2022 leider aufgelöst

Okilly Dokilly: Metal-Ehrerbietung an die Simpsons

Musik
19.12.2022 06:00

Mit Okilly Dokilly erfüllten sich ein Haufen Freunde, Metalmusiker und Nerds für ein paar Jahre den Traum, eine Band mit Simpsons-Referenzen ins Leben zu rufen. Sieben Jahre nach ihrer Gründung ist nun leider Schluss, doch der Kult bleibt. Frontmann Head Ned blickt mit uns im Gespräch zurück.

(Bild: kmm)

Hornbrille, grüner Sweater, voluminöser Schnauzer, bibelfester Linkshänder - so kennt man Homer Simpsons Nachbar Ned Flanders seit mittlerweile mehr als 35 Jahren. Im brennheißen Phoenix von Arizona taten sich ein Haufen Simpsons-Fans und Metal-Musiker 2015 zusammen, um aus einem anfänglichen Insider-Witz eine Band zu formieren. Ein paar Jahre später tourten Okilly Dokilly sogar in Europa und Australien und hatten eine Karriere - völlig unverhofft.

Das führte sogar soweit, dass die Band 2019 den Ritterschlag verliehen bekam: mit dem Song „White Wine Spritzer“ schaffte man es in die Credits der Simpsons. Kein Wunder, dass dieses Projekt früher oder später wieder enden musste. Nach zwei Alben voller Songs mit Flanders-Zitaten, einer kleinen aber feinen Welttournee und atemberaubenden Festivalshows verkündete die Band im Frühling 2022 ihr Ende. Ohne Liveauftritte während der Pandemie war kein Geld zu machen, zudem wurde Frontmann Head Ned Vater und setzte die Prioritäten anders. Zurück bleibt eine mehr als erfolgreiche Fußnote der Musikhistorie, die auch in der Wiener Arena und im Grazer Explosiv begeisterte.

„Krone“: Head Ned, verstanden die Menschen den humoristischen Simpsons-Aspekt eurer Band in Europa genauso gut wie in den USA?
Head Ned:
Wir wussten das anfangs nicht so genau und hatten Angst, dass Referenzen und Anspielungen in der Übersetzung ein bisschen untergehen würden. Auf Festivals klappte es immer, aber wenn man selbst einen Abend trägt, dann muss natürlich schon eine gewisse Vorkenntnis da sein. Aber Heavy Metal ist zum Glück eine universelle Sprache.

Wann und warum habt ihr eigentlich eine Metal-Band gegründet, die Homer Simpsons Nachbar Ned Flanders optisch und auch inhaltlich ins Zentrum des Geschehens rückt?
2014 haben ich und unserer Ursprungsdrummer Bled Ned ein Konzert einer humoristischen US-Death-Metal-Band gesehen, die Pyroeffekte und harte Gitarren mit dämlichen Witzen vermischte. Wir wollten auch etwas Dämliches machen und dann fiel uns als erstes Okilly Dokilly ein. Ich bin tatsächlich Linkshänder, trage gerne Sweater und als wir merkten, wir können das Wort „Kill“ gleich doppelt im Bandnamen verwenden, haben wir es einfach durchgezogen. Das Internet hat uns dann aus unserer Gegend in die Welt hinausgetragen.

War es ein Vorsatz, dass etwas jedes Bandmitglied Linkshänder sein müsste?
Wir waren leider nur zu zweit und haben gesagt, dass die anderen eine Umkehrtherapie machen müssten.

Schon in den früheren Jahren gab es sehr viele Line-Up-Wechsel innerhalb der Band. Was waren die Gründe dafür?
Sie haben ihre Rods und Todds und Maudes zuhause. Als wir die Band starteten haben wir nicht damit gerechnet, dass wir auf Tour gehen oder groß live spielen würden. Wir wollten einfach die vierte Band in einer Sieben-Band-Konstellation sein, aber als dann mehr daraus wurde, war es einigen Mitgliedern nicht möglich, das durchzuziehen. Übriggeblieben sind die, die sich den Heavy-Metal-Lifestyle leisten konnten.

