jahren gezielt gegen die Tigermücke. Im vergangenen Jahr sind wir mit unseren Methoden angestanden, darum versuchen wir nun etwas ganz Neues“, erklärt Winter. Insgesamt gibt es für das Projekt in diesem Jahr zwei Beobachtungsgebiete in Graz.
Eier sind extrem resistent
Das Gebiet rund um den Heimgarten Schönau umfasst etwa 15 Hektar: Hierwerden die sterilisierten Mücken freigelassen. Sie sollen den fruchtbaren Tigermückenmännchen die Weibchen „wegschnappen“ und so eine neue Generation an Insekten verhindern. Das zweite Beobachtungsgebiet ist im Westen von Graz. Dort wird jedoch lediglich der vorhandene Mückenstamm untersucht. Dadurch kann ein Vergleich gezogen werden, wie sich die Populationen mit und ohne der SIT-Methode – Sterile-Insekten-Technik – entwickeln.
Die Gartenbesitzer im Heimgarten Schönau freuen sich über den Start des Projekts: „Wir leiden massiv unter den Tigermücken. Da die Tiere am Tag aktiv sind, können wir nicht mehr in Ruhe im Garten arbeiten oder entspannen“, sagt Gertrude Miculics, Obfrau des Heimgartenvereins. Dass die Anzahl der Plagegeister steigt, bestätigen auch die Experten. Yamada erklärt: „Ein Weibchen kann jeweils drei Tage nach einer Blutmahlzeit Eier ablegen. Dabei muss sie aber nur ein einziges Mal in ihrem Leben befruchtet werden, denn die Spermien reichen für eine Vielzahl von Eiproduktionen aus.“ Das Heimtückische daran: Die Eier können rund zweieinhalb Jahre im Trockenen überleben, auch bei Kälte.
Die Asiatische Tigermücke ist ursprünglich in den Tropen zu Hause, verbreitet sich aber aufgrund der Klimaerwärmung auch in Europa rasant. Sie kann über 20 verschiedene Krankheitserreger – darunter Dengue-, Zika- oder Chikungunya-Viren – übertragen.
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