Wegen "Sklaverei"

USA: Behinderte Arbeiter erhalten 240 Millionen Dollar

Ausland
02.05.2013 16:08
Wegen jahrelanger Ausbeutung am Arbeitsplatz hat ein US-Gericht 32 geistig Behinderten je 7,5 Millionen Dollar (rund 5,7 Millionen Euro) zugesprochen. Die Männer arbeiteten in einer Fleischverarbeitungsfabrik im US-Bundesstaat Iowa. Nicht genug, dass der Besitzer ihnen lediglich einen Stundenlohn von 41 Cent zahlte, brachte er sie zudem in einer von Nagetieren befallenen und verschimmelten alten Baracke (Bild) unter. Ein Behindertenvertreter bezeichnete die Praktiken des Unternehmers schlichtweg als "Sklaverei".

Die US-Bundesbehörde gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz (EEOC) hatte Kenneth Henry, den Besitzer von Henry's Turkey Service, geklagt. Er habe die Arbeiter in seinem Betrieb im Ort Atalissa "wie Eigentum behandelt", sagte EEOC-Anwalt Robert Canino nach der Verkündung des 240-Millionen-Dollar-Urteils in Iowa City der Tageszeitung "USA Today". Canino zufolge sei es das höchste Urteil in der Geschichte der Bundesbehörde, wie er gegenüber der Lokalzeitung "Quad City Times" am Donnerstag erklärte.

Männer jahrelang ohne medizinische Versorgung
Vor Gericht habe die Öffentlichkeit, vertreten durch die Geschworenen, "zum ersten Mal nicht nur die ganze Geschichte dieser Männer zu hören bekommen, sondern auch die Tiefe ihres Leids erfahren dürfen", sagte der Jurist. Das Fleisch verarbeitende Unternehmen verwehrte den Mitarbeitern Behinderten-Dienste, die Krankenversicherung und auch den Zugang zur regierungsfinanzierten medizinischen Hilfe Medicaid. Viele der Betroffenen seien daher jahrelang nicht beim Arzt oder Zahnarzt gewesen.

Unternehmer bestreitet Großteil der Vorwürfe
Der heute 72-jährige Henry bestätigte vor Gericht, über einen Zeitraum von mehr als 40 Jahren rund 1.500 behinderte Männer zum Arbeiten von seiner Firmenzentrale in Texas in seine Betriebe in verschiedenen Bundesstaaten vermittelt zu haben, berichtete "USA Today". In Atalissa in Iowa wurde der Betrieb schließlich 2009 eingestellt, nachdem Aufsichtsbehörden den Zustand innerhalb der Schlafbaracke bemängelt und festgestellt hatten, dass dem Unternehmen eine Lizenz zur Betreuung behinderter Erwachsener fehlte. Henry bestreitet allerdings nach wie vor einen Großteil der Vorwürfe und kündigte nach der Urteilsverkündung umgehend an, Berufung einzulegen.

Behindertenvertreter: "Es hätte niemals geschehen dürfen"
Das Urteil sende ein Signal an Unternehmen, die behinderte Menschen ausnützen, freute sich indessen Michael McAleer, Präsident des Handicapped Development Center in Davenport, über das richtungsweisende Urteil: "Sie werden nicht damit davonkommen." Henrys Umgang mit seinen behinderten Mitarbeitern bezeichnete McAleer zugleich als "Sklaverei". "Es hätte niemals geschehen dürfen", so der Behindertenvertreter, "es geschieht nur, wenn die Leute in die andere Richtung schauen oder sich dazu entscheiden, es zu ignorieren."

Obwohl das Arbeitslager für behinderte Männer in Atalissa mehrere Jahrzehnte lang in Betrieb war, konnte letztlich nur für 32 behinderte Männer Schadenersatz eingeklagt werden. Aufgrund der Bundesgesetze war der für eine Klage zu berücksichtigende Zeitraum auf die letzten beiden Jahre, in denen der betroffene Betrieb operativ tätig war, eingeschränkt.

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