Amtsmissbrauch

Burgenländischer Landesrat tritt nach OGH-Urteil zurück

Burgenland
30.04.2011 12:12
Burgenlands Agrarlandesrat Werner Falb-Meixner tritt zurück. Der VP-Politiker war im Oktober des Vorjahres bei einem Prozess im Landesgericht Eisenstadt wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Der Oberste Gerichtshof, der am 7. April über die Berufung des Politikers verhandelt hatte, habe das Urteil der ersten Instanz bestätigt, teilte Falb-Meixner am Samstag selbst mit. Politiker der anderen Parteien zollten dem scheidenden Ressortchef durch die Bank Respekt.

Falb-Meixner, der seit Dezember 2008 der burgenländischen Landesregierung (siehe Infobox) angehörte, wurde vorgeworfen, als Bürgermeister von Zurndorf (Bezirk Neusiedl am See) zwei ungarische Kinder in der Gemeinde angemeldet zu haben, obwohl beide nicht im Ort wohnten, sondern dort lediglich die Hauptschule besuchten. Durch den Schulbesuch der Kinder wurde die für den Weiterbestand erforderliche Schülerzahl von 90 erreicht. Die Scheinanmeldungen seien erfolgt, obwohl von Anfang an klar gewesen sei, dass die Betroffenen im Ort keinen Wohnsitz nehmen würden, argumentierte die Anklage im Prozess.

Juristisch bedeutete Falb-Meixners Vorgangsweise Amtsmissbrauch, wenngleich ihn dieser Vorwurf persönlich hart traf und er nicht "mit diversen Grassers, Strassers und anderen Konsorten in ein Boot geschmissen" werden wollte. "Wenn es ein Amtsmissbrauch wäre und ich hätte irgendjemand geschädigt, dann würde ich keine Sekunde zögern. Dann wäre ich schon nach dem ersten Urteil weg gewesen", sagte er am Freitag.

Nicht zum "Nachteil der Öffentlichkeit"
Im Burgenland hatte sich die Landesregierung 2003 darauf geeinigt, Hauptschulen mit weniger als 90 Schülern zu schließen. "Die Meldung zweier ungarischer Schüler, um den Standort der Schule in Zurndorf zu retten, hat weder meiner persönlichen Bereicherung gedient noch zu einem Nachteil einer Person oder der Öffentlichkeit geführt. Einzig das Ziel der Fortführung des Schulbetriebes wurde damit erreicht", argumentierte Falb-Meixner am Samstag erneut.

Zurndorf sei nicht die einzige Gemeinde des Burgenlands, in der Kinder am Schulstandort gemeldet wurden, um den Erhalt der Schule zu sichern, so Falb-Meixner. Der Landesrat wies auch darauf hin, dass durch die Umwandlung der Hauptschule Zurndorf und zahlreicher anderer Hauptschul-Standorte in Neue Mittelschulen die Untergrenze von 90 Schülern "mittlerweile obsolet geworden" sei. Heute habe die Neue Mittelschule in Zurndorf 117 Schüler, so der Landesrat.

Mit Devisenoptionsgeschäften in den Schlagzeilen
Zu den Agenden Falb-Meixners während seiner zweieinhalbjährigen Tätigkeit als Landesrat zählten Land- und Forstwirtschaft, Natur- und Umweltschutz sowie die Wasser- und Abfallwirtschaft. Als Erfolg bezeichnete er rückblickend den Ausbau des Hochwasserschutzes im Burgenland, die Grundsteinlegung des Tierschutzhauses Nord sowie die Absicherung der Existenzen der heimischen Milchbauern und die Fortsetzung der Planungssicherheit für die burgenländischen Landwirte.

"Die Funktion des Landesrats habe ich sehr gerne bekleidet", so Falb-Meixner. Er habe seine Verantwortung im Sinne der Burgenländer immer sehr ernst genommen und mit seinem persönlichen Arbeitsstil erfüllt. Seinem Nachfolger wünsche er "Erfolg und Kraft für die oftmals unerwartet schwierigen Aufgaben in der Arbeit eines Landesrats."

