Lab-Truck-Affäre

Ex-Chef sagt: „Es wurde alles in Schmutz gezogen“

Tirol
23.04.2023 12:00

Erste Details aus dem Rohbericht des Landesrechnungshofes über die HG Lab Truck GmbH entlasten - wie berichtet - Gründer Dr. Ralf Herwig. Mit der „Tiroler Krone“ sprach er über die Chronologie der Anschuldigungen, gesundheitliche Probleme sowie Enttäuschung, Traurigkeit und Wut. Teil 1 des großen Interviews. 

Dr. Ralf Herwig gründete 2020 die HG Lab Truck GmbH samt Test-Truck und Konzept. Das Unternehmen erhielt aus mehreren Bewerbern den Zuschlag vom Land Tirol, die Mitarbeiter werteten ab Ende September 2020 einen Großteil der Covid-Tests aus (72 Prozent). Dann wurde plötzlich an der Qualität der Labore gezweifelt. Die „Tiroler Krone“ berichtete ausführlich darüber und publizierte als einziges Medium auch stets die Sichtweise von Dr. Herwig, ließ beide Seiten zu Wort kommen – so wie auch jetzt.

Denn erste Details aus dem Rohbericht der Prüfung durch den Landesrechnungshof gelangten – wie ebenfalls berichtet – bereits an die Öffentlichkeit. Etwa: Die HG Lab Truck sei das am häufigsten geprüfte Labor für Coronatests, nach ihrer Beauftragung sei eine deutlich schnellere Auswertung der Testergebnisse erfolgt, bei Überprüfungen von externen Experten seien vor allem die Prozesse und das interdisziplinäre Team als Stärke des Labors hervorgehoben worden, der günstigere Tarif inklusive der Zusatzkosten für die Befunde habe zur Einsparung von 10,3 Mio. Euro geführt.

Kurzum: Aus den vorgelegten Unterlagen zeigen sich laut Landesrechnungshof keine Hinweise, an der Qualität der Laboruntersuchungen der HG Lab Truck grundsätzlich zu zweifeln. Der offizielle Bericht erscheint am 22. Juni 2023. Die „Tiroler Krone“ konfrontierte Dr. Herwig erneut mit diesen neuesten Entwicklungen. Wir trafen uns in seinem privaten Anwesen in Tirol zum Interview.

„Krone“: Sie haben stets alle Vorwürfe gegen Sie und die HG Lab Truck zurückgewiesen. In unserem letzten Interview im Juni 2021 betonten Sie: „Es wird sich zeigen, dass alles korrekt war“. Darauf weisen nun auch die ersten Details des Rohberichtes hin. Was löst das in Ihnen aus?
Ralf Herwig:
Natürlich haben wir alle Aspekte im Vorfeld abgeklärt und auch alle notwendigen Zulassungen sowie Genehmigungen eingeholt. An derartige Vorgaben haben wir uns immer gehalten, wir haben uns intern ständig überprüft und doppelte bzw. dreifache Sicherungssysteme eingerichtet. Darum war es für mich undenkbar, dass sich die gemachten Vorwürfe am Ende auch nur ansatzweise als wahrheitsgemäß herausstellen könnten.

Können Sie chronologisch skizzieren, was alles seit Ausbruch der zahlreichen Anschuldigungen passiert ist?
Zunächst hat ein Mitbewerber eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingereicht und darüber ein Medium informiert. Dieses hat den Inhalt der Anzeige ohne ausreichende Recherche übernommen, dabei wurden nur mit dem Redakteur befreundete, angebliche Experten befragt. Ich konnte erst nach der ersten Veröffentlichung zu einigen Punkten Stellung nehmen, diese wurde aber nicht beachtet. Es folgte die Distanzierung der Politik von meiner Person, der Rückzug aus meiner Firma – zum Erhalt der Arbeitsplätze meiner mehr als 100 Mitarbeiter bis zur Auftragserfüllung. Danach kam die zusätzliche totale Durchleuchtung meines Privatlebens und beruflichen Werdeganges – wobei alles in Zweifel gezogen wurde. Die Anschuldigungen konnten bei logischer Betrachtung nicht stimmen, aber die meisten Medien – mit Ausnahme der „Tiroler Krone“ – agierten getreu dem Motto: „Was nicht sein darf, kann nicht sein.“ Es ist auch interessant, dass Medien über uns berichtet haben, die nie mit uns Kontakt aufgenommen hatten. Es wurde einfach voneinander abgeschrieben – à la „das erste Medium wird schon richtig und ausführlich recherchiert haben“. Folglich kam noch die Berichterstattung über das angebliche Datenleck, dessen Ursache bis heute nicht vollständig aufgeklärt ist, und an der Medien und Politiker beteiligt waren.

Das klingt nach einigen belastenden Monaten...
Ja, es hat einfach alle Bereiche des menschlichen Lebens betroffen. Es wurde alles miteinander vermischt – auch Dinge, die mit der eigentlichen Sache gar nichts zu tun haben – nur um daraus Aufmerksamkeit zu lukrieren bzw. eine Story zu machen. Als dies auch gesundheitlich nicht spurlos an mir vorbeigegangen ist, wurde mir das als Ausrede angekreidet und man hat sich darüber lustig gemacht. Das führte dann zum Verlust von teils langjährigen Patienten und Kunden, besonders aber von Kollegen und Krankenanstalten, die einem den Rücken kehrten, aus Angst vor einer möglichen schlechten Presse. Hinzu kommen noch die zahlreichen Trittbrettfahrer, die dann auch noch etwas zu sagen wussten. Es wurde von heute auf morgen alles, was mit mir in Verbindung stand, in den Schmutz gezogen. Jahrzehnte als Arzt, Universitätslehrer, Wissenschaftler und Unternehmer. Alle Erfindungen und Ergebnisse waren auf einmal nichts mehr wert. Meine gesamte Person, meine Familie und die Firmen, die ich leite oder geleitet habe, wurden mit Dreck beschmiert. Und das dauert bis heute an.

Wie fühlen Sie sich?
Wenn ich an die Anfangszeit zurückdenke, kommt in mir eine Mixtur aus Enttäuschung, Traurigkeit und Wut hoch. Enttäuscht von der Verantwortungslosigkeit mancher Medien und dem Verhalten der Politik. Traurig über das Verhalten vieler, selbst unbeteiligter Menschen. Wut besonders auf mich selbst, wie ich so vertrauensselig sein konnte, dass das, was wir getan haben, wertgeschätzt werden könnte. Andere haben Orden und Medaillen für ihre Arbeit bekommen – über uns ist hingegen einfach nur jeder Mistkübel der Republik ausgeleert worden.

Lesen Sie morgen: Dr. Ralf Herwig spricht im zweiten Teil des großen Interviews unter anderem über Morddrohungen, Mobbing seiner Kinder, Anzeigen sowie über seine Rehabilitation.

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