Hof mit Tradition

Zwischen Spielen, Büchern und Freiheitskämpfern

Tirol
05.07.2022 19:00

Seit 350 Jahren gibt es den Tschitscher Hof im Osttiroler Nikolsdorf. Vom einstige kleinen Postgasthof hat er sich zu einem Spiele- und Buchhotel entwickelt. Und fast hätte er es in die Geschichtsbücher für Tirol geschafft.

Steht man vor dem stattlichen, aber gleichzeitig modernen Haus in Nikolsdorf im Osten Osttirols, kommt man kaum auf den Gedanken, dass das Haus schon mehrere Jahrhunderte auf dem Buckel hat. Dass Gasthäuser zum Teil eine sehr lange Tradition haben, ist bekannt. Ein 350-jähriges Jubiläum können aber vermutlich die wenigsten aufweisen. Das Spiele- und Buchhotel Tschitscher feierte heuer genau diesen Geburtstag.

„Der Hof ist schon fast seit Beginn im Besitz unserer Familie, daher kommt auch der Name Tschitscher. 1672 hat ein gewisser Christoph Gröfler die so genannte ,Branntwein-Ausschank-Gerechtsame’, die Berechtigung dazu, erhalten und das Gasthaus eröffnet. 1680 kaufte dann mein Vorfahre das Haus“, erzählt Dieter Mayr-Hassler, der heutige Besitzer. Anfangs war der Tschitscher ein Postgasthaus, in das man einkehrte, übernachtete und seine Pferde wechseln konnte. Denn gegenüber war eine Pferdewechselstation.

Fokus liegt auf Ruhe und der Entschleunigung
Mit dem Bau der Pustertalbahn begann auch der erste Tourismus im Dorf, auch ein Schwimmbad wurde vor rund 150 Jahren gebaut. „Es war aber bis vor zehn Jahren ein klassisches Dorfgasthaus. Dann habe ich es umgestaltet“, so Mayr-Hassler. Er uns seine Frau Heidi nahmen Geld in die Hand und renovierten die Zimmer. Sie setzen dabei nicht auf den Massentourismus mit hochmodernen Zimmern, sondern sie haben ein in Osttirol einzigartiges Konzept entwickelt: "Wir haben sieben Zimmer, alle haben einen Spielenamen, wie das Mühle- oder das Schach-Zimmer.

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Die letzten Vertreter des Tiroler Freiheitskampfes haben sich in unserem Gasthaus getroffen und einen Befreiungsplan ausgeheckt.

Besitzer Dieter Mayr-Hassler

Das Hauptthema ist das Entschleunigen und Runterkommen. Wir wollen weg von der Technologie und der hektischen Zeit zum Analogen.“ Rund 500 Spiele befinden sich im Haus. Neben Klassikern wie Mühle, Dame oder Schach findet man auch die neuesten Spiele des Jahres und andere Karten- und Brettspiele. Zwar kommen die Gäste in erster Linie nicht wegen der Spiele, aber „die Leute sollen den Alltag draußen lassen, das ist der Mehrwert am Abend oder bei schlechtem Wetter. Wir locken damit ein eigenes Publikum.“

Hof fand fast Erwähnung in Tiroler Geschichtsbüchern
Nicht nur die jüngste Vergangenheit ist erwähnenswert, sondern vor allem einige Wochen im frühen 19. Jahrhundert. Denn im Jahr 1810 gab es im Tschitscher Hof Pläne, Freiheitskämpfer Andreas Hofer aus seiner Gefangenschaft in Italien zu befreien: „Die letzten Vertreter des Tiroler Freiheitskampfes haben sich in unserem Gasthaus getroffen und einen Befreiungsplan ausgeheckt. Die Idee war, dass die Wachen mit 3000 Gulden bestochen werden, das wären heutzutage vermutlich 300.000 Euro, also wirklich ein Vermögen“, berichtet Mayr-Hassler.

Der Plan war da, jedoch gab es noch ein Problem: Alle Beteiligten waren steckbrieflich gesucht und trauten sich deshalb nicht nach Italien. Schlussendlich schickte der Tschitscher-Wirt seinen Rossknecht mit einem Jauchenfass nach Mantua, um Hofer darin nach Österreich zu transportieren. „Das Problem war, dass sie kein Bargeld hatten, sondern einen Wechsel und den hätte er in Mantua auf der Bank einlösen sollen. Dem einfachen Menschen händigten die Bänker damals das Geld natürlich nicht aus. Bis man das klären konnte, war es zu spät.“ Der Tschitscher Hof bleibt deshalb nur eine Randnotiz in der Tiroler Geschichte. Die Frage, was gewesen wäre wenn, bleibt somit für immer ein Rätsel.

Mehr als eine Erwähnung war das heutige Spiele- und Buchhotel bei der Verleihung der „Tiroler Traditionsbetriebe“. Die Mayr-Hasslers erhielten dabei vor geraumer Zeit, so wie 17 weitere Tiroler Betriebe, die Urkunde für große Verdienste um die Tiroler Wirtschaft.

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