Druck zu groß
Plagiatsaffäre: Deutsche Ministerin Schavan tritt zurück
Merkel hatte sich nach der Aberkennung von Schavans Doktortitel durch die Universität Düsseldorf (siehe Infobox) zunächst nicht klar zur politischen Zukunft ihrer Vertrauten Schavan geäußert. Das war vielerorts bereits als Zeichen einer Abkehr gedeutet worden. Nach Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel am Freitag hatte sie lediglich ein Gespräch mit Schavan angekündigt.
Die Ministerin, die alle Plagiatsvorwürfe bestreitet und Klage gegen den Universitätsbeschluss angekündigt hat, war erst am Freitagabend von einer Dienstreise aus Südafrika zurückgekehrt. Bei ihrer Ankunft wurde sie von einer Fotografen-Meute empfangen. Schavan hielt sich in ihrem Dienstwagen eine Jacke über den Kopf, um sich vor dem Blitzlichtgewitter zu schützen.
Schavan: "Das Amt darf nicht beschädigt werden"
Nach der Unterredung mit Merkel im Kanzleramt sagte Schavan einmal mehr, sie habe weder abgeschrieben noch getäuscht. "Die Vorwürfe treffen mich tief", so die CDU-Politikerin. Sie wolle mit ihrem Rücktritt Belastungen für das Amt und die Bundesregierung vermeiden. "Das Amt darf nicht beschädigt werden", sagte Schavan am Samstag. Sie wolle sich nun auf ihr Bundestagsmandat konzentrieren.
Merkel bedauerte den Abgang Schavans. Mit ihr verlasse "eine der anerkanntesten und profiliertesten Bildungs- und Forschungspolitikerinnen des Landes" die Regierung. "Bildung und Wissenschaft verdanken ihr viel", so die Kanzlerin weiter. Schavans designierte Nachfolgerin Wanka bringe als promovierte Mathematikerin und langjährige Wissenschaftsministerin in Brandenburg und Niedersachsen "beste Voraussetzungen" mit, betonte Merkel. Bundespräsident Joachim Gauck soll die 61-Jährige am Donnerstag offiziell zur Ministerin ernennen.
Auch Politiker anderer Parteien zollten Schavan am Samstag Anerkennung. FDP-Chef Philipp Rösler erklärte, seine Partei habe "großen Respekt" vor Schavans Entscheidung. "Ihre Leistungsbilanz bleibt unbestritten." SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte Schavan eine "hochanständige und kompetente Kollegin, um die es mir außerordentlich leidtut". Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin erklärte, er nehme den Rücktritt "mit Respekt" zur Kenntnis. Die Forschungssprecherin der Linken, Petra Sitte, würdigte Schavans "Offenheit für den Dialog".
Streitfall "Person und Gewissen"
Schavan hatte 1980 ihr Studium mit der Dissertation "Person und Gewissen – Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung" abgeschlossen. In dieser gebe es laut dem Dekan der Uni Düsseldorf eine "irreführende Übernahme fremder Texte", also Plagiate, "in bedeutendem Umfang". Der Rat erklärte die Promotion für ungültig und entzog Schavan den Doktor-Grad.
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