Heftige Proteste

Ukraine: Haft für Timoschenko bringt Kiew unter Druck

Ausland
07.08.2011 15:32
Nach der umstrittenen Inhaftierung der ukrainischen Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko hat die EU der Führung in Kiew mangelnde Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und der EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik, Stefan Füle, ließen aus Brüssel wissen, die Ereignisse seien "ein Grund zur Sorge über den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine".

Beide betonten die Notwendigkeit von "fairen, transparenten und unabhängigen Gerichtsprozessen". Von der Ukraine, die ein Assoziierungsabkommen mit der EU anstrebe, erwarteten sie "hohe Standards".

Der deutsche Staatsminister Werner Hoyer sagte in Berlin, die Untersuchungshaft für die Galionsfigur der pro-westlichen Orangenen Revolution von 2004 wecke den Verdacht "politisch motivierter Justiz" in der früheren Sowjetrepublik. Anhänger der Oppositionsführerin kündigten für den morgigen Montag massive Proteste an.

Die ukrainische Regierung wies die Kritik unterdessen zurück. Ein Sprecher sagte, der seit Ende Juni laufende Prozess wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch verlaufe gesetzeskonform.

Anhänger Timoschenkos protestieren
Im Zentrum von Kiew marschierten am Sonntag Sondereinsatzkräfte des Innenministeriums auf, nachdem die Justiz per Eilantrag Proteste vor dem Gerichtsgebäude untersagt hatte. Die Lage rund um eine Zeltstadt mit etwa 200 Demonstranten, darunter Fraktionskollegen von Timoschenko, sei zunächst ruhiggeblieben, meldete die Agentur Interfax. Die Justiz hatte in einer Nachtsitzung Kundgebungen rund um das Gericht bis Ende August verboten. Die Opposition legte Einspruch ein.

Nach Angaben der Moskauer Zeitung "Kommersant" warnte der Kreml die Ukraine vor "lange nachwirkenden Konsequenzen". Timoschenkos Haft löse international ein Echo aus, das keine positive Folgen für Präsident Viktor Janukowitsch, einem Russland-freundlichen Politiker, habe, sagte ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter des russischen Präsidenten Dmitri Medwedew.

Kritik auch von NGOs und Vitali Klitschko
Die US-Menschenrechtsorganisation Freedom House zeigte sich empört über die Entscheidung des Gerichts. Der Schritt sei Teil einer Kampagne gegen die Opposition, erklärte die Gruppe. Kritik an dem Urteil vom vergangenen Freitag kam auch von dem ukrainischen Oppositionspolitiker und Schwergewichtsboxer Vitali Klitschko. Dagegen begrüßte die Partei der Regionen von Janukowitsch, dem Gegenspieler Timoschenkos, die Haft als "rechtmäßig". Ministerpräsident Nikolai Asarow dementierte jede Einflussnahme auf den Prozess.

Timoschenko drohen zehn Jahre Haft. Laut Anklage soll die Ukraine während ihrer Amtszeit durch ein Gasgeschäft mit Moskau Hunderte Millionen Euro verloren haben. Die 50-Jährige widerspricht dem. Bei den Verhandlungen damals mit ihrem Amtskollegen Wladimir Putin sei 2009 alles mit rechten Dingen zugegangen.

Timoschenko: "Hetzjagd"
Die Politikerin mit dem markanten blonden Haarkranz wirft der Regierung eine "Hetzjagd" vor. Es gehe darum, Gegner von Janukowitsch politisch kaltzustellen. Timoschenko war nach der Orangenen Revolution Regierungschefin geworden. 2010 verlor sie gegen Janukowitsch bei der Präsidentenwahl. Die Staatsanwaltschaft hatte die Haft nach mehreren Störversuchen Timoschenkos beantragt. Der Prozess soll am Montag fortgesetzt werden.

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