Auf Tote uriniert

Skandalvideo zeigt US-Soldaten bei Leichenschändung

Ausland
12.01.2012 20:56
Ein Video mit Bildern von auf Leichen von Afghanen urinierenden US-Soldaten hat in den USA einen neuen Militärskandal ausgelöst. Das US-Marinekorps nahm nach der Veröffentlichung des Videos auf der Internet-Videoplattform YouTube am Mittwoch Ermittlungen auf - zwei der Soldaten konnten mittlerweile identifiziert werden. Die Echtheit des Amateurvideos ist aber noch ungeklärt, teilte die Elitetruppe der Vereinigten Staaten mit. Derartige Taten stünden jedoch nicht im Einklang mit den Werten der Marineinfanterie.

In dem Video, das offenbar bei einem Einsatz in Afghanistan aufgenommen wurde, sind vier Männer in US-Uniform zu sehen, die auf drei blutverschmierte Leichen urinieren. "Einen schönen Tag noch, Kumpel", sagt eine Stimme. Ein Anwesender fragt: "Du hast es auf Video?", woraufhin eine weiterer antwortet: "Ja." Einer scherzt: "Golden wie eine Dusche."

Zwei Soldaten identifiziert
Ein ranghoher Offizier des Marinekorps, der das Video analysierte, bestätigte gegenüber dem Nachrichtensender CNN, dass die Männer Scharfschützengewehre und Helme einer Scharfschützeneinheit tragen. Erkennbar sei dies etwa an den Helmen, deren Form die Platzierung von Gewehren und Zielfernrohren nahe des Gesichts ermögliche. CNN zufolge soll es sich um Marineinfanteristen vom Stützpunkt Camp Lejeune im Bundesstaat North Carolina handeln, die zwischen Februar und Oktober 2011 vorwiegend in der afghanischen Provinz Helmand stationiert gewesen seien.

Ein ranghoher Verteidigungsbeamter erklärte am Abend, dass mittlerweile zumindest die Identität zweier Soldaten bekannt sei. Sollte sich das Video als echt herausstellen, so ein Offizier, könnte der Fall als Kriegsverbrechen der US-Truppen gewertet werden.

Pentagon: "Abstoßendes, monströses Verhalten"
Pentagon-Sprecher John Kirby sagte, die Aufnahmen hätten ihm "den Magen umgedreht". Egal unter welchen Umständen das Video entstanden und wer die Personen darin seien, handle es sich um ein "abstoßendes, monströses und inakzeptables Verhalten für jede Person in Uniform". Die internationale Afghanistantruppe ISAF erklärte, das Video sei in höchstem Maße verwerflich und ekelhaft. "Jedes Individuum, dessen Teilnahme bestätigt wird, wird vollständig zur Rechenschaft gezogen werden."

Auch die in Washington ansässige Bürgerrechtsorganisation "Council for American-Islamic Relations" verurteilte in einer ersten Reaktion das Video. "Sollte sich das Video als authentisch herausstellen, könne es andere Soldaten und Zivilisten gefährden", schrieb der Vorsitzende Nihad Awad in einem Brief an Verteidigungsminsiter Leon Panetta. Mögliche Schuldige müssten der Organisation zufolge im vollen Umfang nach der US-Militärgesetzgebung und der US-Justiz bestraft werden.

Video als Gefahr für Friedensbemühungen
Die Folgen des - exakt am zehnten Jahrestag der Errichtung des umstrittenen Internierungslagers auf dem US-Marinestützpunkt Guantanamo Bay auf Kuba veröffentlichten - Skandalvideos für die rund 20.000 in Afghanistan stationierten US-Marines sind indessen nicht absehbar. Das Video könnte jedenfalls die Bemühungen um einen Friedenspakt am Hindukusch behindern.

Die afghanische Regierung zeigte sich "zutiefst verstört". "Diese Tat amerikanischer Soldaten ist zutiefst unmenschlich", hieß es in einer Mitteilung von Präsident Hamid Karzai. "Wir fordern die US-Regierung ausdrücklich dazu auf, das Video dringend zu untersuchen." Ein Vertreter des Hohen Friedensrates in Afghanistan, der mit Verhandlungen mit den Taliban betraut ist, erklärte, wegen derartiger Aufnahmen könnten die Taliban leicht junge Menschen für sich gewinnen. "Solche Taten haben einen sehr, sehr schlechten Einfluss auf die Friedensbemühungen."

Taliban: "Brutale Tat der Invasoren"
"Das ist eine unmenschliche, unmoralische und brutale Tat der Invasoren", sagte auch Taliban-Sprecher Sabiullah Mujahid der Nachrichtenagentur dpa in Kabul. Der Vorfall werde dazu beitragen, "dass die Amerikaner und ihre Alliierten ein kurzes Leben in Afghanistan haben". Mujahid sagte aber auch, das Video werde keine Auswirkungen auf Friedensgespräche oder einen geplanten Gefangenenaustausch haben, was allerdings nicht die Aufgabe des bewaffneten Kampfes oder die Anerkennung der afghanischen Zentralregierung bedeute.

US-Unterhändler am Wochenende in Region
Nach einem mehr als zehnjährigen Krieg versuchen die USA und die afghanische Regierung, mit den Taliban Frieden zu schließen. So wollen die Taliban im Golfstaat Katar ein Verbindungsbüro eröffnen. Der Unterhändler von US-Präsident Barack Obama soll am Wochenende in die Region reisen und mit Karzai, Vertretern der Türkei, Saudi-Arabiens sowie der Vereinigten Arabischen Emirate sprechen.

Video erinnert an frühere Skandale
Das nun aufgetauchte Video erinnert jedenfalls an mehrere frühere Skandale. Mehrfach wurden Fotos oder Filme bekannt, die Militärangehörige nicht nur der USA bei menschenverachtenden Handlungen zeigen (siehe Infobox).

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