In die Schlagzeilen waren Falb-Meixner und die Gemeinde Zurndorf bereits 2008 geraten, nachdem sich der Ort so wie andere burgenländische Kommunen an - für mehrere Gemeinden mit Verlusten verbundenen - Devisenoptionsgeschäften beteiligt hatte. Zwischen Zurndorf und der Bank Austria kam es schließlich zu einem Vergleich (siehe Infobox).

VP-Chef Steindl respektiert Entscheidung
"Ich respektiere diese persönliche Entscheidung von Landesrat Werner Falb-Meixner. Er handelt so, wie es die Menschen von einem verantwortungsbewussten Politiker erwarten dürfen und zieht die Konsequenzen aus dem nunmehr rechtskräftigen Urteil des OGH", erklärte der burgenländische ÖVP-Chef Franz Steindl zum Rücktritt des Agrarlandesrates. Die Nachfolge des zurückgetretenen Ressortchefs wolle er "sehr rasch, innerhalb der nächsten Tage" klären, so Steindl am Samstag.

Er erwarte, dass auch Politiker aus anderen Parteien in ähnlich gelagerten Fällen entsprechend handeln, meinte Steindl. In seiner politischen Tätigkeit sei Falb-Meixner stets für Geradlinigkeit, Handschlagqualität und persönlichen Einsatz gestanden. Er könne auf eine erfolgreiche Karriere als Kommunalpolitiker zurückblicken und habe als Agrar- und Umweltlandesrat wichtige Projekte wie den Ausbau des Hochwasserschutzes vorangetrieben. Bei Falb-Meixner sei immer das Allgemeinwohl im Mittelpunkt seiner Arbeit gestanden. "Es ist menschlich sehr bedauerlich, dass ihm just diese Eigenschaft letztlich zum Stolperstein geworden ist", erklärte Steindl.

SP fordert schnelle Nachbesetzung
Auch SPÖ-Landesgeschäftsführer Robert Hergovich betonte am Samstag, der Rücktritt Falb-Meixners sei "zu respektieren". Die SPÖ erwarte sich nun "eine schnelle Nachbesetzung, damit weitergearbeitet wird". "Wir erwarten uns eine Änderung in der Agrarpolitik - weg von Förderungen an Großgrundbesitzer, hin zur Unterstützung von kleinstrukturierten bäuerlichen Betrieben, die ökologisch wirtschaften" meinte Hergovich. Der SPÖ-Landesgeschäftsführer wies darauf hin, dass mit dem Nachfolger Falb-Meixners nun "der vierte Landesrat in acht Jahren" das Agrarressort übernehme.

FPÖ: Zeichen dafür, dass es in Politik noch Anstand gibt
"Hut ab", Falb-Meixner zeige Größe, kommentierte der burgenländische FPÖ-Chef Tschürtz den Schritt des ÖVP-Politikers nach der Bestätigung des Gerichtsurteils. "Für mich war Falb-Meixner ein sehr guter Landesrat. Er hat seine Arbeit gut gemacht", so Tschürtz. Der Rücktritt Falb-Meixners sei ein Zeichen dafür, dass es in der Politik teilweise doch noch Anstand gebe.

Er halte die Entscheidung, zurückzutreten, für richtig, sagte Manfred Kölly, Landtagsabgeordneter der Liste Burgenland. Aus menschlicher Sicht finde er den Rücktritt schade, es gebe jedoch Gesetze, die einzuhalten seien. Falb-Meixner habe sich in seine Aufgabe gut eingearbeitet gehabt, "man hat menschlich mit ihm reden können", meinte Kölly.

Grüne: "Gut gemeint, aber leider nicht gut gemacht"
Der Landesrat habe "es sicher gut gemeint, als er die Zurndorfer Schule retten wollte, aber er hat es leider nicht gut gemacht", erklärte Grünen-Landessprecher Michel Reimon. Als ranghohes VP-Mitglied müsse er dafür kämpfen, dass problematische Gesetze geändert werden und dürfe sie nicht einfach per Amtsmissbrauch umgehen. "Falb-Meixner ist anzurechnen, dass er keinen persönlichen Vorteil angestrebt hat und seine Vorgangsweise nicht bestritten hat. Die Grünen Burgenland wünschen ihm daher für seine Zukunft alles Gute", so Reimon.

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