Claus Pándi analysiert für die „Krone“ den Auftritt von Herbert Kickl beim FPÖ-Neujahrstreffen in der Schwarzlhalle.
Schauen wir den Tatsachen ins Auge: Keiner bedient die Wut so gut wie Herbert Kickl. Keiner ist derzeit so auf Augenhöhe mit seiner Wählerschaft wie Herbert Kickl. Keiner bricht mit den Regeln der österreichischen Gemütlichkeit derart konsequent wie Herbert Kickl.
Herbert Kickl fliegen keine Herzen zu. Kickl sammelt die Zornigen ein.
Seit drei Jahrzehnten hat sich Herbert Kickl in verschiedenen Funktionen bei den Freiheitlichen auf seine Rache für die vielen Kränkungen des Lebens auf seinen großen Moment vorbereiten können. Die politisch Korrekten benützt er als Treppe zum Triumph. Die jubelnden Anhänger geben dem eine Ewigkeit versteckt im Verborgenen vor sich hin werkenden FPÖ-Chef Kraft. Diese Energie war beim Neujahrstreffen der Freiheitlichen zu spüren. Gruselig für die einen. Beflügelnd für die anderen.
Kickls Rede in der Schwarzlhalle war ein Exzess des Spotts. Die bekannten Schmähungen treffen den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler, den SPÖ-Chef, den Außenminister, den Gesundheitsminister, die Menschenrechte. Alles, was nicht in Kickls Bild seiner anderen Republik passt, wird herabgewürdigt. Respekt vor den liebgewonnenen Besonderheiten des Landes ist für Kickl eine Schwäche. Je mehr Kickl wütet, umso größer wird die Begeisterung seiner Fans.
Kickl verwandelt das Unglück der Weltlage in sein persönliches Glück. Den Mühlstein von Ibiza konnte er durch ein Kunststück versenken. Sein Vorgänger Strache ist von der Bühne verschwunden. Vergessen wie nie dagewesen.
Bundeskanzler Karl Nehammer hat weniger Glück. Nehammer hat es auf der Suche nach der Mitte mit der Wirklichkeit, mit den Staatsnotwendigkeiten zu tun - und mit der jüngeren Vergangenheit seiner Partei. Repräsentiert durch Sebastian Kurz und Wolfgang Sobotka, die unverdrossen das Licht der Öffentlichkeit suchen.
Keine Fortune hat auch Andreas Babler. Gusenbauer und die Wiener Schrebergärten lasten schwer wie Blei am SPÖ-Chef, der vor allem einer ominösen Gruppe gefallen will, die sich „unsere Leute“ nennt. Das wird nicht reichen.
Und die anderen? Die NEOS? Die Grünen? Sie fallen nicht wirklich ins Gewicht.
Hat Kickl deshalb schon gewonnen? Kann Zorn allein wirklich alles sein?
Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre, seit der Finanzkrise, der Pandemie und den Kriegen sollte keiner Voraussagen machen, die über drei Monate hinausgehen.
Vielleicht findet Nehammer noch auf einen stabilen Weg.
Möglicherweise erkennt Babler, dass er nicht nur seinen Wegbegleitern gefallen muss.
Unter Umständen taucht auch noch eine ganz andere politische Kraft auf.
Kickl ist unbestritten in der Form seines Lebens. Und schon kommt das frisch erwachte Selbstbewusstsein der Kameradinnen und Kameraden hinter ihm zum Vorschein. Das hat den Freiheitlichen noch nie gutgetan.
Klar ist jetzt daher nur: Österreich geht ungewissen Zeiten entgegen.
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