Mobilitäts-Experiment

Auto blieb bei 25 Steirern für 1 Monat in Garage

Steiermark
31.03.2023 15:00

Einen Monat alle Wege mit der Bahn, dem Rad oder via Car-Sharing: Dieses Experiment wagten 25 Testpersonen in Graz, Graz-Umgebung und Voitsberg. Einige von ihnen erzählen von den Grenzen im Alltag und wann sie überrascht wurden...

„Als ich nach Ligist gezogen bin, hab ich die Erfahrung gemacht, dass ich auf das Auto nicht verzichten kann.“ Über 30 Jahre hat Gudrun Leutschacher in Graz gewohnt und fast ausschließlich öffentliche Verkehrsmittel genutzt. Seit sie seit sieben Jahren in Ligist wohnt, ist das die Ausnahme. So wie ihr geht es vielen Bewohnern am Land: Busse kommen nur alle heiligen Zeiten, Zugstationen liegen weit entfernt, Fahrgemeinschaften sind aufwendig - das Auto scheint für viele die einzige Möglichkeit von A nach B zu kommen.

Testpersonen versuchten aufs Auto zu verzichten
Ob das tatsächlich so ist, wollte man nun anhand eines Experimentes herausfinden: 25 Personen aus den Bezirken Graz, Graz-Umgebung und Voitsberg haben freiwillig den ganzen November lang möglichst versucht, das Auto in der Garage stehen zu lassen. Dafür erhielten sie kostenlos eine Monatskarte für den Bus oder die Bahn und durften Sammeltaxis sowie Car-Sharing nutzen.

In einem Wegetagebuch hielten sie Hindernisse, Herausforderungen aber auch positive Kritik fest. „Es waren Kinder, Studenten, Pensionisten, aber auch Paare und Familien im Alter von vier bis 71 Jahren dabei“, erklärt Anna Reichenberger vom Regionalmanagement Steirischer Zentralraum, die das Projekt begleiteten. 

Angebote unterschätzt, aber noch viel zu tun
Überrascht zeigte sich etwa die am Grazer Stadtrand beheimatete Simone Steiner, die das Experiment samt Mann und zwei Kindern meisterte: „Auch zu dezentralen Punkten kommt man mit den Sammeltaxis gut. Diese Option hatte ich vorher gar nicht am Schirm.“ Schwierig wird es für die 33-Jährige, wenn ein Besuch der Familie in Oberösterreich ansteht: „Da sind wir auf unseren Pkw angewiesen.“ Hoher Organisationsaufwand sowie knapp bemessene Zeit sprechen dagegen, sich dann ein Auto auszuborgen. Ihr Zweitwagen kommt aber nach dem Experiment weg: „Ein Vorteil bei uns ist aber sicher, dass wir eine gute Anbindung zum öffentlichen Verkehr und Car-Sharing-Standorte haben. Radwege sollten dennoch ausgebaut werden.“

Spritpreise, entspannter zur Arbeit zu kommen und die Zeit dabei nutzen zu können sind Vorteile von öffentlichen Verkehrsmitteln für Gudrun Leutschacher. Kritik übt sie am Wochenend-Angebot beim regional angebotenen „VOmobil“ (Sammeltaxi) und der ihr zu niedrigen Busfrequenz. Für Arzttermine oder fürs Einkaufen will sie künftig auf Car-Sharing zurückgreifen, das sie erstmals ausprobiert hat.

Am liebsten waren Teilnehmer zu Fuß unterwegs
Öffis sind für Volksschuldirektor Martin Knabl aus Hausmannstätten beim Pendeln nur dann geeignet, wenn man konstante Zeiten hat. „Spontanität und Freizeitgestaltung ist schwierig.“ Gemeinschaftsautos braucht es seiner Meinung nach in Siedlungen. Er wünscht sich eine leichtere Bedienung der Angebote. „Unsere Testpersonen haben die Apps aber generell gut bewertet“, sagt Berater Walter Slupetzky.

Grundsätzlich konnten bei dem Experiment einige Teilnehmer neue Möglichkeiten für sich entdecken, der Planungsaufwand war jedoch groß. Die Auswertung aller Tagebücher zeigt: Am meisten waren die Teilnehmer zu Fuß unterwegs, dann mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, an dritter Stelle kam dann schon der Privat-Pkw. Dass Car-Sharing nur an vierter Stelle landete erklärt Sebastian Kappel von Prime Mobility & Consulting so: „Dort wo es Lücken oder Grenzen des öffentlichen Verkehrs gibt, macht es Sinn Car-Sharing zu verwenden. Die Nutzung ist eine andere wie beim privaten Auto.“

Viele Möglichkeiten, aber nur eine App und ein Ticket?
Die Ergebnisse sollen nun an die Zuständigen, wie Gemeinden oder das Land, gebracht werden. Ein langfristiger Plan: „Es soll eine Plattform geben, mit allen möglichen Mobilitätsformen, von der Bahn bis zum Sammeltaxi, die den Kunden dann alle Kombinationen und Anschlüsse automatisch anzeigt“, so Slupetzkys Wunsch. Es gäbe schon Konzepte, aber noch keine Entscheidung. Dass dann auch ein Ticket für alle Formen gilt, könnte für viele entscheidend sein. Momentan kann man mit Klimaticket nur etwas günstiger mit den Sammeltaxis fahren. 

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