Was war wichtig, um ein Mitglied von Okilly Dokilly zu sein? Der Bart? Die Frisur? Exorbitante Kenntnisse über die Simpsons?
Es gab nicht viele Anforderungen. Man musste bereit sein, unzählige Simpsons-Episoden anzusehen. Bei einer Tour brach uns der Van zusammen und wir bekamen einen neuen. Der hatte einen DVD-Player, also haben wir alle „Halloween“-Specials der Simpsons mitgenommen und sie auf der US-Tour immer und immer wieder angesehen. Wenn du es nicht geschafft hast, dir einen schönen Schnurrbart wachsen zu lassen gab es immer noch Superkleber und Fake-Bärte. Den Haarschnitt konnte man sich schnell herbeischneiden. Die Brillen, Sweater und Polohemden waren auch wichtig - war die Reinkarnation erledigt, war alles ganz einfach.

Es gibt so viele tolle Charakter in den Simpsons - warum wurde es schlussendlich Ned Flanders?
Wir hatten zuerst den Bandnamen und überlegten uns, wie das wohl wirken würde, wenn der Leadsänger wie Ned Flanders aussieht und im erweiterten Sinne einfach alle Bandmitglieder. Was passiert, wenn alle Songs Ned-Flanders-Zitate wären? Wir sind immer tiefer in das Rabbit Hole gefallen und konnten es nicht mehr aufhalten. Ursprünglich war gedacht, Ned wäre nur der Sänger und der Rest der Band würde andere Charaktere widerspiegeln, aber dann haben wir uns auf Ned im Gesamtkontext geeinigt.

War euch nach zwei Alben klar, dass es bei Ned bleiben würde?
Die Simpsons haben so viel Material, das ist ein unendlicher Fundus. Für das zweite Album „Howdilly Twodilly“ habe ich mir die ersten zehn Staffeln reingezogen und 20 Songs dazu geschrieben. Nur elf haben es dann auf das fertige Produkt geschafft. Es gibt also noch 20 Staffeln mehr, die Ideen wären uns nie ausgegangen. Ned zu sein ist ein Lifestyle. Ich hatte schon eine tiefere Verbindung zu ihm, wenn ich ihn im Fernseher sah.

Wir Simpsons-Fans wissen aber auch, dass die letzten Staffeln niemals mit der Qualität der Klassiker mithalten können …
Meine Lieblingsstaffeln sind sechs bis acht. Das war das goldene Zeitalter der Simpsons, aber ich mag auch die neuen Staffeln. Natürlich kann man den Unterschied aber nicht ignorieren.

Okilly Dokilly startete als reines Spaßprojekt, ihr habt dann in den USA und Europa so einige Locations ausverkauft. Habt ihr dadurch zunehmend Druck verspürt?
Es gab definitiv den Druck, dass Firmen für dich Flüge buchen, alles organisieren und du liefern musstest. Außerdem standen immer fünf Typen mit Schnurrbärten auf Flughäfen und die Leute dachten sich, was das wohl für ein verrückter Club wäre. (lacht) Es war harte Arbeit, aber auch sehr viel Spaß. Wer hätte sich gedacht, dass wir mal in Wien, Deutschland oder Dänemark auftreten würden? Eine Show daheim in Phoenix war auch schon genial. Dann kommt man sogar noch über den Ozean und lernt einen anderen Kontinent kennen ...

Hast du dir schon mal überlegt, eine andere Band mit einem anderen Simpsons-Charakter zu gründen?
Möglicherweise. Eine Bartcore-Band oder Moetown-Musik. (lacht) Wir haben lange herumgescherzt, dass es auch lustig wäre, mit einer Futurama- oder American-Dad-Band auf Tour zu gehen. Die Möglichkeiten wären unendlich. Die Ideen gehen einem da nie aus. Okilly Dokilly haben schließlich auch so begonnen.

Neben den lustigen und ironischen Texten habt ihr die Musik schon immer sehr ernstgenommen. War es schwierig, den nötigen Respekt der Menschen für eure Fertigkeiten zu bekommen?
Viele Fans gaben uns immer tolles Feedback und haben Simpsons-Referenzen in den Songpausen rausposaunt. Während der Songs gab es immer schöne Moshpits und alle hatten eine gute Zeit. Es war alles okay, wir machten nie schlechte Erfahrungen. Aufregen tun sich die Leute nur im Internet, aber das kann man nicht ernstnehmen.

