Genau vor einem halben Jahr wurde die 74-jährige Wienerin Eva Gretzmacher in Agadez in Niger entführt. Ihr Sohn Christoph appelliert nun eindringlich an Politik und Öffentlichkeit. „Es geht längst nicht mehr nur um eine einzelne Person“, sagt er.
Vor sechs Monaten wurde Eva Gretzmacher aus ihrem Alltag gerissen. Am 11. Jänner drangen bewaffnete Männer in ihr Haus in Agadez in Niger ein, bedrohten einen Wachmann mit einer Pistole, öffneten gewaltsam die Tür und verschleppten die Wienerin in einem Geländewagen in die Nacht. Danach fehlte von ihr jede Spur, jede Nachricht. Kein Bekenntnis, keine Forderung.
Erst an ihrem 74. Geburtstag, knapp vier Monate nach der Tat, meldeten sich die Entführer: Ein einzelnes Foto, geschickt über Mittelsmänner, zeigt Eva erstmals wieder. Erschöpft, gezeichnet – aber lebend. In Gefangenschaft bei der IS-nahen Gruppe EIGS irgendwo in der Grenzregion zwischen Niger und Mali. An ihrer Seite: Claudia A., eine 67-jährige Schweizerin, die Mitte April auf ähnliche Weise in Agadez verschleppt wurde. Seitdem gelten beide Frauen als Geiseln derselben Terrorgruppe.
Für Gretzmachers Sohn Christoph ist es ein Albtraum. In einem offenen Brief schreibt er, was viele nicht auszusprechen wagen. „Ich schreibe nicht, um Hoffnung zu machen, wo keine ist. Aber ich schreibe, weil Hoffnung lebt.“ Seit Monaten kämpft er gegen die Ohnmacht an – gegen das allmähliche Verschwinden der Entführung aus dem öffentlichen Bewusstsein.
„Manchmal braucht es sichtbare Zeichen“
Und er wünscht sich mehr sichtbare Bewegung, auch auf diplomatischer Ebene. „Die Schweiz kam später – scheint aber koordinierter zu agieren“, sagt Christoph zur „Krone“. „Es ist bekannt, dass auf vielen Ebenen gearbeitet wird – und manches bewusst leise. Aber manchmal braucht es sichtbare Zeichen – ein stilles, aber klares Signal, dass der Fall nicht in Vergessenheit gerät. Es geht längst nicht mehr nur um eine einzelne Person, sondern darum, dass in schwierigen Momenten Verantwortung sichtbar wird.“
Die Wienerin lebte fast drei Jahrzehnte im Niger, gründete Bildungsprojekte, organisierte Nähkurse für Mädchen, Konzerte für Jugendliche, Kurse für Frauen. Sie war dort keine Helferin von außen – sie war Teil der Gemeinschaft. Und doch: Sechs Monate nach ihrer Entführung ist sie verschwunden – politisch, öffentlich, diplomatisch. „Vergesst sie nicht!“, appelliert ihr Sohn. „Sprecht darüber! Helft mit, das Schweigen zu durchbrechen!“
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