Wer den eigenen vier Wänden entfliehen will, ist in den Heimgartenanlagen der Steiermark gut aufgehoben. Die Vereine erfahren regen Zulauf. Ein Lokalaugenschein zwischen Gemüse, Gartenzwergen und Grillkaminen.
Es ist eine Idylle, die vielen die Welt bedeutet. „Im Sommer trinke ich hier schon um fünf Uhr in der Früh den ersten Kaffee“, erklärt Walter Novak, als die „Krone“ zu Besuch beim beschaulichen Heimgartenverein Gösting ist. Die 6700 Quadratmeter große Anlage mit ihren 37 Parzellen wurde im Vorjahr zur schönsten der Steiermark gewählt.
Obmann Novak dreht mit uns stolz eine Runde, bei der das Klischee des spießbürgerlichen Kleingärtners so gar nicht bedient wird. Gartenzwerge sucht man auf der Anlage vergeblich, ebenso Zäune. Eine Parzelle geht quasi nahtlos in die nächste über. Die Gestaltung zeigt sich dabei äußerst vielfältig: Der eine baut sein Gemüse an, ein anderer legt breite Blumenbeete an, und der nächste kümmert sich eifrig um seinen makellosen Rasen.
Diese ökologische Idylle lockt mitten im Stadtgebiet auch unzählige Tiere an. „Wir hatten bereits einen Dachs zu Besuch, und einmal ist ein Falke mit einer frisch gerissenen Taube bei mir im Garten gelandet“, erzählt Novak. Eine der Parzellen seines Vereins, in dem eine Dame Kräuter anbaut, trägt sogar das „Natur im Garten“-Siegel für besonders ökologisch geführte Gärten.
Die größte Anlage außerhalb von Wien
Rund sieben Kilometer südöstlich geht es beim Heimgartenverein Schönau nicht ganz so beschaulich zu. Die Anlage ist mit 500 Parzellen die größte in ganz Österreich - ausgenommen Wien. Ganze sechs Kilometer Wege verlaufen zwischen den Gärten auf dem Areal, das bereits seit 1915 von Kleingärtnern genutzt wird. Die Vielfalt der Heimgarten-Kultur wird hier noch offensichtlicher als in Gösting.
Gartenzwerge sind generell eher aus der Mode.
Gertrude Miculics
Massive gemauerte Grillkamine, in denen schon ganze Spanferkel zubereitet wurden, wechseln sich mit professionellen Gewächshäusern und hübschen Ziergärten ab. Hier finden sich endlich auch die klischeebehafteten Gartenzwerge, die aber nur wenige Parzellen schmücken. „Die sind generell eher aus der Mode“, erklärt Obfrau Gertrude Miculics bei unserem Rundgang. In einem der ersten Gärten treffen wir auf eine illustre Seniorenrunde.
Auch zu Weihnachten im Heimgarten
Einer der Herren erzählt stolz, dass er bereits seit 42 Jahren eine Parzelle hat und 365 Tage im Jahr dort verbringt. „Natürlich auch zu Weihnachten“, betont er. Sein Nachbar hat hingegen erst im hohen Alter von 80 Jahren seinen Garten in der Anlage übernommen.
Einig sind sich beide darin, dass „die Jungen nicht mehr so gut auf ihre Gärten schauen“. Während der Pandemie ist die Nachfrage nach den begehrten Heimgarten-Plätzen stark angestiegen. Auch viele Jüngere bewerben sich seither um einen Platz auf den Wartelisten. Geduld ist jedenfalls gefragt, wenn man eine Chance haben will.
„Da ist unser Hundertwasser!“
Herr Kovacs erzählt uns stolz, dass er nach mehr als zwei Jahren Wartezeit endlich eine Parzelle bekommen hat. „Das ist unser Hundertwasser“, ruft uns ein Nachbar zu und spielt damit wohl auf die bunten Farben an, in denen Kovacs sein Gartenhäuschen lackiert hat. Der Neuling meint hingegen, wir sollen am Abend noch einmal vorbeikommen, wenn die zig Solarlichter, die er in seinen Büschen verteilt hat, für eine ganz besondere Atmosphäre sorgen würden.
Es ist mittlerweile viel erlaubt in den Heimgärten, man trifft gesellige Runden ebenso an wie Gärtner, die im Schatten der Grazer Hochhäuser lieber für sich bleiben. Alleingelassen wird im Heimgartenverein aber niemand. „Hier funktioniert Nachbarschaftshilfe noch sehr gut“, erklärt Obfrau Miculics.
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