Wurdet ihr von euren Fans zu Songs und Zitaten inspiriert? Haben sie euch mit Simpsons-Referenzen weitergebracht?
Manchmal passierte das. Die meiste Zeit bekamen wir Empfehlungen und auf dem zweiten Album gibt es ein paar Zitate, die von unseren Fans kamen. Es war unmöglich, dass wir uns alle Zitate aus der Serie merkten, dazu brauchte es schon die Gemeinschaft. Manchmal kamen Ideen und Einflüsse auch erst später zur Geltung.

Wie ging es euch mit anderen Metalbands? Wie haben die euch und euer Konzept gesehen?
Wir spielten ein Festival in Slowenien, das war unsere erste Europashow. Die anderen haben uns sehr gut aufgenommen und unsere Show genossen. Sie erkannten natürlich den Humor und konnten ihn schätzen und respektieren. Mich überrascht es immer wieder, wie viele Simpsons-Fans es auf diesem Planeten gibt - vor allem im Metal. Da kennt sich fast jeder damit aus.

Aus der musikalischen Perspektive - welche Bands haben euch inspiriert und animiert?
Meine Spotify-Playlist geht über alle Grenzen. Mein Vater war ein großer Tool-Fan, mit ihnen bin ich aufgewachsen. Ich höre heute viel August Burns Red oder Black Peaks. Sehr stark inspiriert hat uns die japanische Band Maximum The Hormone. Sie blasten genial, können dann sofort wieder auf K-Pop umstellen und vice versa. Das hat mich sehr beeindruckt und beeinflusst. Unser Drummer war ein großer Fan von Black Sabbath, aber wir schätzen auch Folk-Bands und Country.

Wie wichtig war denn die Anonymität? Auch über die Bühne hinaus.
Es machte uns Spaß, anonym zu bleiben. Ich wollte nicht mit meinem richtigen Namen rausgehen, es sollte immer um die Charaktere und das Projekt gehen. Wenn ich von meinen anderen Bands erzählt hätte, die teilweise in total anderen Genres wildern, hätte das keinen Sinn gemacht. Ich will auch nicht, dass jemand gesagt hätte, „oh, das ist der Typ, der auch bei Okilly Dokilly spielt.“

Ihr wart sogar ein Teil einer Simpsons-Episode. Ich nehme an, dass war der Ritterschlag. Das Maximum, das sich mit so einem Projekt erreichen lässt?
Wir waren im Februar 2019 auf Tour in Amerika und bekamen ein E-Mail, dass man ein Musikvideo mit uns machen möchte. Daraus entstand dann im erweiterten Sinne dieser Auftritt. Wir sind in die Wüste gefahren, haben eine Bühne für das Video aufgebaut und dann alles abgerissen. Wir haben auch die Couch angezündet. Das war eine unglaublich geniale Erfahrung.

Konntet ihr eigentlich von der Band leben bzw. überleben?
Wenn wir groß auf Tour waren, dann gingen sich die Rechnungen schon aus, aber sonst nicht. Wir hatten immer Jobs. Ich war Buchhalter und habe auf Tour frei im Digital Marketing gearbeitet, was im Van bei einer Internetverbindung gut möglich war. Wir konnten nicht davon leben, aber es war schon eine schöne Zusatzeinkunft. Es ging definitiv um Leidenschaft und Passion und nicht darum, dass wir uns jetzt groß was davon weglegen konnten. Wir mussten nicht jeden Tag Ramen-Nudeln essen, das kann man also als Erfolg verbuchen. (lacht)

Wie stehst du eigentlich zur religiösen Seite von Ned Flanders? Ließ sich die mit dem Metalprojekt überhaupt verbinden?
Es gab keine großen Verbindungen zur Religion in unserer Musik. Wir haben uns auf seine Freundlichkeit und seine Probleme als Linkshänder konzentriert. Religion ist ein sehr persönliches Thema und uns ging es nie darum, zu provozieren oder aufzurütteln, sondern einfach Spaß zu haben.

Was ist deine absolute Lieblingsfolge aus der Geschichte der Simpsons?
Das kann ich kaum beantworten. Für die Band war „Der total verrückte Ned“ aus der achten Staffel am wichtigsten. Da zieht ein Hurricane über Springfield und es erwischt nur Neds Haus. Er dreht da auch durch und beginnt mit allen herumzuschreien. Er kommt dann in die Irrenanstalt und trifft seine Eltern, die Beatniks sind.

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