"Österreich-Rede"

Spindelegger: “Jeder kann ein Mateschitz werden”

Österreich
14.05.2012 11:53
Rund ein Jahr nach seiner Kür zum ÖVP-Chef hat Michael Spindelegger am Montag seine erste Vorwahlkampf-Rede gehalten. Mit der "Österreich-Rede" legte er dar, wohin die Reise der ÖVP mittel- und langfristig gehen soll. Gleich zu Beginn gab er seiner Partei zehn Gebote vor: Ehrlichkeit, Anstand, Vertrauen, Respekt, Verantwortung, Tatkraft, Fleiß, Offenheit, Zusammenhalt und Freiheit. "Jeder in diesem Land kann ein Mateschitz werden!", versprühte er Optimismus. Aufhorchen ließ Spindelegger vor allem mit seinem Vorschlag für ein Boni-System für AMS-Berater.

"Zukunft aus Tradition" war das Motto der für 10 Uhr angekündigten Ansprache, die mit nobler Verspätung um 10.15 Uhr begann. Eingegeigt wurde der Auftritt des VP-Chefs im Großen Redoutensaal der Wiener Hofburg mit einer Balletteinlage zu den Klängen von Tschaikowskys "Dornröschen Walzer". Begleitet wurde der Vizekanzler bei seinem Einzug vom schwarzen Regierungsteam, den Landesparteiobleuten, den Chefs der VP-Teilorganisationen und Abgeordneten.

Leitgeb: "Grundsolider Spieler"
Vor Spindeleggers großem Auftritt durfte noch sein ehemaliger Mitschüler und Lebensfreund Ronnie Leitgeb Anekdoten über den "Menschen Michael Spindelegger" zum Besten geben. Leitgeb beschrieb ihn als grundsoliden Grundlinienspieler. "Leistung muss etwas wert sein", sage er stets zu seinen Spielern, so der Sport-Manager, und machte damit den Platz am Rednerpult für "Kapitän" Spindelegger frei.

Dieser begann seine rund einstündige "Österreich-Rede" damit zu betonen, wie wichtig es gerade in turbulenten Zeiten sei, sich auf ein "Fundament aus Werten" verlassen zu können. Werte, "die uns unsere Eltern gelehrt haben", sagte der Vizekanzler vor 1.200 Gästen, unter denen auch sein 93-jähriger Vater war.

"VP-Krise wegen ein paar Korruptionisten"
Dann ging Spindelegger auf die aktuelle Korruptionsdebatte ein. Österreich habe sich in den letzten Monaten hauptsächlich mit seiner "Vergangenheitsbewältigung" beschäftigt, "die mit dem Wert Ehrlichkeit nichts zu tun hat". Er könne die Vergangenheit nicht ändern, aber er wolle dafür sorgen, dass das in Zukunft nicht mehr passiere, so Spindelegger mit Verweis auf den Verhaltenskodex der ÖVP. Der VP-Chef sprach von einer "Krise, in die ein paar Korruptionisten" die Volkspartei gestürzt hätten.

Die Menschen hätten das Vertrauen in die Politik verloren, und das sei der "Nährboden" für "Populisten" wie FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und "Politclowns wie die Piraten", so Spindelegger weiter. Die Antwort auf diese Politikverdrossenheit sei mehr Mitbestimmung und mehr Demokratie, warb er für das Demokratiepaket seiner Partei. Ein Seitenhieb auf Bundeskanzler Werner Faymann durfte dabei nicht fehlen: "Drei Wochen hat es gedauert, jetzt ist der Werner Faymann auch für die Demokratiereform", verwies er auf Faymanns jüngste Aussagen in der "Krone" (siehe Infobox).

Boni-Anreize für AMS-Berater
Nach einem Bekenntnis zu EU und zur Unterstützung des krisengeschüttelten Griechenlands, der Notwendigkeit einer Wachstumsstrategie für Europa und der Einrichtung eines Fonds für Jungunternehmer, ließ der VP-Chef dann mit seiner Kritik am AMS aufhorchen. Dieses würde nicht immer so funktionieren, wie man sich das vorstelle. Dort werde Arbeitslosigkeit oft nur "verwaltet". Teure Kurse würden nicht weiterqualifizieren, sondern nur "die Zahlen kaschieren". Das müsse sich ändern, verlangte Spindelegger und schlug Anreize für AMS-Berater vor. Er könne sich ein Boni-System für AMS-Mitarbeiter vorstellen, die Klienten einen dauerhaften Job vermitteln.

