„The Good Witch“

Maisie Peters erobert die Mainstream-Popwelt

Musik
17.06.2023 09:00

Plattenvertrag bei Ed Sheerans Label Gingerbread Records, große Europa-Stadiontour in seinem Vorprogramm und nun auch noch das zweite Studioalbum „The Good Witch“: bei der jungen Britin Maisie Peters stehen die Zeichen auf Sturm. Die 23-Jährige befindet sich auf dem richtigen Weg gen Pop-Thron.

(Bild: kmm)

Die meisten von uns wissen es aus ihrer eigenen Vergangenheit, andere haben es möglicherweise gerade so durchlebt und den jüngeren Semestern steht die Erkenntnis noch bevor: jüngere Herzen brechen härter. Die britische Pop-Senkrechtstarterin Maisie Peters hat im zarten Alter von 22 Jahren mit „The Good Witch“ ein Breakup-Album aufgenommen und handelt auf üppigen 15 Songs alle unterschiedlichen Stufen der Emotionsbewältigung ab, um gestärkt aus der privaten Krise hervorzukommen. Dass die ungekrönte Königin aller gescheiterten Beziehungssongs, Taylor Swift, Peters allergrößtes Idol ist, hört man ihr nicht nur textlich an. Der glattproduzierte Mainstream-Pop der aus dem südbritischen Brighton stammenden Sängern mit Sopranstimme ähnelt ihrem Idol frappant. Bei Songs wie „Two Weeks Ago“ oder „Coming Of Age“ hat man unweigerlich Swift selbst vor dem geistigen Auge.

Corona-Karriereboost
Doch das Zweitwerk des vielversprechenden Youngsters ist nur in partiellen Teilen eine nicht ganz ausgereifte Wish-Version von Swifts Schaffen, denn dank profunder Songschreiber und einer ausgeklügelten Kreativwerkstatt, die zwischen Los Angeles, Stockholm, Bergen, London und Berlin stattfand, findet Peters zunehmend zu ihrer eigenen Identität. Den Vorschusslorbeeren gerecht zu werden, war im Vorfeld das größte Problem, schließlich hatte Peters ausgerechnet in den seuchendurchsetzten Corona-Jahren den entscheidenden Karriereboost. Nachdem eine geplante Tour im Vorprogramm von Niall Horan der Pandemie zum Opfer gefallen war, unterschrieb sie im Juni 2021 einen Vertrag bei Ed Sheerans Label Gingerbread Records und reüssierte zwei Monate später mit dem Debütalbum „You Signed Up For This“, das sofort auf Platz zwei der britischen Charts landete.

(Bild: Andreas Graf)

„Dieser Erfolg war eine verrückte Erfahrung“, erzählt sie uns freudig im „Krone“-Interview, „noch viel abgefahrener ist aber die Tatsache, dass das Album mir so viele Türen geöffnet und noch Monate nach der Veröffentlichung viel Wind aufgewirbelt hat.“ 2022 war Peters im Vorprogramm von Sheeran auf großer Stadiontournee in ganz Europa, bevor im Herbst eine Headliner-Tour durch Amerika folgte. „Die Tour mit Ed ging von April bis Mitte September, mit nur ganz wenigen Pausen. Anfangs waren diese Auftritte ganz anders und neu, aber auch die höchste Nervosität geht irgendwann zurück und man gewöhnt sich an die Gegebenheiten.“ Mit dieser Souveränität begeisterte sie auch zweimal im Happel-Stadion, auf ihrer Europa-Tour diesen Frühling haben die österreichischen Booker aber auf sie vergessen.

Kein Nepo-Baby
Das große Lampenfieber besiegte Peters früh. Mit acht sang sie erstmals im Chor, mit neun schrieb sie ihre ersten Lieder und ab dem 15. Lebensjahr stählte sich Peters als Straßenmusikerin in Brighton für die große Karriere. Für harte Arbeit war sich die leidenschaftliche Musikerin nie zu schade. „Vor meiner Zeit als Straßenmusikerin habe ich aber niemandem etwas vorgesungen“, blickt sie zurück, „in meiner Familie hatte niemand etwas mit Musik am Hut, ich bin ganz alleine in diese Welt gekippt. Es hat aber früh Klick gemacht und habe immer meine ganze Kraft und Leidenschaft in die Musik gesteckt.“ „The Good Witch“ ist eine in makellosen Pop gegossene Rückschau auf diverse Aufs und Abs des letzten Jahres. „Für mein erstes Album hatte ich mein ganzes Leben Zeit, das zweite entstand mehr oder weniger überall dort, wo wir mit Ed oder alleine unterwegs waren.“

(Bild: Andreas Graf)

Die Mischung aus flotten Radiosongs, emotionalen Balladen und leicht entrückten, aber immer nachvollziehbaren Experimentieren gelingt ihr auf „The Good Witch“ besser als am Debüt. Die Künstlerin ist stimmlich, musikalisch und auch vom Songwriting her gereift, wodurch man auch darüber hinwegsehen kann, dass sie sich ein gutes Drittel der Songs bei der Qualitätskontrolle wohl hätte sparen können. Hervorstechende Lieder wie die Single „Body Better“ oder das nach vorne schauende „Lost The Breakup“ trösten aber locker über vereinzelte Schwächen hinweg. „Jeder Song hat eine Vergangenheit, wenn er geschrieben ist. Er bringt dich zu einem bestimmten Platz in deinem Leben zurück, gehört dir aber trotzdem nicht mehr. Man muss sich einfach bewusst sein, dass man mit jedem neuen Album aus seinen alten Schuhen hinauswächst.“

Zwischen den Popkulturen
Das Debütalbum war inhaltlich noch etwas zwangloser angelegt und behandelte unter anderem Peters Vorliebe für romantische Teen-Filme aus den 80er-Jahren, wie etwa der Song „John Hughes Movie“ bezeugt. „Ich liebe vor allem die Wärme in seinen Filmen. Er wechselt ab zwischen Melancholie und Euphorie, was seine Werke sehr schön gestaltet. Ich assoziiere damit immer das alte Amerika und den großen Traum vom unbegrenzten Land, das alle Möglichkeiten bietet.“ Dass Peters zwischen der UK- und der US-Popkultur aufgewachsen ist, hört man auch „The Good Witch“ an. Rein musikalisch ist ihr feministisch-selbstermächtigender Pop perfekt für den Mainstream-Markt in Amerika ausgelegt, doch bei derart vielen eingängigen Hits werden auch hierzulande vermehrt Ohren gespitzt werden. Schließlich braucht auch eine Taylor Swift ihre Nachfolgerinnen …

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