Tränen bei Mordprozess

Die vier Kinder besuchen Mama nie in der U-Haft

Oberösterreich
26.07.2023 10:37

Noch mal zurück an den Anfang! Am Landesgericht Ried im Innkreis steht Simona F. (32) erneut vor Gericht. Wieder wegen des Vorwurfs des Mordversuchs an ihrem Gatten (40). Denn beim ersten Prozess hatten sich die Geschworenen laut Berufsrichter geirrt. Seit der Tat hat die angeklagte Mama übrigens nie Besuch von ihrer Familie erhalten.

Bis auf Staatsanwältin und Verteidiger - und natürlich die Angeklagte - sind alle neu im Gerichtssaal. Denn beim Prozess, der für drei Tage anberaumt ist, muss alles wiederholt und so getan werden, als hätte es den ersten Prozess nie gegeben, bei dem die Geschworenen die Angeklagte wegen schwerer Körperverletzung und nicht, wie die Staatsanwältin gefordert hatte, wegen Mordversuchs verurteilt haben.

„Falsch abgebogen“
„Die Geschworenen sind damals falsch abgebogen“, sagt die Staatsanwältin, denn alle hätten entschieden, dass sie die Tat begangen habe, aber nur zwei sahen die Tötungsabsicht als gegeben.

Bei der Eröffnung des Prozesses gab es auch kein Wort über das erste Verfahren. Staatsanwältin Petra Stranzinger berichtete im Anfangsplädoyer erneut von der Tat am 2. August des Vorjahres in St. Florian am Inn. „Ich bin der Objektivität verpflichtet, daher ist mein Vortrag weniger launig als der des Verteidigers“, meinte sie und forderte die Geschworenen auf, Fragen zu stellen, „sich einzubringen“.

Laut Anklage ist die Frau eine „notorische Lügnerin“, die schon vier verschiedene Versionen des Tathergangs aufgetischt habe. Einmal, dass die Tat eine Notwehrhandlung gewesen sei, weil ihr Gatte auf sie losgegangen sein soll. Am Schluss, dass es die damals 13-jährige Tochter war, die ihrem Vater die 18 Zentimeter lange Schnittwunde über den Hals zugefügt habe. „Machen Sie nicht denselben Fehler wie Ihre Vorgänger“, sagte die Staatsanwältin, die zumindest die bedingte Tötungsabsicht als gegeben sieht. Im Laufe der Verhandlung meinte die Angeklagte, dass sie die Tochter nie wegen der Tat zur Rede gestellt habe.

Überraschung bei Anwalt
Bei der Verteidigung gab es eine Überraschung. Anwalt Andreas Mauhart saß zwar auf der Bank, doch seine Kollegin ergriff das Wort. Sie lobte das Plädoyer der Staatsanwältin, sprach aber von „Rauch- und Blendgranaten“, da es keine „objektiven Beweise“ gebe. Es seien sieben Leute am Tattag im Haus gewesen, warum kämen dann nur die Angeklagte oder die Tochter als Täterinnen infrage? Man versteife sich auf ein Cuttermesser als Tatwaffe, doch die beiden gefundenen Messer seien nicht als Tatwaffen beweisbar. Auch habe man an der 32-Jährigen keine Spuren gefunden - und widersprüchliche Aussagen seien erklärbar. Sie fordert einen Freispruch.

„Mann will nicht, dass Kinder mich besuchen“
Die Richterin verlas im Laufe der ersten Befragung der Angeklagten, bei der es auch um Widersprüche bei Anrufen und deren zeitliche Abfolge bei ihrem neuen Freund ging, einen mehrseitigen Brief an die älteste Tochter zu deren 14. Geburtstag. Darin kam nie die Anschuldigung zur Sprache, dass die Tochter die Tat verübt habe, sondern die Mutter entschuldigte sich, dass sie der Familie das angetan habe - sie habe aber keine Erinnerung an die Tat selbst und forderte die Tochter auf, sich um die Familie zu kümmern: „Du bist jetzt die Große und der Fels in der Brandung.“ Auf die Frage der Richterin, ob seitens der Kinder jemals etwas zurückkam: „Nein, ich habe sie seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen“, sagte sie unter Tränen. Der Ehemann - das Scheidungsverfahren läuft gerade - würde das nicht wollen. Es gab mit der Tochter nur telefonischen Kontakt - auch mit einem illegalen Handy, das in der Zelle gefunden worden war. Auf den Vorhalt des beisitzenden Richters, dass die Angeklagte im Brief die Verantwortung übernehme, meinte sie: „Nein, so war das nicht gemeint.“

Suche nach Wirkung von Schlafmitteln
Die Richterin hielt der Angeklagten auch den Suchverlauf am Handy im Internet vor, bei dem sie nach Wirkungen von Schlafmitteln und anderen Medikamenten bzw. selbstverletzendem Verhalten suchte. „Danach habe ich nicht gesucht“, sagt die Angeklagte, das müsse jemand anderer getan haben.

Jetzt werden alle Zeugen und Sachverständige einvernommen - kommende Woche soll dann das Urteil gesprochen werden. Dieses gilt dann zumindest in der ersten Instanz, eine weitere Wiederholung des Prozesses ist juristisch nicht möglich.

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