Fast täglich fliegt der Christophorus 9 zu einer Rettung innerhalb Wiens. Gerade diese heiklen Einsätze bringen Retter oft bis an ihre Grenzen.
An den Anblick von Christophorus 9 über Wien ist man in der Stadt gewöhnt. Genau 1808-mal wurde der Wiener Notarzthubschrauber im vergangenen Jahr angefordert. Meist geht es darum, Notfallpatienten von anderen Bundesländern in Wiener Spitäler zu bringen. Doch in 319 Fällen wurden die „gelben Engel“ des ÖAMTC letztes Jahr zu Einsätzen innerhalb der Stadtgrenzen gerufen.
Gerade dann sind die Retter besonders gefordert, und das mehr als je zuvor: Seit einem Jahr können sie auch nach Einbruch der Dunkelheit starten, was zusätzlich zu Anflügen und Landungen im eng verbauten Stadtgebiet neue Herausforderungen bedeutet.
Ein Luftbild muss zur Orientierung reichen
Drei Minuten untertags und zehn Minuten in der Nacht gibt sich Stützpunktleiter und Pilot Robert Gallmayer (Interview siehe unten) für die Planung eines Einsatzes. In dieser Zeit zwischen Notruf und Start wird mit Luftbildern als Hilfe entschieden, wie ein Ziel angeflogen werden kann und wo überhaupt eine Landung möglich ist.
Es geht nicht nur darum, möglichst nah am Einsatzort eine freie Fläche zu finden. Gallmayer und seine Crew müssen anhand der Bilder auch abschätzen, ob etwa Stromleitungen, abschüssiges Gelände oder Bewuchs zum Problem werden könnten. Zehn Meter Durchmesser hat der Rotor von Christophorus 9. Da kann es oft genug knapp werden, etwa bei einer Landung im Wienflussbett beim Stadtpark letztes Jahr. Gallmayer spielt das herunter: Die Landung im 26 Meter breiten Flussbett sei ohnehin „relativ komfortabel“ gewesen. Was er dabei verschweigt: In der Mitte fließt das Wasser, er musste ganz am Rand des Flussbettes landen.
Kein Interesse an Heldengeschichten
Überhaupt redet Gallmayer nicht gern von brenzligen Situationen oder sensationellen Einsätzen. Das lenke nur von der einzigen Sache ab, um die es gehe: „Nicht die spektakuläre Landung soll im Vordergrund stehen, sondern dass man Menschen so schnell und sicher wie möglich die beste Versorgung bieten kann.“ Lieber erzählt der Pilot von Landungen im Schönbrunner Schlosspark oder vor dem Belvedere, aber auch das nicht wegen des schönen Anblicks: „Da ist Platz. Das hilft uns, schneller zu helfen.“
Interview: „Das Wichtigste ist Erste Hilfe!“
Krone: Wie unterscheiden sich Einsätze innerhalb von Wien von anderen?
Robert Gallmayer: Im Stadtgebiet gibt es schon Besonderheiten, vor allem bei der Suche nach dem richtigen Platz für die Landung. Eigentlich ist aber immer eine Parkanlage, ein Sportplatz oder eine Kreuzung da, die sich anbietet. Auch die Polizei hilft oft dabei, Platz zu schaffen.
Wie schnell sind Sie?
Im Durchschnitt haben wir eine Flugzeit von elf Minuten und sind eine Stunde nach dem Notruf wieder einsatzbereit. Das soll die Leute aber nicht glauben lassen, dass „eh gleich der Christophorus kommt“ und alles richtet - am wichtigsten wird immer die Erste Hilfe vor Ort bleiben!
Wie gehen Sie mit dem Stress und der Anspannung um, wenn Sie ein Notruf erreicht?
Wir suchen unsere Motivation im Positiven. Woran wir uns aufrichten, ist, wenn es für den Patienten gut ausgeht. Klar, es kann nicht immer gut ausgehen - aber wenn wir manchmal zum Beispiel Wochen oder Monate nach einem Einsatz ein Dankesschreiben bekommen oder einfach die Nachricht, dass wir dazu beigetragen haben, dass ein Mensch wieder voll in seinen Beruf und sein Leben zurückkehren hat können, dann gibt das die Kraft und den nötigen Fokus für den nächsten Einsatz.
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