Amok-Horror in Graz

Lehrer, Schulwart und Polizisten retteten Leben

Steiermark
12.06.2025 06:00

Schüler werden von Psychologen in der Grazer List-Halle betreut. Man fällt einander in die Arme, trauert gemeinsam. Am Tag des schrecklichen Amoklaufs handelten viele schnell – und wurden so zu Helden.

Es sind ratlose, suchende Blicke, mit denen die Schülerinnen und Schüler des Grazer Oberstufengymnasiums Dreierschützengasse am Tag nach der Bluttat zum Ausweichquartier in der List-Halle gehen. Viele werden von ihren Eltern begleitet, die ihnen den Rücken stärken wollen. Doch spätestens, wenn die Burschen und Mädchen ihre Klassenkollegen und Lehrer erblicken und sich in die Arme fallen, fließen Tränen.

„Weiß nicht, wie ich Tag überstehen soll“
Trauer und Schmerz sind allen ins Gesicht geschrieben. Einige haben Kerzen und Blumen mitgebracht, um der Opfer zu gedenken – doch nicht alle haben die Kraft, diese auch an der Gedenkstätte vor der Schule niederzulegen. „Ich weiß nicht, wie ich den Tag überstehen soll“, sagt eine Lehrerin, die sich kurz von den Kindern weggedreht hat. Dann nimmt sie ihren ganzen Mut zusammen, wischt die Tränen ab und geht zurück zu ihren Schülern.

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Wir versuchen uns einfach von Tag zu Tag irgendwie drüberzuhanteln.

Die Mutter eines Kindes

Unweigerlich stellt man sich die Frage, wie diese jungen Seelen das Unfassbare verarbeiten sollen. „Wir versuchen uns einfach von Tag zu Tag irgendwie drüberzuhanteln“, erzählt die Mutter eines Kindes der „Krone“. Viel zu viele ihrer Klassenkolleginnen und -kollegen, ihrer Freundinnen und Freunde wird es aber nie mehr wiedersehen.

Viele Grazerinnen und Grazer kommen zur Schule und hinterlegen Blumen und zünden Kerzen an in ...
Viele Grazerinnen und Grazer kommen zur Schule und hinterlegen Blumen und zünden Kerzen an in Gedenken an die Opfer.(Bild: EXPA/ PIXSELL/ Matija Habljak)

„Wir versuchen das, so gut es geht, aufzuarbeiten“
„Wir versuchen das Geschehene, so gut es geht, mit Gesprächen aufzuarbeiten und nehmen natürlich auch psychologische Hilfe in Anspruch. Ich habe aber einfach ein unfassbares Glück, mein Kind noch in den Arm nehmen zu können“, ist die Grazerin unendlich dankbar. Hervorstreichen möchte sie auch die professionelle Abwicklung und die Betreuung durch die Schuldirektion sowie auch durch das Grazer KIT-Team.

Zahlreiche dieser Mitarbeiter in der Akutbetreuung haben sich vor dem Eingang des Gymnasiums versammelt, um den Betroffenen zur Seite zu stehen, ihnen Taschentücher zu reichen, zuzuhören, gemeinsam Kerzen anzuzünden. Hinter einer Sichtschutz-Plane stehen Bänke, auf denen Schüler sitzen. Sie umarmen einander, brechen immer wieder in Tränen aus, wenn sie über die schrecklichen Erlebnisse erzählen. Viele waren Freunde der jungen Opfer.

Auch viele Briefe, Zeichnungen und Stofftiere werden vor Ort als Zeichen der Trauer und des ...
Auch viele Briefe, Zeichnungen und Stofftiere werden vor Ort als Zeichen der Trauer und des Mitgefühls hinterlegt.(Bild: Jauschowetz Christian)

Schulpersonal handelte vorbildlich
„Eine Freundin von mir hat die dramatischen Ereignisse in der Schule miterlebt, ist traumatisiert von dem Ganzen. Das ist, wie wenn man einen Film sieht, einfach schrecklich. Das begleitet dich dein ganzes Leben“, erzählt die 19-jährige Laura der „Krone“, die in der Nähe des Gymnasiums wohnt. Ihre Freundin kannte den Täter, er war ein Jahr lang mit ihr in der Klasse, hat dann die Schule dann abgebrochen. „Ich hab noch immer Gänsehaut am ganzen Körper. Dass das bei uns in Graz passiert ist, ist einfach unvorstellbar.“

Laura ist noch immer schockiert von den Ereignissen.
Laura ist noch immer schockiert von den Ereignissen.(Bild: Jauschowetz Christian)
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Das ist, wie wenn man einen Film sieht, einfach schrecklich. Das begleitet dich dein ganzes Leben.

Laura (19)

Ja, es ist einfach unvorstellbar, was an jenem sonnigen Dienstagvormittag um 10 Uhr in der Stadt an der Mur passiert ist. Immer mehr Details vom Amoklauf sickern durch, der noch weit mehr Opfer fordern hätte können, wenn Schul-Verantwortliche und Einsatzkräfte nicht so rasch reagiert hätten! Als die ersten Schüsse fielen, die viele noch für Böller hielten, erkannte der Schulwart des BORG den Ernst der Lage. Er riss die Türen der Klassenzimmer auf, schrie „Raus, raus!“ und brachte die Jugendlichen, so schnell es ging, in den Schulhof. Dort versteckten sich die panischen Mädchen und Buben vor dem Täter.

Ernstfall nach mehreren Bombendrohungen geübt
Auch die Pädagogen handelten vorbildlich, lotsten die Schüler aus dem Gebäude oder wiesen sie an, sich in den Klassenzimmern zu verbarrikadieren und flach auf den Boden zu legen. Geübt hatte man den Ernstfall, nachdem es in letzter Zeit mehrmals Bombendrohungen gegeben hatte. Binnen weniger Minuten übernahm dann die Cobra, deren schnelles Eingreifen wohl weitere Menschenleben rettete. 

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