"Ich kann nicht mehr"

Rathgeber bricht in Tränen aus – und beteuert Unschuld

Österreich
21.02.2013 17:46
Die Befragung von Monika Rathgeber vor dem U-Ausschuss zur Klärung der Salzburger Finanzskandals ist am Donnerstag ausgesprochen emotional verlaufen. Am Vormittag erklärte die entlassene Referatsleiterin sehr ausführlich, dass sie keine Geschäfte im Alleingang oder heimlich getätigt und nie ein Schattenportfolio angelegt habe. Zu Mittag musste die Befragung dann zwischenzeitlich unterbrochen worden, weil die 41-Jährige in Tränen ausbrach und nicht mehr weitersprechen konnte.

"Ich kann nicht mehr", sagte Rathgeber laut einem Bericht der "Salzburger Nachrichten" und weinte minutenlang, als sie über den Entzug ihrer Kompetenzen berichten sollte. Ausschussvorsitzende Astrid Rössler unterbrach daraufhin die Befragung. Gegen 14 Uhr wurde die Beweisführung dann bis 17 Uhr fortgesetzt.

Rathgeber "würde heute wieder so handeln"
Bei ihrer Aussage hatte die 41-Jährige zuvor immer wieder ihre Unschuld beteuert. Sie räumte aber ein, Weisungen nicht befolgt zu haben, weil diese dem Land Schaden zugefügt hätten. "Ich würde heute wieder so handeln", sagte Rathgeber.

Sie gab zu, 253 Geschäfte nicht gemeldet zu haben. "Es gab keine Verpflichtung dazu, weil die Geschäfte nicht für das Land, sondern für die Fonds abgeschlossen wurden", so die 41-Jährige. Sie wich damit nicht von ihrer Überzeugung ab, Geschäfte mit Schulden und Vermögen im Landeswohnbaufonds und im Versorgungs- und Unterstützungsfonds seien keine Geschäfte für das Land gewesen.

Rathgeber betonte, es hätten alle gewusst, dass es Veranlagungen gab, die nicht Bestandteil des Finanzberichts waren. Aus Kostengründen habe der Finanzbeirat etwa bewusst entschieden, kurzfristige Devisentermingeschäfte mit Laufzeiten von bis zu einem Jahr nicht in den Bericht aufzunehmen.

Die 41-Jährige widersprach mehrmals den Angaben aus dem Bericht der Finanzabteilung vom 16. Jänner, der den Finanzstatus des Landes per Jahresende 2012 wiedergab. Man habe Schulden des Landeswohnbaufonds mit jenen des Landes vermengt, Zahlen falsch zugeordnet und den Bürgern insgesamt ein falsches Bild der Finanzlage geliefert. "Diese Form der Darstellung schadet dem Land. Ich mache mir Sorgen", sagte sie.

"Keine heimlichen Portfolios oder Depots"
Danach wiederholte sie ihre Aussagen, dass sämtliche Geschäfte transparent abgewickelt worden seien: "Es hat keine heimlichen Portfolios oder Depots gegeben. Auch die Vorgesetzten waren stets eingebunden, ich habe nie mit Banken alleine Gespräche geführt, sondern den Informationsfluss mit Kollegen geteilt." Sie verwahre sich dagegen, das Vier-Augen-Prinzip verletzt zu haben.

Sehr ausführlich ging Rathgeber auf die historische Entwicklung des Finanzmanagements des Landes ein: 2001 habe die Bundesfinanzierungsagentur von sich aus den Ländern nahegelegt, Anleihen durch Swaps von einer fixen auf eine variable Verzinsung zu drehen. So habe der damalige Finanzreferent Wolfgang Eisl eine Euro-Anleihe mit einem Swap in Yen optimiert, dadurch sei der Zinssatz von 5,45 auf 0,02 Prozent reduziert worden. "Das Geschäft war so gut, dass wir es schon nach zwei Jahren mit Gewinn geschlossen haben."

Geschäfte mit Banken ab 2002
Anfangs habe man Geschäfte bewusst nur mit der Bundesfinanzierungsagentur abgewickelt, danach hätten sich die Mitarbeiter der Finanzabteilung aber in Schulungen weitergebildet und ab 2002 auch Geschäfte mit Banken abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt seien dann auch die Vollmachten ausgestellt worden, weil es für die Banken wichtig gewesen sei zu wissen, was der jeweilige Vertragspartner dürfe.

Ab 2005 sei dann auch der Landtag mit diesen Geschäften befasst worden, weil in jedem Voranschlag die aus dem Finanzmanagement zu erzielenden Erträge abgebildet gewesen seien - jährlich zwölf bis 17 Millionen Euro. "Der Landtag hat die Verantwortung auf die Regierung übertragen", so Rathgeber. 2007 habe dann der damalige Ressortchef Othmar Raus die Richtlinie erlassen, "dass nicht mit Landesgeld spekuliert werden darf, sondern nur mit Geldern aus der Reserve".

