40 jahre „Krone“

Statt Tourismus: Industrie bringt Kärnten weiter

Kärnten
04.10.2023 08:00

Kaum etwas kann eine Region so prägen, wie ihr wirtschaftliches Umfeld und wo die Wertschöpfung passiert. Kärnten kann zwar seit 1983 auf Fortschritte zurückblicken, hat aber mit großen Herausforderungen zu kämpfen.

Vier Jahrzehnte seit der ersten Ausgabe der „Kärntner Krone“ - wie stark hat sich da wohl die Wirtschaft in Kärnten verändert? Erstaunlich wenig, wenn man sich rein den Anteil der verschiedenen Sektoren ansieht. Die Land- und Forstwirtschaft trägt zwar nur noch halb so viel bei, aber auch in den Achtzigern war diese Branche nur für gut drei Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung verantwortlich. Und vom restlichen Kuchen fielen gut ein Drittel an den produzierenden Sektor und zwei Drittel an Handel und Dienstleistungen, zu denen auch der Tourismus zählt.

Kärnten ist Industrieland
Gerade dort gab es in den vergangenen 40 Jahren einen regelrechten Einbruch. Die Siebziger und Achtziger waren die goldenen Jahre des Sommertourismus in Österreich, speziell in Kärnten. 1983 gab es fast 15 Millionen Übernachtungen, während seit 2003 die Zehn-Millionen-Marke nicht mehr geknackt wurde. „In der öffentlichen Wahrnehmung gibt es hier eine verzerrte Wahrnehmung der Wirtschaftssektoren. Kärnten sei vor allem ein Tourismusland, ist eine weit verbreitete Fehleinschätzung“, erklärt Norbert Wohlgemuth, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Klagenfurt. „Der produzierende Sektor trägt mehr zum Kärntner Regionalprodukt bei als der Fremdenverkehr. Wenn es nach den harten Zahlen geht, ist Kärnten ein Industrieland.“

(Bild: Krone KREATIV)

So erwirtschaftete 2021 in Kärnten der produzierende Sektor 35,7 Prozent der gesamten Wertschöpfung und damit deutlich mehr als der Österreichschnitt von 28,9 Prozent. Diese Zahlen spiegeln aber auch die große Bedeutung von Mikroelektronik wider. „Gerade in den Bereichen Forschung und Entwicklung ist das besonders eklatant“, betont der Volkswirt Wohlgemuth. „Zwei Drittel der Kärntner Forschungsquote kommen von einem High-Tech Unternehmen allein.“

Daten & Fakten

Mit einem Bruttoregionalprodukt von 40.300 Euro liegen die Kärntner in Österreich auf Platz sieben, können aber durch ein durchschnittliches Plus von über drei Prozent Boden gut machen. Bei der Arbeitslosenquote liegt Kärnten als Vorletzter nur vor Schlusslicht Wien, aber mit einer Forschungsquote von drei Prozent auf Platz vier.

Bevölkerungsentwicklung als Risikofaktor
Wenn es um die wirtschaftliche Zukunft unseres Bundeslandes geht, wird oft die Abwanderung aus Kärnten als große Herausforderung genannt. „Kärnten verliert knapp 2000 Menschen jedes Jahr durch Abwanderung an andere Bundesländer und hat eine sehr ungünstige Bevölkerungsentwicklung“, bestätigt Norbert Wohlgemuth. „Doch das viel größere Problem ist die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur - die Kärntner werden, so wie in der restlichen entwickelten Welt, immer älter. Damit verschiebt sich die finanzielle Last für unser Sozialsystem auf immer weniger Beschäftigte.“ Dies sei jetzt schon beim Fachkräftemangel sichtbar. „Wir brauchen eine stärkere Ausrichtung auf Wachstum, was allerdings in Zeiten hoher Zinsen eine besondere Herausforderung darstellt“, betont der Professor der Uni Klagenfurt. „Dann kann Kärnten auch zukünftige wirtschaftliche Herausforderungen meistern.“

Die Kärntner Jahrhundertchance, die erst genutzt werden muss 
Kaum etwas beflügelt die Fantasie von Kärntner Unternehmern und Politkern so sehr wie die Koralmbahn. In 45 Minuten von Klagenfurt nach Graz, ein gemeinsamer Wirtschaftsraum mit rund 1,8 Millionen Einwohnern und einer Wirtschaftsleistung von über 70 Milliarden Euro, eine Verbindung von der Ostsee bis ans Mittelmeer. „Durch das Zusammenwachsen der Regionen entsteht der siebent größte Ballungsraum im deutschsprachigen Raum“, erklärte Landeshauptmann Peter Kaiser Ende September. „Der Zentralraum wird Menschen anziehen und Wachstum stimulieren.“

Kärnten hofft auf einen Turboschub durch die Koralmbahn. (Bild: Jennifer Kapellari)
Kärnten hofft auf einen Turboschub durch die Koralmbahn.

Zwischen dem Baustart 1999 und der geplanten Fertigstellung im Dezember 2025 liegen aber nicht nur über 26 Jahre, sondern auch über fünf Milliarden Euro, die das Megaprojekt gekostet hat - auch Kärnten hat sich die Koralmbahn einiges kosten lassen. Als der damalige Landeshauptmann Niederösterreichs, Erwin Pröll, den Semmeringbasistunnel blockierte, stellte Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider 2004 aus dem Landesbudget 140 Millionen Euro zur Verfügung, um den Bau des Koralmtunnels zu beschleunigen.

Daten & Fakten

1999 wurde mit dem Bau der Koralmbahn begonnen, 2020 gelang der finale Tunneldurchschlag. Mit seinen 33 Kilometern wird der Koralmtunnel der sechstlängste Eisenbahntunnel sein. Insgesamt umfasst das Projekt 130 Kilometer neue Strecke und über 100 Brücken. Über die neue Strecke wird eine Zugfahrt von Klagenfurt nach Graz nur noch 45 Minuten dauern.

Umso wichtiger ist es, diese „Jahrhundertchance“ entsprechend zu nutzen, denn die Züge könnten potenziellen Leistungsträger den Weg aus Kärnten hinaus auch erleichtern. Dem will die Kärntner Landesregierung mit einem Schwerpunktplan entgegenwirken: Standortentwicklung und Raumplanung, der Wirtschafts- und Arbeitsmarkt, Innovationen, Mobilität und Logistik sowie die Sozial- und Wohnraumentwicklung sollen im Detail ausgearbeitet werden.

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