Kritik in Thailand

Bangkok: Die Armen geflutet, um Reiche zu schützen

Ausland
31.10.2011 07:58
Die große Flutkatastrophe in Bangkok ist ausgeblieben, die Pegelstände sinken wieder. Doch vermehrt kam in den letzten Tagen Kritik an der Politik der thailändischen Regierung auf. Denn die Bangkoker Innenstadt ist auf Kosten der umliegenden Bezirke und Provinzen geschützt worden, woraus die Behörden auch nie einen Hehl machten: Sie bauten im Norden der Hauptstadt riesige Flutwälle und pumpten das Hochwasser Richtung Osten und Westen. Die Innenstadt mit Banken, Firmensitzen, Hotels und vielen Ausländern sollte unter allen Umständen trocken bleiben.

Prayuth Khamken hatte in der Provinz Nakorn Phatom ganz nah bei Bangkok einen Bauernhof mit Gemüse. Bis Samstag. Dann kam das Hochwasser. Sein Land steht mehr als einen Meter unter Wasser. "Die Farm ist zu 100 Prozent zerstört", sagte der Landwirt resignierend. "Ich gehe, wir haben im Norden Thailands noch Land, vielleicht kommen wir nie wieder."

Im Herzen Bangkoks dagegen großes Aufatmen: "Wir haben den Stöpsel aus der Badewanne gezogen und sitzen mit einem Glas Wein auf dem Balkon", berichtete ein deutscher Geschäftsmann entspannt. Er hatte wie viele Innenstadtbewohner mehrere 20-Liter-Kanister Trinkwasser geordert und die Badewanne volllaufen lassen. Dass er auf dem Weg zur Arbeit nun nicht durch knietiefes Wasser waten muss, ist ihm ein gutes Fläschchen wert.

Wütende Proteste der Landbevölkerung
Schon vor zwei Wochen hatte sich die Wut der Landbevölkerung entladen, als die Pläne zum Schutz der Bangkoker Innenstadt bekannt wurden. Auf ihren Feldern sei das Flutwasser auf vier bis fünf Meter gestiegen, klagte etwa Cha-em Limswat aus einer Stadt in Zentralthailand. "Sie wollen Bangkok auf Kosten von Ayutthaya schützen", sagte sie der "Bangkok Post". Zusammen mit etwa 300 weiteren Anrainern demonstrierte sie gegen die Errichtung eines weiteren Flutwalls.

Die Wut schlug dann auch auf die Hauptstadt über: Im überfluteten Don-Muang-Bezirk in Nordbangkok rissen Anrainer am Sonntag hinter dem Nawong-Tempel eine Kanalbarriere ein, berichtete die Zeitung "Nation". In der Provinz Pathum Thani warf Regierungschefin Yingluck Shinawatra ihr politisches Gewicht in die Waagschale, um wütende Anrainer zu zähmen. Bagger rissen dort eine Straße auf, um eine weitere Ablaufrinne für Flutwasser zu schaffen - an Bangkok vorbei.

"Ausländer würden das Vertrauen verlieren"
"Ich danke euch allen für euer Opfer", zitierten Lokalsender sie später. "Wenn wir warten würden, bis die Wasserschleusen in Nordbangkok beschädigt sind, würden die Wassermassen nach Bangkok reinrauschen, und die Ausländer würden das Vertrauen verlieren, dass wir unsere Hauptstadt schützen können", sagte sie und versprach den Betroffenen volle Wiedergutmachung. 

Die Regierungschefin könnte einen hohen Preis für den Schutz von Bangkok zahlen. Ihre Machtbasis sind die Landbevölkerung und die kleinen Leute am Rand der schicken Stadtzentren. In einem zwischen Arm und Reich politisch tief gespaltenen Land besiegte sie im Juli eine Regierung, die die Unterstützung der alteingesessenen Eliten genoss.

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