INTERVIEW MIT VERA

„So traurig: Der Hass im Netz“

13.11.2023 10:30

Marika Lichter (in „Stars & Talente by Leona König“, So., 19. 11., 18.00, ORF) erklärt, weshalb sie als besonders streitbar gilt, woher ihr Perfektionismus kommt und was sie von JEDEM erwartet.

comment0 Kommentare

„Krone“: Marika, du bist Sonntags in „Stars und Talente by Leona König“?
Marika Lichter: Ja, ein sehr guter Titel, weil es gibt einen Star - das bin in diesem Fall halt ich (lacht) - und einen jungen Musiker; in meinem Fall ein junger Trompeter, der 12-jährige Simon. Meine Aufgabe war’s, ein Stück zu finden, wo er mit seinem Soloinstrument punkten kann. Bei Trompete ist das natürlich schwieriger als bei Klavier oder Geige beispielsweise. Aber ich wusste, dass es in dem Musical „Evita“ eine Einleitung gibt, wo die Leadstimme von einer Trompete gespielt wird. Und ich sing halt dazu (lacht).

Du hast selber eine Musicalausbildung?
Nein, ich hab Operngesang studiert und bin sofort danach ans Raimundtheater engagiert worden. Ich war so glücklich, dass ich nicht erst nach Deutschland in die Provinz musste.

Du hast damals vor allem in Operetten gesungen, später auch in vielen Musicals. Da brauchst du aber auch den Tanz!
Na sicher, Vera, aber den brauchst du auch in der Operette. Ich tanze, seit ich drei Jahre alt bin. Ich hab eine Ballettausbildung, später hab ich auch die Tanzausbildung in Schönbrunn absolviert und Jazztanz gemacht. Als Soubrette musst du tanzen können! Klavier und Gesang waren allerdings immer meine Hauptfächer.

Letzten Sommer hast du noch im Musical „Romeo und Julia“ in Winzendorf gespielt. Dafür braucht’s ja wohl auch eine gute Kondition. Was tust du für deine (Bühnen-)Fitness?
Viel. Ich turne jeden Tag in der Früh mit der Sendung „Fit mit Philipp“ - nehm ich auch noch extra Hanteln dazu - mach etliche Stretching-Übungen und regelmäßig Krafttraining. Speziell für den Rücken. Beim Singen brauchst du einfach kräftige Rückenmuskeln.

Derzeit brauchst du sie besonders, weil du immer wieder mit deinem Solo-Abend über die Geschichte deiner jüdischen Familie im Theater in der Josefstadt in Wien auftrittst. Du erzählst und singst - vor allem jüdische Lieder?
Nicht nur. Auch deutsche Lieder, die in den KZs geschrieben wurden.

Als Tochter eines polnischen Vaters und einer ungarischen Mutter sprichst du auch deren Sprachen?
Ungarisch perfekt, aber Polnisch wenig, weil daheim hat die Mama geredet. Der Vater war ein großer Schweiger. Und gemeinsam haben sie mich zur Perfektionistin erzogen. Ich hab zum Beispiel zehn Schilling für einen Einser bekommen, aber andere aus meiner Klasse haben hundert Schilling für einen Vierer bekommen. Das fand ich ungerecht. Dazu haben meine Eltern nur gemeint: „Du DARFST in die Schule gehen, aber du MUSST nicht.“ Ich selber hatte dabei immer das Gefühl, als jüdisches Mädchen muss ich besser sein als die anderen.

Bist du deshalb heute noch so enorm fleißig? Du hast eine Künstleragentur, trittst selber auf, organisierst Events, bist Ballmutti ...
... aber hallo! Vera! Die Ballmutti stellt sich hin und lässt sich feiern. Ich arbeite! Ich hab die künstlerische Leitung, treib Sponsoren auf, bin Teil vom Organisations-Komitee...

... und giltst als besonders streitbar. Wie kommt das?
Ich denke, weil ich zu hohe Ansprüche an alle stell, ganz besonders an mich selbst. Mir ist es nie gut genug. Stichwort Erziehung. Dabei hab ich meine Ansprüche bei den anderen schon nach unten geschraubt, weil ich einsehe, dass ich nicht so viel verlangen darf. Was ich aber sehr wohl von jedem anderen einfordere, ist Achtsamkeit, Toleranz und Respekt. Weil was mich wirklich traurig macht, ist dieser Hass im Netz und die Radikalisierung der Jungen. Die wissen oft gar nicht, worum es geht, machen einfach irgendwo mit, weil juhu... oder um dazuzugehören. Eltern sollen bitte auf ihre Kinder achten, um Veränderungen rechtzeitig zu erkennen!