"Jeder kann ein Mateschitz sein"
Nicht zuletzt wollte Spindelegger mit seiner Rede seiner ÖVP und auch der österreichischen Bevölkerung Hoffnung machen. Der VP-Chef forderte wieder mehr Eigenverantwortung. "Jeder in diesem Land kann ein Mateschitz werden!", versprühte er in seiner Rede Optimismus, "wir müssen nur den Menschen dazu die Flügeln verleihen."

Auch die Zukunft der Bildung betreffend hatte Spindelegger klare Worte parat: "Ein guter Lehrer kann aus einem Schüler einen Einstein machen", ist er überzeugt. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Bildungsreform seien gute Lehrer, die auch Leistung einforderten. "Eine reine Kuschelpädagogik wird uns insgesamt nicht weiterbringen." Zu viele Jugendliche könnten nach neun Jahren Schule weder sinnerfassend lesen noch ausreichend rechnen, bedauerte Spindelegger. Man müsse den Lehrern Ressourcen und Respekt geben, die Besten sollten einen Bonus bekommen.

"SPÖ ist zukunftsängstlich"
Spindelegger versuchte weiters, sich in seiner Rede vom Koalitionspartner SPÖ abzugrenzen. So erteilte er etwa erneut einer Gesamtschule und einer Erbschaftssteuer eine Absage. Die SPÖ sei "zukunftsängstlich" und fühle sich geradezu "von der Zukunft bedroht". In Richtung SPÖ meinte er zudem, man dürfe den Menschen nicht einreden, dass sie sich nur zurücklehnen und auf "Geschenke des Staates" zu warten brauchen. Denn die Rechnung zahle am Schluss der "Beschenkte" selbst.

Auch Opposition mit Kritik bedacht
Spindelegger teilte aber nicht nur in Richtung Koalitionspartner aus: Die FPÖ sei eine "zukunftsverweigernde Partei", sie wolle "das Rad der Zeit ständig zurückdrehen, Mauern um Österreich bauen". Die Grünen lebten in einer "Scheinwelt der Gutmenschen" und das BZÖ habe die Zukunft schon hinter sich. Die ÖVP hingegen sei "zukunftsbejahend", man wolle die Zukunft auf Basis der Werte gestalten.

Einer dieser von der ÖVP vielbeschworenen Werte ist Leistung. Nicht zufällig hatte Spindeleggers Freund Leitgeb mit der Forderung "Leistung muss etwas wert sein" das Mikrofon an den VP-Chef übergeben. Spindelegger beklagte dann auch einmal mehr, dass Österreich ein Hochsteuerland sei. Viele hätten das Gefühl, dass sich Leistung nicht mehr auszahle. "Wir brauchen eine Steuerdiät in Österreich", forderte der Vizekanzler.

Was wird von der Rede übrig bleiben?
Die ÖVP hofft wohl, mit der Chef-Ansprache aus dem Umfragetief, in dem sie schon seit Langem steckt, herauszukommen. Die Inszenierung erinnerte an die Rede zur Lage der Nation von Spindeleggers Vorgänger Josef Pröll. Auch dieser hatte sich rund ein Jahr nach seinem Amtsantritt an die Nation gewandt und mit seiner Ansprache im Oktober 2009 vor allem mit der Idee eines "Transferkontos" wochenlang die Innenpolitik diktiert. Ob von Spindeleggers "Österreich-Rede" mehr übrig bleiben wird als Vorwahlkampf-Ansagen, ist derzeit noch offen.

Neben der Ansprache hat die Volkspartei am Montag auch eine Zwischenkampagne mit Plakaten und Inseraten gestartet: "Verantwortung", "Fleiß", "Tatkraft", "Vertrauen", "Zusammenhalt" und "Offenheit" sind Werte aus Österreich, ist darauf - in Anlehnung an die von Spindelegger verkündeten Partei-Gebote - zu lesen.

Opposition: "Einschläfernd und "ohne Visionen"
Während die Reaktionen im Anschluss an die "Österreich-Rede" bei der ÖVP - wenig überraschend - positiv ausfielen, reagierte die Opposition erwartungsgemäß mit Kritik: Dass Spindeleggers "einschläfernder" Auftritt mit einer Balletteinlage zu den Klängen von Tschaikowskys "Dornröschen Walzer" eingegeigt wurde, ist für FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl bezeichnend. Die ÖVP habe als bürgerliche Partei abgedankt, meinte BZÖ-Bündniskoordinator Markus Fauland. Wer sich auch nur eine Vision erwartet habe, sei enttäuscht worden, erklärte auch Grünen-Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner.

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