Regierung bröckelt

Krise in Italien: Berlusconi schielt auf Neuwahlen

Ausland
18.07.2022 09:57

Es ist eine entscheidende Woche für Italien. Am Mittwoch will Premierminister Mario Draghi Bericht über die aktuelle Lage erstatten. Fraglich ist, ob er dabei seinen endgültigen Rücktritt verkündet oder ob er Voraussetzungen für einen Amtsverbleib sieht. Sozialdemokraten und die Fraktion um Außenminister Luigi Di Maio sind klar dafür. Die Rechtsparteien Forza Italia unter Berlusconi und Lega schielen hingegen schon auf Neuwahlen. Indes forderten mehr als tausend Bürgermeister Draghi zum Bleiben auf.

Draghi solle seinen Rücktritt überdenken und das Land durch die derzeit schwierigen Zeiten lenken, forderten die Stadtchefs. Unter den Unterzeichnern befinden sich auch die Bürgermeister der großen Städte Rom, Florenz und Venedig. „Die Regierung muss weitermachen“, fordern sie. Zugleich kritisieren sie das „unverantwortliche Verhalten“ der Fünf-Sterne-Bewegung, die mit ihren Forderungen die aktuelle Regierungskrise ausgelöst hatte (siehe auch Video oben). Sie verlangt weiterhin Zugeständnisse, damit sie in der Mehrparteienkoalition bleibt.

Rechtsparteien: Regierung in Brüche gegangen
Forza-Italia-Chef Silvio Berlusconi und der Lega-Vorsitzende Matteo Salvini sehen die Koalition bereits zerbrochen und wollen sich in jedem Fall auf Neuwahlen vorbereiten. Das erklärten die rechtsgerichteten Parteichefs am Sonntagabend nach einem Treffen auf Sardinien. Weiter mit der linkspopulistischen Fünf-Sterne-Bewegung zu regieren, sei aufgrund ihrer „Inkompetenz und Unzuverlässigkeit“ ausgeschlossen.

In der Fünf-Sterne-Bewegung scheiden sich die Geister: Ein Flügel um Parteichef Giuseppe Conte drängt auf einen Austritt aus der Regierungskoalition, was zu Neuwahlen am 25. September oder am 2. Oktober führen würde. Als Bedingung für einen Verbleib verlangt Conte unter anderem die Garantie für einen gesetzlichen Mindestlohn. Ein gemäßigterer Flügel um den Minister für die Beziehungen zum Parlament, Federico D‘Incà, bemüht sich um einen Verbleib in der Koalition. Ein Regierungssturz würde den Reformprozess zum Stillstand bringen, argumentiert D‘Incà.

Außenminister warnt vor Stillstand
Außenminister Di Maio, der sich von der Fünf-Sterne-Bewegung abgespalten hat, warnte vor der Gefahr von Neuwahlen in Italien, sollte es zu keiner Einigung mit den Fünf Sternen kommen. „Wenn es so weitergeht wie bisher, wird Draghi am Mittwoch vor dem Parlament zurücktreten“, sagte Di Maio. Falls danach Staatspräsident Sergio Mattarella beide Kammern auflöse, drohten wichtige Reformen zum Stillstand zu kommen, meinte er.

Mattarella könnte aber auch versuchen, eine Übergangsregierung auf die Beine zu stellen, die das Land bis zum Ende der Legislaturperiode im Frühjahr 2023 führt. Dieses Kabinett hätte die ausdrückliche Aufgabe, ein Budgetgesetz für das nächste Jahr zu entwerfen und Maßnahmen gegen die Energiekrise und die Inflation zu ergreifen. Sollten die Bedingungen für den Aufbau einer Übergangsregierung nicht vorhanden sein, bleibt nur noch der Weg der Neuwahlen offen.

Das könnte zu Chaos führen: Wenn in den kommenden Tagen das Parlament aufgelöst wird, wäre Italien erstmals mit Wahlen im Herbst konfrontiert. Dann ist das Parlament aber wie jedes Jahr mit dem Entwurf des Budgetgesetzes beschäftigt. Der Zeitplan muss dabei unbedingt eingehalten werden. Das Land kann in der Zeit der Regierungsbildung also kein Budget beschließen, warnte Di Maio. Auch die wichtigen EU-Milliarden für den Corona-Wiederaufbaufonds stünden auf der Kippe. Italien muss dafür nämlich zunächst vorgegebene Ziele in Form von Reformen umsetzen.

Mehrheit der Italiener gegen Neuwahlen
Laut einer Umfrage in der Zeitung „La Repubblica“ sind 53 Prozent der Italiener gegen vorgezogene Parlamentswahlen. 51 Prozent der Befragten sind demnach für einen Amtsverbleib von Premier Mario Draghi mit einer anderen Koalition als der aktuellen. 55,5 Prozent sind der Meinung, dass im Fall eines Rücktritts Draghis eine Expertenregierung eingesetzt werden sollte, die Italien bis Ende der Legislatur im Frühjahr 2023 führen sollte. „Die Mehrheit der Italiener ist der Meinung, dass die Parteien nicht in der Lage sein werden, einen neuen Premier auf Draghis Niveau zu finden“, hieß es in dem Bericht.

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