Diese Reserve sei Jahr für Jahr ausgebaut worden und habe vor der Finanzkrise 2008 rund 500 Millionen Euro betragen. Heute seien immer noch rund 270 Millionen Euro an Reserven vorhanden. "Wir haben nie mit Steuergeld spekuliert", stellte Rathgeber klar.

Rathgeber: "Brenner bekam Panik"
Die Zeit der Krise im Jahr 2008 bezeichnete die entlassene Referatsleiterin als "furchtbar": Risiken für Einzelgeschäfte, die zuvor beispielsweise bei einer Million Euro gelegen seien, seien sprunghaft auf 30 Millionen gestiegen. "Das war vorher undenkbar." Ressortchef David Brenner habe plötzlich die Panik bekommen und alle Positionen schließen wollen. "Wir wollten zwar die Risiken reduzieren, aber nicht alles in Panik auflösen."

Wie schon vor dem Arbeitsgericht Anfang Februar bestätigte Rathgeber vor dem Ausschuss, Unterschriften ihres Mitarbeiters kopiert zu haben - "dabei hat es sich aber nicht um Verträge, sondern nur um Bestätigungen gehandelt" -, sie leugnete auch nicht, im Zuge einer Prüfung durch den Rechnungshof Protokolle des Finanzbeirats abgeändert zu haben. Allerdings erst, als sie eine Aussage von Abteilungsleiter Eduard Paulus als entsprechende Aufforderung dazu verstanden habe. "Ich habe ihn und meinen Mitarbeiter über die Änderungen auch informiert."

"Ich habe geweint und gefleht"
Immer wieder brach Rathgeber bei der Befragung in Tränen aus: Etwa als sie von ihrem Gespräch mit Landeshauptfrau Gabi Burgstaller am 27. September 2012 berichtete, in dem sie sich gegen den Entzug ihrer Kompetenzen beschwerte. Vor allem aber, wie sie sich im Juli 2012 zum zweiten Mal mit einer Entscheidung des Finanzbeirats konfrontiert sah, der damals zunehmend Handlungsvorschläge machte, die sie nicht mittragen wollte. "Ich habe gefleht und geheult in dem Gremium, es war sehr emotional. Ich war traurig."

Der Finanzbeirat hätte nur eine Woche warten müssen, dann hätte man das Geschäft ausgeglichen abschließen können. "Aber sie wollten es auf die Stunde auflösen, ich habe das nicht verstanden." Letztlich sei dadurch ein Verlust entstanden. "Ich sagte, sie sollen doch mich bestrafen, aber nicht das Land schädigen."

Telefon und Computer gesperrt, Handy abgenommen
Als sie das betreffende Geschäft hinter dem Rücken der Abteilungsleitung rückgängig machte, ist dann genau das passiert. Ihr wurden alle Kompetenzen entzogen, Festnetztelefon und Computer gesperrt sowie das Diensthandy abgenommen, sie selbst wurde auf Urlaub geschickt.

Zur Aussage von Brenner, das Land Salzburg habe nie einen einzigen Cent an Steuergeld verspekuliert, meinte sie: "Das ist Interpretationssache. Was bei der Finanzkrise 2008 an Eigenmitteln eingesetzt worden ist, ist in den Vorjahren schon verdient worden." Die Verluste seien damals nicht im Haushalt ersichtlich gewesen, sondern wurden erst über die nächsten Jahre abgebaut. "Das haben Abteilungsleiter und Ressortchef gemeinsam entschieden." Ab 2009 habe sich die Marktlage stabilisiert. 2011 waren die realisierten Verluste wieder hereingebracht.

Unterschiedliche Reaktionen aus den Parteien
Das Resümee der einzelnen Fraktionen nach Rathgebers Befragung fiel recht unterschiedlich aus. SPÖ-Klubchef Roland Meisl erklärte nach dem Ende der Sitzung, er habe den Eindruck, "dass Monika Rathgeber in einer eigenen Welt, einer Finanzwelt, lebt, die für mich nicht vereinbar mit der Sorgfaltspflicht von Gebietskörperschaften ist". Die ÖVP meinte, der inzwischen zurückgetretene SP-Finanzreferent Brenner sei laut Aussagen Rathgebers "jedenfalls seit dem Jahr 2008 über die risikoreichen Geschäfte des Landes und über die vor allem in der Zeit der Wirtschaftskrise eingetretenen Verluste voll informiert" gewesen. FPÖ-Landtagsabgeordneter Friedrich Wiedermann bilanzierte, für ihn sei auch die ÖVP spätestens seit September 2012 informiert gewesen.

Und die grüne Ausschussvorsitzende Rössler bewertete die Aussage Rathgebers, wonach die Spekulationsgeschäfte mit Wissen der ganzen Finanzabteilung abgeschlossen wurden, als "sehr schlüssig und äußerst glaubwürdig". Es sei allgemein bekannt gewesen, dass in der Finanzabteilung kräftig spekuliert wurde. Es sei "systematisch und mit Wissen beider Regierungspartner ein Teil des Landeshaushaltes der Öffentlichkeit vorenthalten und für Spekulationszwecke aufgewendet" worden.

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