Steirische Forscher

Auf Entdeckungsreise in heimischen Baumwipfeln

Steiermark
23.09.2023 15:00

Neuen Arten auf der Spur: Erstmals in Europa erforscht ein steirisches Spezialteam das vielseitige Tierleben in luftiger Höhe.

Fischernetzspinnen, Bänderschnecken, Kamelhalsfliegenlarven. Die verbale Leistungsschau, die am Mittagstisch an einem verregneten Tag im September in der forstlichen Ausbildungsstätte Pichl in St. Barbara geboten wird, lässt Laien staunend zurück.

Auch wenn die tierischen Protagonisten allesamt klein sind - der Grazer Biologe Christian Komposch ist hier im Mürztal gemeinsam mit seinem Team, bestehend aus unterschiedlichen Spezialisten, Großem auf der Spur, das spürt man sofort: „Wir wissen heute mehr über die Regenwälder Südamerikas als über die Tierwelt in Europas Baumkronen, sogar die Oberfläche des Mondes ist mittlerweile besser erforscht“, sagt der Spinnenexperte.

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Wir wissen über die Vielseitigkeit des Wirtschaftswaldes noch immer viel zu wenig. Da man nur schützt, was man kennt, ist dieses Projekt für die Artenvielfalt von großer Bedeutung.

Martin Krondorfer, Leiter der Ausbildungsstätte Pichl in St. Barbara und Projektträger

Abenteuer Baumklettern
Dies soll sich nun ändern: Auf einer 338 Hektar großen Waldfläche im Ortsteil Mitterdorf wird seit Monaten das Biotop Baumwipfel untersucht. Für die beiden Baumsteiger Simon Schiantarelli und Martin Horn ein ewiges Auf und Ab: „Zuerst katapultieren wir einen mit Blei gefüllten Sack samt Widerhaken mittels einer Art Steinschleuder nach oben. War der Wurf erfolgreich, klettern wir in einer Zweier-Seilschaft nach oben“, erzählen sie.

Auf einer Höhe von bis zu 45 Metern werden dann eigens für dieses Projekt angefertigte Becherfallen an den Rinden von Lärche, Fichte, Douglasie und Co. mittels einer Manschette angebracht: „Diese Methode kam weltweit noch nie zum Einsatz, erste Analysen zeigen aber, dass sich der von uns entwickelte Prototyp bestens bewährt“, sagt Zoologin Julia Lamprecht.

Unterschiede bei Lebensbedingungen
Ob überhaupt mit so großen Abweichungen zwischen dem Tierleben am Waldboden und jenem in den Baumkronen zu rechnen sei? „Auf jeden Fall!“, geben die Fachleute zur Antwort. „Messungen zeigen, dass es vor allem in punkto Licht, Temperatur und Feuchtigkeit teils gravierende Unterschiede gibt“.

Ameisen, Käfer, Tausendfüßler, Weberknechte und vieles mehr: In den nächsten Wochen und Monaten ist man nun mit der akribischen Bestimmung der in die Falle gegangenen Tiere, die großteils nachtaktiv sind, beschäftigt.

Wer schafft es bis nach ganz oben?
Dass man dabei auch auf bisher noch unbekannte Arten stoßen wird, davon ist die Forschertruppe überzeugt - aber nicht nur das: „Für uns ist ebenso interessant, welche Arten in die Höhe vordringen können, die wir bislang nur vom Waldboden und tiefen Schichten kennen“, sagt Christian Komposch.

Dennoch wäre das schönste Geschenk die Entdeckung einer für die Wissenschaft neue Art.

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