Am 18. Oktober müssen folgende Personen auf der Anklagebank Platz nehmen: Ex-Kanzler und Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz, dessen langjähriger Vertrauter Bernhard Bonelli sowie die vormalige ÖVP-Vizeparteichefin Bettina Glatz-Kremsner. Was ihnen in der 108-seitigen Anklageschrift, die auch der „Krone“ vorliegt, genau vorgeworfen wird, erfahren Sie hier im Überblick.
Alle drei müssen sich wegen des Vorwurfs der falschen Zeugenaussage vor dem Wiener Landesgericht für Strafsachen verantworten. Konkret geht es dabei um die folgenden Aussagen.
Was wird Sebastian Kurz vorgeworfen?
Im Wesentlichen geht es um die Frage, inwieweit er in die Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Chef involviert war. Die Frage, ob er im Vorfeld eingebunden gewesen sei, bejahte Kurz im Ibiza-U-Ausschuss mit dem Zusatz „eingebunden im Sinne von informiert“ - eine Falschaussage, so die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Kurz selbst sei bereits im Sommer 2017 an Schmid herangetreten, um ihn mit der Strukturreform zu beauftragen und ihm mitzuteilen, Schmids Rolle in der Leitung der neuen Beteiligungsgesellschaft zu sehen.
Außerdem sei in einem von Kurz unterfertigten Sideletter mit dem damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) ein Nominierungsrecht der ÖVP für den Vorstand der Beteiligungsgesellschaft vereinbart worden.
Auf die Frage nach Wahrnehmungen zur Besetzung des Aufsichtsrats der ÖBAG habe Kurz „tatsachenwidrig“ ausgeführt, er wisse, dass es im Finanzministerium und im zuständigen Nominierungskomitee Gespräche und Zweifel gegeben habe, er habe die Entscheidung aber nicht getroffen und die Aufsichtsräte nicht ausgewählt.
Anklage sieht Kurz als Strippenzieher
Anders sieht das die Anklage: In einem Sideletter sei auch für den Aufsichtsrat der ÖBAG ein Nominierungsrecht der ÖVP vereinbart worden. Kurz selbst habe „sich bei vielen Gesprächen zur Besetzung des Aufsichtsrates beteiligt“ und aktiv eingebracht und sämtliche von der ÖVP zu benennenden Aufsichtsräte mit ihm selbst „abstimmen“ lassen.
Weiters falsch ausgesagt habe Kurz der WKStA zufolge in Bezug auf einen Chat zwischen Strache und dem damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), in dem es um eine Vereinbarung geht. Hier gab Kurz laut Akt an, das könne alles sein, er habe keine Ahnung, was die beiden vereinbart hätten, obwohl er gewusst habe, dass es sich um ein Personalpaket betreffend Postenbesetzungen der „Finanzmarktaufsicht neu“ und der ÖBAG sowie deren Beteiligungsunternehmen handelte.
Was wird Bernhard Bonelli vorgeworfen?
Auch Kurz‘ Vertrautem und ehemaligem Kabinettschef Bernhard Bonelli wird Falschaussage vor dem U-Ausschuss in Bezug auf die Bestellung des ÖBAG-Aufsichtsrates vorgeworfen. Er habe ausgesagt, darüber informiert worden zu sein, welche Entscheidung getroffen wurde, obwohl er „tatsächlich in den Prozess spätestens ab September 2018 eingebunden war, an mehreren Sitzungen betreffend die Besetzung des ÖBAG-Aufsichtsrates teilnahm, diesbezüglich mit Kurz, Löger und Schmid mögliche Kandidaten diskutierte und wusste, dass neben grundsätzlicher fachlicher Eignung die persönliche Loyalität und Verlässlichkeit ein zweites entscheidendes Auswahlkriterium darstellte“.
Außerdem habe er Kurz eine mögliche Kandidatin vorgeschlagen und alle späteren Aufsichtsräte mit ihm abgestimmt. Demnach handle es sich auch bei der Aussage, die Bestellung sei eine Entscheidung des Finanzministers gewesen, um eine Falschaussage.
Wer hatte, mit wem Kontakt?
Falsch ausgesagt habe Bonelli laut WKStA auch, als er angab, sich nicht genau erinnern zu können, ob es zwischen den Regierungsparteien Vereinbarungen über die Bestellung eines Alleinvorstandes gegeben habe. Auch gab Bonelli an, nicht zu wissen, wer betreffend das Kabinett im Finanzministerium die Kabinettsmitglieder ausgesucht hat. Diesbezüglich habe aber er den Prozess organisiert und initiativ Löger kontaktiert, in Sitzungen dessen Vorschläge diskutiert und ihm am Ende des Prozesses mitgeteilt, dass „die von Löger in Aussicht genommene Besetzung von Kurz, Blümel und Melchior (Axel, Anm.) genehmigt sei“.
Was wird Bettina Glatz-Kremsner vorgeworfen?
Glatz-Kremsner werden Falschaussagen sowohl im U-Ausschuss als auch vor der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft vorgeworfen. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens zur Causa Casinos Austria AG (Casag) habe sie angegeben, nicht von einem Treffen zwischen Löger und Novomatic-Gründer Johann Graf gewusst zu haben - eine Falschaussage, so die Staatsanwaltschaft.
Tatsachenwidrig ausgesagt habe sie auch zur Bestellung Peter Sidlos zum Vorstandsmitglied der Casag. Sie hätte lediglich gewusst, dass er FPÖ-Bezirksrat in Wien war, aber keine Wahrnehmung zu einem politischen Hintergrund seiner Bestellung gehabt. Wahrheitswidrig sei auch die Aussage, sie habe keine Unterstützung bei der Bestellung Sidlos zugesagt und nie mit Strache darüber gesprochen. Diesem hätte sie jedoch mitgeteilt: „Unterstützung sehr gerne und aus Überzeugung“.
Wusste Glatz-Kremsner von Unterstützung ihrer Bewerbung?
Weiters gab Glatz-Kremsner an, keine „Signale“ einer Unterstützung einer Bewerbung ihrerseits als CEO der Casag aus dem Finanzministerium bzw. der ÖVP-Parteispitze erhalten zu haben. Die Anklage wirft ihr vor, genau gewusst zu haben, dass Schmid, Löger und Kurz ihre Bewerbung unterstützten, und diese ihr das auch mitgeteilt hätten.
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